Kapitel 1 - Eine alte Freundin

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John Watson stürmte um die Ecke, in den Händen mehrere Einkaufstüten. Endlich erblickte er die dunkle Tür mit den goldenen Ziffern 221B. Während er so gut es ging versuchte, nicht nass zu werden, rannte er auf die Türschwelle zu. Natürlich war das mehr als unnötig, es regnete schon lange in Strömen und er war bereits klatschnass. Doch wenigstens die Einkäufe konnte er retten, oder?
Er stellte die Plastiktüten kurz ab, dann kramte er in seinen Taschen. Nichts. Er suchte in seinen Hosentaschen. Auch nichts. Oh nein.

"Ich habe meine Schlüssel vergessen", murmelte er zu sich selbst.
Jetzt konnte er nur hoffen, dass Sherlock nicht in seinem Gedankenpalast war. Sonst könnte er hier noch lange stehen. Er drückte mehrmals auf die Klingel. Zuerst passierte nichts und John begann schon sowohl die Hoffnung als auch die Geduld zu verlieren. Doch dann öffnete sich die Tür und er erblickte Sherlocks Gesicht.

"Schlüssel vergessen", murmelte John als Entschuldigung.

"Sende mir beim nächsten Mal bitte einfach eine SMS", sagte Sherlock kurz. John sah ihn fragend an.

"Warum das denn?", fragte John überrascht.

Im selben Moment erklang ein lautes Geschrei von oben. John ließ die Schultern hängen.

"Rosie..."

Sherlock nickte einfach. Dann nahm er eine Tasche von John und trug sie die Treppe hoch. John erstarrte. Hatte Sherlock ihm gerade wirklich die Tasche abgenommen? Seit wann tat er so etwas... menschliches? Nicht, dass John es nicht schätzen würde, er wusste nur zu gut, dass Sherlock manchmal so ignorant sein konnte, dass er die meisten Leute vergraulte. Aber es war so nett, so ungewohnt. Vielleicht...
Nein. Stopp. Bitte! Sherlock liebte nicht. Sherlock war asexuell. Nicht John. Das könnte er nicht. Niemals. Auch wenn John mit jedem Morgen ein wenig hoffte, dass es passieren würde. Er und John kannten sich seit acht Jahren. Und John liebte Sherlock schon lange. Aber Sherlock konnte ihn nicht lieben.

Es war John schon oft genug von ihm gesagt worden. Zumindest passiv. Sherlock hatte den Satz "Ich könnte dich niemals lieben" nie wirklich gesagt, doch John hörte ihn in so gut wie jedem Satz.

Plötzlich fiel ihm auf, dass er noch immer vor der Tür im Regen stand und Sherlock hinterher starrte. Also ging er so schnell wie möglich in die Wohnung und schloss die Tür hinter sich. Dann stieg er die Treppen hoch und betrat die Küche, in der Sherlock bereits dabei war, einige Einkäufe einzuräumen. Als dieser dann Johns Blick sah, sah er ihn verwundert an.

"Falsch?", fragte er.

"N-nein", stotterte John nervös. Wieso stotterte er? Sherlock hatte das Stottern natürlich auch bemerkt. Er ging auf John zu und öffnete die Jacke. John stand einfach nur da und beobachtete den Mann vor ihm, der ihm die nasse Jacke auszog.

"Du erkältest dich noch", murmelte Sherlock, während er mit einer sanften Bewegung den letzten Ärmel von Johns Arm zog.

"Danke", stammelte John. Er gab sich in Gedanken mehrere Ohrfeigen. Was tat er denn? Als nächstes würde er noch Sherlock um den Hals fallen, wenn er sich nicht zusammenreißen konnte.

Sherlock drehte seinen Kopf ein wenig und starrte John an. Diesem wurde immer heißer. Plötzlich wandelte sich der Ausdruck auf Sherlocks Gesicht in etwas, was John nicht so recht deuten konnte.

Beide starrten sich an. Der eine den anderen. Ohne ein Wort zu sagen. Beide waren in eine Art Trance verfallen.

"Uuuuüüüüaaah!"

Das laute Geschrei ließ sie beide ganz plötzlich wieder aufwachen. Es kam aus dem Wohnzimmer. Aus Johns Sessel, um genau zu sein. John stellte seine Einkäufe schnell auf den Boden und rannte zu dem kleinen Wesen, dass klang, als würde die Welt untergehen.

Potterjohnlock - Liebe braucht keine MagieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt