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Danach hatten wir kein Wort mehr darüber verloren und ich hatte auch keinen einzigen Gedanken daran verschwendet. Ich verbrachte viel Zeit mit Chuck, denn auch wenn sein ständiges Gequassel nerven konnte, lenkte es mich ab. Außerdem war ich mittlerweile für ihn sowas wie eine große Schwester. Er vertraute sich mir oft an, wenn er Angst hatte oder traurig war. Und er hatte vor vielem Angst, vor allem vor dem Labyrinth. Trotzdem bat er mich ihm Geschichten zu erzählen, zum Beispiel wie ich zum Läufer wurde, oder über die Griever. Auch über die unschönen Sachen wollte er Bescheid wissen, er war sehr neugierig. Manchmal ein bisschen zu neugierig, aber das nahm ich ihm nicht übel.

Newt ging es auch gut. Er tat weiterhin einfach so, als wäre nie etwas gewesen, doch ich traute mich auch nicht, ihn danach zu fragen. In gewisser Weise ging es mich nichts an. Wenn er wollte, würde er schon zu mir kommen.

Alles war in Ordnung und so vergaß ich es mit der Zeit einfach. Bis ich eines Nachts einen Albtraum hatte. Schweißgebadet schreckte ich hoch und sofort spürte ich wie Minho seine Arme um mich legte. „Hey, hey, alles ist gut, du bist hier bei mir, das war bloß ein Albtraum", murmelte er in meine Haare, als er mich an sich drückte. Ich hätte ihm gerne gesagt, dass es mehr als nur ein Albtraum gewesen war, doch ich konnte einfach nicht. Ich wollte ihn nicht unnötig beunruhigen.

Stattdessen stand ich am nächsten Morgen etwas früher auf und machte mich auf die Suche nach Newt. Wie zu erwarten war er in der Küche und holte sich etwas zu Essen. In der Regel war er der Erste, da er immer sehr früh mit der Arbeit anfing. „Hey Grünschnabel", begrüßte er mich, als ich reinkam. „Hey Newt." „Was machst du denn schon so früh hier?", fragte er. „Du nutzt doch sonst jede Sekunde Schlaf die du kriegen kannst." „Ich muss dringend mit dir reden", erwiderte ich und er nickte. Wir verließen die Küche und setzten uns auf eine Bank am Waldrand, damit wir ungestört waren.

„Was ist los?", fragte Newt und nahm einen Bissen von seinem Sandwich. „Letzte Nacht hatte ich einen Traum. Aber es war nicht nur ein Traum. Ich glaube es war eine Erinnerung", erklärte ich. Zuerst schaute er mich etwas verwundert an, dann sagte er: „Oh wow, ist ja jetzt schon was her, dass du dich an was erinnert hast. Dann erzähl mal." Erneut biss er in sein Sandwich und schaute mich gespannt an. Ich atmete einmal tief durch und begann dann zu erzählen: „Es war ähnlich wie beim letzten Mal. Ich war wieder bei den Schöpfern und habe etwas auf den Bildschirmen beobachtet. Diesmal war es aber glaube ich vor dem Labyrinth, noch lange vor eurer Zeit hier. Ich musste dabei zu sehen wie Minho- er saß gefesselt auf einem Stuhl und konnte sich nicht bewegen und dann war da, da war ein Griever. Der Griever kam aus einer großen Box herausgekrochen und ging auf Minho los. Er ist bis an die Wand zurückgerutscht, aber er konnte sich nicht währen und der Griever hat seine Säge ausgefahren und hätte ihm fast, er hätte ihm fast-"

Ich fing an zu schluchzen und Newt nahm mich in den Arm. Ich kam mir dumm vor, es war ja schließlich nicht echt. Oder war es das? „Hey, alles ist okay, Minho geht es gut. Das ist nicht real", versuchte er mich zu beruhigen. „Was wenn doch? Was, wenn das tatsächlich so passiert ist? Newt ich glaube, ich glaube das war eine Bestrafung. Was, wenn er irgendwas angestellt hat? Ich hab einfach ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache", entgegnete ich. „Das kann ich verstehen, aber es kann dir hier nichts anhaben. Hast du Minho davon erzählt?" Ich schüttelte den Kopf, woraufhin Newt sagte: „Gut, dann regt er sich nicht unnötig auf." „Was sollen wir denn jetzt machen?", fragte ich. „Was sollen wir denn schon groß machen? Wir können nur abwarten und hoffen, dass du dich an mehr erinnerst. Und wenn, dann sag es keinem, auch nicht Minho, und komm direkt zu mir. Ich weiß, dass das schwer ist, aber wir können nichts riskieren." „Ja", murmelte ich bloß und starrte ins Gras. „Hast du Angst?" „Ich weiß nicht. Ich weiß überhaupt nichts mehr. Gerade noch war alles in Ordnung und jetzt geht dieser Albtraum schon wieder los", gab ich zu. Ich hatte es satt, mich so zu fühlen.

Die nächsten Tage schlief ich schlecht und meine allgemeine Stimmung war im Keller. Ich hatte auch wieder diese seltsamen Träume, mit denen ich nichts anzufangen wusste. Meine Gedanken drehten sich Tag und Nacht nur um die Erinnerungen, es war ein einziges Chaos in meinem Kopf. Zwar versuchte ich mich normal zu verhalten, doch Minho merkte natürlich, dass etwas nicht stimmte. Ich hatte das Gefühl er war irgendwie gekränkt, dass ich nicht mit ihm darüber sprach, denn es baute sich eine seltsame Distanz zwischen uns auf. Wir waren uns nicht mehr so nahe und verbrachten dementsprechend auch weniger Zeit miteinander. Es war, als würde er immer weiter von mir wegrutschen und ich konnte nichts dagegen tun. Wie eine tickende Bombe. Und eines Tages platzte sie dann.

Ich hatte mich nach dem Abendessen in den Wald zurückgezogen, um meinen Kopf freizukriegen. Mittlerweile waren fast alle im Bett und die Sonne war auch schon untergegangen, nur ich saß noch im Wald und dachte nach.

Doch auf einmal stand Minho vor mir. Ich hatte ihn gar nicht kommen hören, weswegen ich mich leicht erschreckte. "Hey", sagte ich bloß leise, während ich aufstand. "Hey", sagte er ebenfalls. Einen Moment lang sagte niemand was, dann brach Minho das Schweigen. "Wir müssen reden." "Worüber?", fragte ich und stellte mich dumm. "Du weißt genau worüber. Claire, es geht dir wieder schlechter und ich kann nicht einfach dabei zusehen", entgegnete er. "Ich weiß. Es tut mir leid, aber ich kann da einfach nicht mit dir drüber sprechen", antwortete ich und blieb vage, was mir sehr schwer fiel. "Wieso kannst du das nicht? Sag mir bitte, wieso du mit mir da nicht drüber sprechen kannst!" Er wurde lauter, ich merkte ihm seine Frustration an. "Du kannst mit mir über alles reden, das weißt du doch", fügte er nach ein paar Sekunden hinzu und schaute mich traurig an.

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Er war wütend, das wusste ich genau, und das konnte ich ihm auch nicht verübeln. Also entschloss ich mich dazu, mich ihm gegenüber zu öffnen, auch wenn Newt mir davon abgeraten hatte.

"In den letzten Tagen hab ich viel nachgedacht, weil... weil ich diesen Albtraum hatte und andere Träume und ich... dieser Albtraum war glaube ich eine Erinnerung und es hat mir Angst gemacht. Ich wusste einfach nicht was ich machen sollte", versuchte ich mich zu erklären. "Du hättest zu mir kommen können! Oder vertraust du mir nicht?" Er wurde wieder lauter und es verletzte mich. Ich wollte ihn doch nur beschützen...

„Außerdem dachte ich du hättest aufgehört ständig daran zu denken, ich dachte alles wäre in Ordnung!", schrie er weiter. In dem Moment spürte ich einen Stich im Herzen und ich war den Tränen nahe. „Und ich dachte, du wärst immer für mich da", war alles, was ich noch über die Lippen brachte. Dann drehte ich mich um und ging, ohne ein weiteres Wort.

Just Human ⎡ The Maze Runner ⎦Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt