Es war wirklich Uriel, der seine Freundin Tarrynn, Sky und Zed mitgebracht hatte. Trace und Diamond gingen ihnen entgegen, während ich mich gegen die Wand lehnte und sie misstrauisch beobachtete. Sie umarmten sich kurz, dann blickte Sky zu mir.
Zögernd hob sie eine Hand und winkte mir kurz zu, aber ich begnügte mich mit einem knappen Nicken. Ich sah keinen Sinn darin, nett zu sein, wo ich sie am Ende doch nur enttäuschen würde. Uriel kam entschlossen auf mich zu und streckte mir die Hand entgegen. "Uriel, ich bin ein Jahr jünger als Trace. Du bist Lake."
Ich schüttelte seine Hand kurz. "Weiß ich", antwortete ich kühl.
Trace trottete mit den Anderen zu uns und sagte zu seinem Bruder: "Lake hat heute wieder einen reizenden Tag, nicht wahr?"
"Ach, halt doch dein Maul, immerhin zwingt ihr mich, hier zu sein. Freiwillig wäre ich das nicht", erwiderte ich, ohne mich darum zu scheren, dass die Anderen zuhörten.
Uriel wirkte kurz verwirrt, dann verdrehte er die Augen und ging an uns vorbei nach drinnen. Offenbar hatte er jetzt schon genug von mir. Das konnte ja heiter werden. Tarrynn kam zögerlicher zu mir. Sie war die, die über WhatsApp die ganze Zeit an die Moral der Anderen appelliert hatte, erinnerte ich mich. Und die, auf deren Tod Trace am Ende dieses Tages getippt hatte. Sie war mittelgroß, hatte dunkle Haut, schwarze, lange Haare und ein hübsches, rundliches Gesicht mit strahlenden Augen.
"Freut mich", sagte sie freundlich.
"Sch-", fing ich an, doch Diamond kam ihrer Lieblingsbeschäftigung nach und unterbrach mich: "Tarrynn, wie war das Seminar?"
Schön für dich hatte ich ehemalig sagen wollen, aber Di war scheinbar der Meinung, dass das zu schlecht ankommen würde. Oder es machte ihr schlechtweg Spaß, mich zu unterbrechen. Zed kam mit Trace auf mich zu. Würden mich jetzt alle einzeln begrüßen? Wie viele waren das noch mal?
"Bitte sag mir, dass du Snowboarden kannst", flehte Zed ohne Begrüßung. Gut so. Vielleicht würde ich meine Meinung über ihn noch mal überdenken.
"Snowboarden ist noch geiler als Skifahren. Ich habe manchmal die Ski meines Vaters und von mir versteckt, damit wir stattdessen die Snowboards mitnehmen", erwiderte ich offen.
Zeds Augen fingen an zu funkeln. "Endlich. Meine Brüder nennen mich Verräter, weil ich snowboarde, anstatt wie sie auf ihren langweiligen Skiern zu rutschen."
Trace stöhnte. "Lake, nein. Nein, nein, nein. Di und ich hatten uns auf Will, Victor und Xav vorbereitet, du kannst dich jetzt nicht einfach auch noch mit Zed verbünden. Das ist unfair."
Ich grinste ihn an. "Du könntest mich ja verhaften. Übrigens funktioniert dein Ladekabel nicht."
Traces Blick wurde ernst. Ob es daran lag, dass ich an seinem Ladekabel war, oder daran, dass sein Handy jetzt elendig zugrunde gehen würde, wusste ich nicht.
Zed lachte leise. "Tun wir einfach so, als würden wir uns noch nicht getroffen haben, ja? Ich glaube, wir hatten einen falschen Start. Ich bin Zed Benedict, der jüngste Bruder."
Ich schüttelte seine Hand bereitwillig. "Lake Crey, Häftling von Trace und Di."
"War es schon bevor du es geklaut hast kaputt oder hast du es zerstört?", fragte Trace, in Gedanken wohl noch bei seinem sterbenden Handy.
Ich runzelte die Stirn. "Also, als ich mein Handy geladen habe, hat's noch funktioniert, aber bei meinem iPod hat's den Geist aufgegeben. Und bevor du fragst, mein eigenes hast du zerstört, als du damit Alice wieder zum Laufen bringen wolltest."
Zed sah interessiert zwischen uns Beiden hin und her. "Was ist mit Alice?"
Diamond kam aus dem Haus, wahrscheinlich um zu sehen, was wir so lange hier draußen machten, und antwortete: "Hat plötzlich aufgehören zu Fahren. Wieso Trace versucht hat, sie mit Pete zu reperieren, habe ich auch nicht verstanden, aber Lake hat recht, danach hat er nicht mehr funktioniert."
"Mein Ladekabel heißt nicht Pete!", erwiderte ich im selben Moment, wie Zed fragte: "Wer ist Pete?"
Bei der Erinnerung daran musste ich wider Willens lachen. "Ich habe mich über Alices Namen beschwert, woraufhin Trace meinte, ich solle ihr einen anderen Namen geben. Mir ist keiner eingefallen, und Diamond meinte, Will wäre sonst noch Pete eingefallen. Jedenfalls hatte mein Ladekabel einen Wackelkontakt, und ich habe mich ein kleines bisschen drüber aufgeregt. Irgendwann hat Trace es mit Pete beschimpft und die wollen den Namen nicht mehr abgeben."
Ein weiteres Auto fuhr in die Straße und hielt schlitternd neben Uriels. Vier Personen stiegen aus, zwei Männer und zwei Frauen.
"Du fährst nie wieder, Xav!", schimpfte der eine Junge, der eine süße Brille auf der Nase trug. Der Andere, dessen Haare etwas länger und mit blonden Strähnen durchsetzt waren, verdrehte die Augen. "So schlimm war es auch wieder nicht!"
Eine der beiden Frauen war hochgewachsen, hatte mittellange, goldene Haare und dunkelblaue Augen. Sie sah Diamond auf eine seltsame Art und Weise ähnlich, wahrscheinlich also Crystal. "Doch, war es, Xav. Du fährst noch schlimmer als Trace."
Die andere Frau war kleiner, wenn auch nicht so winzig wie Sky. Sie hatte einen dunklen Teint, schwarze, zum Undercut geschnittene Haare und war so zierlich, dass sie aussah wie eine kleine Elfe. "Das ist gar kein Vergleich. Trace fährt, als hätte er es eilig. Xav fährt, als wäre er besoffen, bekifft, auf Drogen und würde vor den Bullen fliehen", sagte sie mit dunkler Stimme.
"Hey", grüßte Trace missbilligend.
Die Neuankömmlinge sahen auf. Erst zu Trace, dann zu Zed und Di und schließlich zu mir. Xav grinste mich sofort an, während die Anderen sich eher zurückhielten. "Trace fährt nicht, als hätte er es eilig", wandt ich ungefragt ein, "sondern als wäre er in der Fahrprüfung durchgerasselt und würde ohne Führerschein fahren."
"Alles Lügen", behauptete Trace aus dem Stand weg, aber Diamond nickte zustimmend.
"Schön, dich persönlich kennenzulernen, Lake", sagte Xav aufrichtig.
Ich nickte. "Dito", erwiderte ich mit einem leicht boshaften Grinsen.
Crystal gab sich einen Ruck und trat neben ihren Freund. "Ich hoffe, dir fallen meine Schwester und ihr Mann nicht allzu sehr auf die Nerven?"
Ich warf den Beiden einen Blick zu. "Oh doch, es ist kaum auszuhalten hier, sie sind-", Trace presste mir von hinten eine Hand auf den Mund und hielt meine Arme fest, sodass ich mich nicht wehren konnte.
"Wahnsinnig toll, nett und zuvorkommend", beendete er meinen Satz süßlich. Ich kämpfte gegen seinen Griff an, und schließlich lockerte er ihn kurz. Diesen Moment nutzte ich aus, drehte mich aus seinem Arm, setzte mit einem sanften, aber präzisen Tritt an seinen Oberschenkel nach und schlug mit der flachen Hand nach seiner Nase, stoppte aber kurz vor seinem Gesicht und zog mich zurück.
"Trace, der Sinn ist, mich zum Schweigen zu bringen, nicht, mich zu ersticken", knurrte ich.
"Weißt du ja nicht, vielleicht wollte ich dich auch endgültig loswerden", frotzelte er. Zed ging mit Sky nach drinnen zu Tarrynn und Uriel und Yves schloss sich den Beiden an, doch Phoenix blieb stehen. "Wie kann man ruhig schlafen, wenn man weiß, dass der Typ nebenan pennt?", fragte sie mich frech.
"Ich schließe mein Zimmer ab", antwortete ich, ohne Traces Protest zu beachten. Diamond schaltete dazu, um ihren Mann zu verteidigen und meinte: "Sie hat noch nicht einmal einen Schlüssel. Außerdem, sucht euch mal ein anderes Opfer eurer Sprüche, Trace wurde seit vier Tagen von Lake fast pausenlos geärgert, jetzt ist jemand anders dran."
"Wie wär's mit dir?", grinste ich. Diamond trat hinter mich und schlang ihre Arme von hinten um mich. "Ich wurde auch schon zu Genüge Opfer deiner Launen", säuselte sie.
Trace verdrehte die Augen und sagte zu Phoenix, Crystal und Xav: "Kommt, ihr könnt drinnen helfen. Lassen wir einfach Lake und Diamond den Rest begrüßen. Vielleicht wird es dann diesmal auch nicht so voll."
"Ich weiß genau, wie du das meinst, Fleischbällchen!", entgegnete ich, ohne mich umzudrehen. Seit Xav über WhatsApp von Traces Fleischbällchengesicht gesprochen hatte, war das mein Spitzname für ihn. Den Mittelfinger konnte ich nicht sehen, aber ich wusste, dass Trace ihn mir zeigte, bevor er mit den Anderen abzog.
Diamond und ich setzten uns auf die Stufen, die von der Veranda in den Garten hinabführten und beobachteten die Straße. Jetzt fehlten, meiner Rechnung zufolge, nur noch Saul, Karla - die Mutter der Bande- Victor und Will.
Saul hatte mir versprochen, eines Tages mit mir in den Bergen Skifahren zu gehen. Besser gesagt, er hatte mich angefleht, es mit ihm zu tun, und ich hatte gerne Ja gesagt. Ich vermisste die Ausflüge mit meinem Vater, ich vermisste ihn an sich, aber ich wusste, dass er das machte, was ihm gefiel. Für ihn lag sein Glück nicht bei mir sondern im Kampfeinsatz draußen an der Front, was ich respektierte und verstand. Die Woche war schön gewesen, ich hatte kaum Rückfälle erlitten, aber noch immer träumte ich nachts manchmal von Kämpfen, von Adrenalin und von Freiheit.
"Was bringt so ein Familientreffen eigentlich? Hat das einen bestimmten Sinn?", fragte ich Di nach einer Weile des Schweigens.
Sie antwortete nicht sofort, und als sie es tat, klang ihre Stimme bedrückt. "Eigentlich finden sie nur statt, damit sich alle manchmal wenigstens sehen. Hier stehen sie sich ziemlich nahe, weißt du. Trotz der Zankereien ist ihnen ihre Familie wichtiger als alles Andere."
Ich sah sie aus dem Augenwinkel an. Ihr Gesicht war überschattet und ihre Augen sahen aus, als täte ihr etwas leid. "Di? Alles gut?", fragte ich vorsichtig.
Sie nickte, doch ich sah, dass sie log. Unbeholfen rückte ich näher und strich ihr über den Rücken. "Du musst nichts sagen, aber ich bin da, wenn du willst, ja?", murmelte ich. Ich kannte Schmerz, Einsamkeit und Angst, doch ich konnte Anderen nicht gut helfen, wenn diese damit konfrontiert wurden. Ich wusste nicht, wie man jemandem helfen sollte, denn ich hatte mich damit abgefunden, dass mir niemand helfen würde.
Diamond wandte mir ihren unglücklichen Blick zu. "Du bist meine beste Freundin", flüsterte sie mit zitternder Stimme. Über dieses plötzliche Geständnis war ich vollkommen überrascht. Erstaunen übernahm ungehindert meine Gesichtszüge und mir wurde warm ums Herz. "Danke", sagte ich unsicher. Ich wusste, dass jetzt noch etwas kommen würde. Das Aber.
Und da war es auch schon. "Ich würde dir alles sagen, was ich darf, aber ich kann nicht. Es tut mir leid, dass ich dich anlügen muss, Lake!"
Ich nahm sie in den Arm und drückte sie an mich. Diamond vergrub ihr hübsches Gesicht an meiner Schulter. "Di, es ist vollkommen okay, Geheimnisse vor mir zu haben. Es ist dein Leben, ich kann nicht erwarten, dass ich einfach kommen und alles erfahren kann!"
Sie nickte schwach. "Ich möchte es dir aber sagen. Ich darf nur nicht."
Anscheinend hatte es mit diesem Familientreffen zu tun. Es hatte doch einen Grund, nur durfte ich den nicht wissen. Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände und sah sie ernsthaft an. "Du sagst einfach, wenn ich gehen soll, okay? Mag sein, dass ich nicht verstehe, was dahintersteckt, aber jede Familie hat ihre Geheimnisse, und ich als Außenstehende habe da nichts zu suchen. Ich wohne zwar bei euch, du bist meine beste Freundin, aber ich gehöre nicht zu eurer Familie, und das verstehe ich."
Dass sie nicht widersprach, machte mich stolz. Sie gab vor mir Schwäche zu, versuchte nicht, mir die Last zu nehmen und sich selbst dadurch zu verbergen, sondern öffnete sich mir. Ich sollte ihr das gleiche Geschenk machen. Ihr von meinen Depressionen erzählen. Doch ich konnte nicht. Ob es das lange Schweigen war, die Angst vor Verrat, selbst von ihr, oder einfach mein Stolz darauf, dass ich es so lange geheimgehalten hatte, dass ich so gut lügen konnte, aber ich konnte es nicht sagen. Also lächelte ich sie nur aufmunternd an.
Ein weiteres Auto, das von einem Motorrad begleitet wurde, fuhr auf uns zu und Diamond richtete sich auf, rieb sich schnell über die Augen und setzte ein strahlendes Lächeln auf. Sie wurde auf Knopfdruck wieder zu der frohen, freundlichen Schönheit, die sie immer zeigte. Nur mir- und Trace- gegenüber zeigte sie ein anderes Ich. Sie war beides, die Schönheit und das Mädchen mit Problemen, beides war echt, aber das Eine verbarg sie und das Andere zeigte sie der Welt. Kurz fragte ich mich, ob Crystal von ihren Problemen wusste, doch dann schob ich den Gedanken beiseite. Bestimmt. Sie ist ihre Schwester. Nimm dich bloß nicht zu wichtig, Lake!
Der Mann, der von dem Motorrad stieg, hatte schwarze, schulterlange Haare, die zum Zopf nachhinten gebunden unter dem Motorradhelm hervorlugten. Er war groß, breitschultrig, athletisch gebaut und trug einen eleganten, schwarzen Anzug. Als er den Helm abnahm, erblickte ich ein gutaussehendes, maskulines Gesicht. Er hatte breite Kiefer, hohe Wangenknochen und von dichten Wimpern umgebene Augen.
An seiner Hüfte zeichnete sich eine Pistole unter dem Sakko ab. "Das ist Victor, der beim FBI arbeitet", berichtete Diamond, die meinem Blick gefolgt war. Also war er der, der zusammen mit Phoenix und Crystal einfach nur hinderliche Kommentare geschrieben hatte, ohne sich wirklich an der Konversation zu beteiligen.
Saul und eine Frau stiegen aus dem Auto, das Will laut Saul Bianka genannt hatte. Karla war klein, zierlich und hatte dunkle Haut. Trotz ihres Alters strahlte sie eine Energie aus, dass sie mich unwillkürlich an einen Flummi erinnerte.
"Lake!", rief Saul erfreut, als er mich erblickte. Ich lief ihm entgegen und er schloss mich in eine feste Umarmung. Als Arbeitskollegen hatte ich ihn schon häufiger gesehen und er lud mich zu den Mittagspausen immer ins kleine Café ein, das in der Nähe der Pisten stand und deshalb ziemlich gut besucht war.
Karla musterte mich mit einem wohlwollenden Blick und reichte mir ihre Hand, als ich mich von Saul löste. Sie hatte einen überraschend festen Handdruck für den Körperbau. "Saul hat viel Gutes von dir erzählt", sagte sie lächelnd.
"Wie das denn?", fragte ich überrascht, was Diamond zum Kichern brachte.
Victor trat neben seine Eltern. "Du bist also die Sportlerin", bemerkte er.
"Du bist also der Cop, von dem ich mich besser fernhalten sollte", gab ich schlagfertig zurück.
Trace und Diamond hatten viel von dem drittältesten Bruder erzählt, der aus der Badboy-Phase direkt zum FBI gegangen war. Angeblich war er ziemlich ernst, gefährlich und lächelte selten. Er konnte es nicht leiden zu verlieren, war offenbar ziemlich schadenfroh, stritt sich für sein Leben gerne und hatte eine ähnlich sadistische Ader wie ich, die ihn manchmal in den alten Rebellen zurückversetzte.
Demnach war es ziemlich überraschend, dass Belustigung seinen Blick zeichnete. "Haben Trace und Diamond wieder Gerüchte über mich verbreitet?"
Diamond antwortete für mich: "Wir haben nur die Wahrheit erzählt. Lake sollte sich besser von dir fernhalten. Die Eigengedanken waren nur minimal."
"Du meinst, weil sie den Bioraum ihrer Schule abgefackelt hat?", fragte Victor gelassen.
"Hab ich nie! ... okay, das war in der zehnten Klasse. Kleine rebellische Phase. Ist schon lange vorbei. Woher weißt du davon?!"
Karla wurde kurz blass. Davon hatte Saul offenbar nicht erzählt, als er mich erwähnte. Diamond sah mich ungläubig an, aber sie konnte das leise Kichern nicht unerdrücken. Victor antwortete: "Ein Freund war zu der Zeit in Berlin und hat gesehen, wie das Feuer anfing. Und ich weiß, dass du es warst, weil du keinen Hehl draus gemacht hast."
Ich schnaubte. "Ich habe nie gesagt, dass ich es war. Es haben nur alle angenommen. Warum auch immer, ich war eigentlich total brav. Die wollte nur die Schuld jemand Anderem in die Schuhe schieben.
Diamond nickte. "Ja, klar. Du bist die Bravheit selbst. Schon alleine, weil du nie auf die Idee gekommen wärst, Trace von diesem Stein zu schubsen."
"Er hat dumme Bemerkungen gemacht, ich musste lachen, bin runtergefallen und habe ihn eben mitgenommen. Das war nur fair", protestierte ich halbherzig. Während wir uns unterhielten, bewegten wir uns aufs Haus zu. Wo Will blieb wusste ich nicht, aber ich fragte auch nicht nach. Wenn er kommen würde, würde ich ihn auf seine Namen ansprechen, Alice ging gar nicht. Das Auto war viel zu geil um Alice zu heißen. Ich hatte nichts gegen den Namen, aber es passte einfach nicht.
"Wieso bist du hier?", fragte Victor plötzlich.
Verwirrt sah ich ihn an. "Weil Trace und Diamond mich nicht gehen lassen wollten."
Er schüttelte den Kopf. "Ich meine überhaupt. Weshalb bist du in Denver? Soviel ich weiß, warst du auf deiner alten Schule das absolute Alphatier, das hat sich später wohl nicht verändert, auch wenn du von der Schule weg bist. Mein Kumpel hat erzählt, sie haben dich gefeiert. Wie kommt es, dass du plötzlich hierher ziehst, weit weg von deinen Freunden?"
Ich biss mir auf die Unterlippe. Dieses Thema schon wieder. "Ich wollte ein Auszeitjahr", behauptete ich. Victor wirkte nicht überzeugt, fragte aber nicht nach. Wir kamen in die Küche, wo sich die Anderen schon in kleine Gruppen verteilt hatten und redeten. Sky und Phoenix unterhielten sich mit Yves, Zed stand bei Tarrynn und Xav und Uriel tauschte sich mit Trace aus.
Victor gesellte sich zu Zed, Saul und Karla mischten sich ebenfalls zu den Anderen, bis nur noch Di und ich übrig blieben.
"Erzähl' mal, bei wem muss ich aufpassen?", fragte ich sie, da ich gerade nichts Besseres zu tun hatte. Wir gingen zum Sofa und fläzten uns drauf. Sie musterte die Anwesenden mit zusammengezogenen Brauen und fing dann an: "Bei Tarrynn auf jeden Fall. Sie ist Lehrerin, hält viel von Fairness und ist ziemlich moralisch. Sie kann Streits nicht leiden. Uriel ist nett, also pass besser auf. Yves kann es nicht leiden, Nerd genannt zu werden, aber man verfällt diesem Wort leicht. Er ist nunmal der Wunderknabe. Sky und du hatten keine gute erste Begegnung und sie lässt sich nur schwer auf neue Personen in ihrem Leben ein, also versuch, ihr einfach nicht zu nahe zu kommen, bis du dir sicher bist, dass du einen Platz in ihrem Herzen einnehmen und behalten willst. Karla vertritt ungefähr Tarrynns Moralvorstellungen, da solltest du aufpassen. Ich glaube, dass ist einfach so, wenn man Mutter wird, man wird nett."
Ich speicherte die Informationen ab, zog meine Beine an und setzte mich im Schneidersitz aufs Sofa. "Okay. Hab ich. Und jetzt die Storys."
Sie lachte leise. "Gut. Wir fangen mit dem Jüngsten an, Zed. Ihn kannst du immer damit aufziehen, dass er das Nesthäkchen ist, dass er nur Snowboard fährt, weil er kein Skifahren kann und dass er es schafft, in einem Monat drei Ladekabel und mindestens fünf Gläser zu zerstören. Sky ist eine Niete im Skifahren, sieht morgens aus wie ein gerupftes Hühnchen und hat Angst vor Victor. Yves rastet gerne aus, wenn jemand behauptet, er würde sich selbst überschätzen oder sein Wissen absichtlich unterschätzt. Phoenix hasst es, wenn man sie Elfe nennt, obwohl sie nunmal so aussieht, hat wahrscheinlich jedes einzelne Buch in der Bücherei gelesen und merkt sich immer genau die Dinge, die kein Mensch braucht. Xav verabscheut seinen vollen Namen, Xavier, kommt morgens ohne Kaffee nicht aus dem Bett und lässt sich gut damit beleidigen, dass man ihn wegen seinen Strähnchen aufzieht."
Ich lachte. "Wieso, die sind doch so süüüüüüß!"
Diamond grinste. "Ja, genau so. Crystal kann ich nicht sagen, ich versuche gerade, den Rest meiner schwesterlichen Loyalität zu retten. Will mag es nicht, wenn man seine Namen beleidigt, wenn man sich über seinen Job als Bodyguard lustig macht oder ihn William nennt. Victors Schwächen kennt keiner, außer vielleicht, wenn man ihn in irgendetwas besiegt, das kann er gar nicht leiden. Uriel ist Ökokrieger, er hasst es, dass seine Brüder alle am Liebsten mit dem Motorrad fahren, ist mit einem Hundeblick immer rumzukriegen und leidet darunter, dass er zusammen mit Yves geärgert wird, weil er was in der Birne hat. Tarrynn kann es halt nicht leiden, wenn Menschen sich streiten, wird von Beleidigungen immer getroffen und hasst den Geruch von Rauch. Trace und mich dürftest du ja relativ gut kennen."
Gut, damit ließ sich etwas anfangen. Trace rief von der Küche aus: "Lake, ich weiß genau, was Di dir erzählt hat, und ich warne dich, wenn ich in Mitleidenschaft gezogen werde, schmeiß ich dich raus!"
Durch seine dezente Ansage blickten alle zu mir. Toll. "Sie hat mir erzählt, wie froh sie ist, dich zu haben", erwiderte ich, ohne zu verbergen, dass ich log.
Bevor Trace etwas erwidern konnte, kam vom Eingang eine neue Stimme. "Sorry, dass ich zu spät bin."
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Relieving Lake (Die Macht Der Seelen- FF)
Fanfic|| "Du bist mir wichtiger als das meiste andere und ich liebe das. Du bist depressiv, und das gehört zu dir, zu der Person, in die ich mich verliebe. Ich werde niemals einfach gehen. Und es würde mich niemals zerstören, mit dir zusammen zu sein. Es...