13

724 34 0
                                    

Es war wieder ein Junge. Das hieß, ich war das einzige Mädchen. Und das würde auch so bleiben. Das hatten die Schöpfer damit klar gemacht.

Newt sah das auch so. Ich hatte eben nochmal kurz mit ihm gesprochen, nachdem ich Jack erneut beruhigen musste. Alby hatte ihm das Ganze mit dem Labyrinth erklärt, woraufhin Jack sich heulend in eine Ecke verkrochen hatte. Weil Alby keine Nerven dazu hatte und Newt nicht das nötige Feingefühl besaß, musste ich ran. Versteht mich nicht falsch, Newt kann sehr mitfühlend sein und er ist für viele hier sowas wie ein Seelsorger, aber hier war das Feingefühl einer Frau gefragt, wenn ihr wisst was ich meine. Und tatsächlich gelang es mir ihn zu beruhigen und ihn zum Essen zu überreden. Gleich danach legte er sich schlafen, was ich verstehen konnte, er musste total fertig sein. Im Grunde tat er mir wirklich leid. Mich beschlich allerdings schon wieder das Gefühl, dass er mir bekannt vor kam. Darüber zerbrach ich mir jedoch erst mal nicht den Kopf.

Eher darüber, wieso ich nach wie vor das Einzige Mädchen war. Newt hatte ebenfalls keinen Schimmer und mein Gehirn war wie leer gefegt. Seit ich zusammengeklappt war und mich an die Sache mit den Läufern und dem Labyrinth erinnert hatte, war da nichts mehr gewesen. Ich war also immer noch sehr verwirrt und das ärgerte mich, denn wenn ich den Grund für mich herausfinden könnte, würde ich vielleicht auch einen Ausgang finden. Mein Erscheinen musste ja irgendeinen Sinn haben oder? Genauso wie das Labyrinth. Es musste einen Grund dafür geben. Es war nur eine Theorie, aber bis jetzt war es meine einzige.

„Du sitzt jetzt hier schon seit 20 Minuten und sagst kein Wort. Worüber denkst du nach?" Minhos Stimme riss mich völlig aus meinen Gedanken, weswegen ich kurz zusammenzuckte. „Keine Ahnung, irgendwie über alles", antwortete ich. „Ich weiß genau worüber du dir den Kopf zerbrichst. Aber es ist sinnlos. Niemand hier versteht es. Also lass es einfach bleiben", erwiderte er und starrte in den Himmel, der bereits dunkel und übersät von Sternen war. „Aber es kann nicht sinnlos sein! Das alles hier muss doch irgendeinen Sinn ergeben, es muss einen Grund dafür geben! Vielleicht ist es auch wie ein großes Spiel, ich weiß es nicht, aber wieso sollten sie dann mich herschicken und somit die Spielregeln brechen?", entgegnete ich wütend. Ich hatte es satt mich so zu fühlen, ich wollte wissen was hier vor sich ging. Tag für Tag fühlte ich mich eingeschlossen und ich wollte endlich raus aus diesem Gefängnis.

„Claire, du machst dir viel zu viele Gedanken. Glaubst du nicht, ich hätte mir all diese Fragen schon selbst gestellt? Und trotzdem sitze ich immer noch hier fest." „Ja, vielleicht hast du ja Recht...", murmelte ich kleinlaut. Auf einmal fühlte ich mich schlecht. „Vielleicht hat mein Auftauchen wirklich keinen besonderen Grund und ich wünsche mir das nur, damit ich mich nicht so nutzlos fühle." „Wieso fühlst du dich nutzlos? Claire, du hast in dem einen Monat, den du hier bist, mehr erreicht als die meisten von uns. Du bist ein Läufer. Reicht dir das nicht?", versuchte Minho mich aufzumuntern, doch es gelang ihm nicht. „Nein, nein das reicht mir nicht! Habe ich einen Ausgang gefunden? Nein. Also habe ich auch nichts erreicht. Verstehst du das nicht? Ich will uns alle hier rausbringen. Und ich versuche rauszufinden wie. Doch ich schaffe es nicht, ich komme einfach nicht darauf und deswegen fühle ich mich so nutzlos. Ich kann nichts tun und es fühlt sich schrecklich an", wiedersprach ich und spürte, wie sich Tränen in meinen Augen ansammelten. Ich durfte nicht weinen, ich durfte nicht schwach wirken.

„Du bist aber nicht alleine damit. Nur, weil sich viele damit abgefunden haben, heißt das noch lange nicht, dass wir für immer hier festsitzen wollen. Wir wollen alle einen Ausgang finden. Und du bist nicht die Einzige die es versucht. Doch bis jetzt sieht es so aus, als gäbe es keinen und wenn wir keine weiteren Hinweise finden, müssen wir das akzeptieren. Auch du." Ich wusste, dass er es nur gut meinte. Doch ich wollte und konnte das einfach nicht akzeptieren. „Es muss einen Grund geben...", sagte ich mehr zu mir als zu ihm, bevor ich aufstand und zum Gehöft ging. Überraschenderweise ließ Minho mich gehen, ohne ein weiteres Wort.

Zuerst wollte ich mich schlafen legen, da es schon spät war, doch ich war viel zu aufgewühlt. Ich beschloss nach Newt zu suchen, in der Hoffnung er würde noch nicht schlafen. Und das tat er auch nicht. Er saß in seinem Zimmer, angelehnt ans Bett und an die Wand starrend. Er sah ziemlich fertig aus und war anscheinend tief in Gedanken versunken, weshalb er mich erst bemerkte, als ich die Tür hinter mir schloss. Sein Blick löste sich von der Wand und wanderte zu mir, wobei er automatisch ein Lächeln aufsetzte. Ich konnte jedoch genau sehen, dass es ihm ganz und gar nicht gut ging. „Hey Grünschnabel", begrüßte er mich, aber seine Stimme klang brüchig und rau, als hätte er geweint. Ihn so zu sehen schockierte mich. Sonst kannte ich nur den fröhlichen Newt, der immer alles zusammenhielt und sich um alles und jeden kümmerte.

Kurz überlegte ich, ob ich lieber wieder gehen sollte, doch ich entschied mich dagegen. Ich wollte gerade nicht alleine sein, da mich meine Gedanken einfach nicht in Ruhe ließen. „Kann ich mich zu dir setzen?", fragte ich. „Aber na klar. Ist alles ok?", erwiderte er und klopfte neben sich auf den Boden. Ich setzte mich zu ihm und winkelte meine Beine an, sodass mein Kinn auf meinen Knien ruhte. Jedoch starrte ich auf meine Füße. „Was ist los Grünschnabel? Ich sehe doch, dass dich was bedrückt." Ich wusste immer, dass Newt selbstlos war, aber dass seine Stimmung so schnell umschlug überraschte mich dann doch. Es gefiel mir nicht, ihn so zu sehen, doch ich beschloss ihn nicht darauf anzusprechen. „Ich weiß nicht, ich mache mir einfach um vieles Gedanken", entgegnete ich, während ich mit meinem Finger die Muster in den Holzdielen nachzeichnete. „Ich auch, ich weiß wie du dich fühlst", seufzte er und wirkte auf einmal wieder traurig. „Minho versteht es aber anscheinend nicht." „Weißt du, wenn du schon so lange hier bist, wie Minho und ich, dann akzeptierst du es irgendwann." „Ich werde es aber nicht akzeptieren, ich werde es nicht einfach so hinnehmen. Ich werde einen Ausgang finden, das verspreche ich dir Newt, egal wie", sagte ich entschlossen. Nun schaute ich ihn an und obwohl seine Augen rot und glanzlos waren, versuchte er zu Lächeln. „Ich bewundere dich wirklich für deinen Optimismus", murmelte Newt. Seine Worte brachen mir das Herz, doch ich würde nicht aufgeben.

Just Human ⎡ The Maze Runner ⎦Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt