Meine Woche im Krankenhaus verlief ganz ruhig und entspannt, ich konnte den Freitag mit Aleks kaum noch erwarten. Ich war nie besonders angetan vom Nightlife in unserer kleinen Stadt, doch war ich auch seit vielen Jahren nicht mehr weg hier. Ich freute mich wahnsinnig auf den Abend und auf Aleks, je mehr Zeit ich mit ihr verbrachte, desto sympathischer wurde sie mir. Leider arbeiten wir nicht im gleichen Büro, da wir verschiedenen Ärzten zugeteilt wurden. Doch die Mittagessen und die Pausen mit ihr waren immer amüsant und lehrreich. Sie erklärte mir, dass meine schüchterne Art die Männer am Freitag reihenweise umhauen würde, ich war mir da nicht so sicher. Ich hatte mir selbst, wie heisst es so schön; Ans Bein gepinkelt, als ich ihr von meiner Bekanntschaft am Montagabend in der Tiefgarage erzählt habe. Sie konnte mir zwar nicht sagen wer er war, da sie sie meine Beschreibung zu ungenau fand, trotzdem hielt sie es für amüsant mich die ganze Woche damit aufzuziehen.
"Was denkst du, wie viele Nummern kriegst du heute wohl?", Aleks nahm mir meine Laptoptasche unter dem Arm hervor und steckte ihn bei sich in die Tasche, da er bei mir fast runtergefallen wäre. Ich sah sie etwas unbeholfen an.
"Wie bitte?", dieser Gedanke war mir gar nicht gekommen, ich hatte mich schlicht auf einen Abend mit ihr und etwas Drinks gefreut.
"Na komm schon, bei deiner Figur und deinen Haaren stehen dir die Männer wohl reihenweise zu Füssen, dieses Thema hatten wir bereits heute früh!", sie lachte und sah mich dann ernst an.
"Tea, ernsthaft, du bist dir nicht mal im geringsten bewusst wie gut du aussiehst", ihr Lächeln war freundlich und sie sah mich an wie Nikolina es manchmal tut, ein klein wenig bemitleidend?
"Wieso? Was stimmt denn nicht mit mir?", ich sah an mir herunter, klar ich war jetzt nicht die Modequeen des Universums doch so schlecht war mein Geschmack nun auch wieder nicht.
"Ich hoffe, dass diese Kleider nur für das Krankenhaus gedacht sind. Sie betonen rein gar nichts! Du hast so tolle Rundungen, die ich übrigens erst am Mittwoch beim Yoga bemerkt habe. Lass deine Haare heute Abend offen und gönne dir mal eine enge Levis. Sei mutig und lass uns Spass haben!"
"Ich werde mir Mühe geben", etwas unsicher sah ich Aleks an. Sie hatte gut reden, sie sah aus als wäre sie die YouTube Modebloggerin überhaupt. Sie hatte einen wahnsinnig guten Geschmack was ihre Kleidung betraf, auch ihre Haare waren jeden Tag etwas anders, obwohl sie kurze Platinblonde Haare hatte.
"Sollen wir vielleicht zusammen in die Stadt gehen und dir was aus suchen? Nur falls du Zeit hast?", ich wollte ihr gerade antworten als mein Handy vibrierte. Mit der Hand signalisierte ich ihr sie möge kurz warten.
"Hallo Papa, ja okay, bin unterwegs", ich steckte das Handy ein und sah Aleks entschuldigend an.
"Sorry Aleks, ich muss los. Mein Papa möchte, dass ich den Wagen so schnell wie möglich nach Hause bringe, er will ihn kurz checken lassen. Aber heute Abend um zweiundzwanzig Uhr im Street?", ich kneifte sie in ihre Backen.
"Na gut du Spinnerin, befolge meinen Rat", sie machte mir den Austin Powers und spazierte zu ihrer Bushaltestelle.
Ich stieg in meinen Wagen und liess den Gedanken freien Lauf, so war das immer wenn ich am Fahren war. Hier konnte ich denken, mich öffnen, meinen Geist erweitern. Dies war für mich fast so gut wie Yoga. Komisch, Jonas hatte meinen Style nie kommentiert, eigentlich hatte er nie etwas kommentiert, sich nur auf sein Wirtschaftsstudium konzentriert und mich links liegen gelassen. Je mehr die Tage ohne ihn verstreichen, desto mehr wird mir bewusst wie sehr ich mich an ihn geklammert hatte. Ich hatte jede kleine Hoffnung als Anker für mich angesehen und jedes Mal wenn er mich schlecht behandelt hatte, klammerte ich mich an diesen winzigen Anker der Erinnerung, der mich nicht weiter in die Tiefe treiben sollte. So war das nicht immer gewesen, doch seit wir in Zürich angekommen waren, dauerte es nicht lange und er hatte sich verändert. Er fing an regelmässig auszugehen, Frauen jagten ihm hinterher, sein Ego war gewachsen und plötzlich war ich nur noch nervig oder eine Klette oder sonst was. Ich war noch so dumm ihm das alles abzukaufen, ich hatte mich für ihn selbst klein gemacht. Doch so etwas würde mir nicht mehr passieren. Nun war ich auf dem Weg der Besserung.
"Schatz, tut mir Leid, doch dein Wagen wird noch eine Weile in der Reparatur sein. Sieht nicht gut aus", ich hatte gerade meine Haare gewaschen und sass mit dem Rest der Familie am Tisch. Wir hatten zu Abend gegessen und mein Vater war die ganze Zeit über in der Garage seines Freundes gewesen um meinen Wagen wieder auf Vordermann zu bringen. Meine Mutter sah mich traurig an.
"Nun ja, du kannst dir ja einen neuen kaufen, oder?", ich merke wie meine Mama versucht mich etwas aufzumuntern.
"Kann sein, ja. Falls nicht, kann ich immer noch mit dem Zug zur Arbeit fahren", meine Eltern nickten mir zustimmend zu.
"Du kannst sonst unseren Wagen nehmen, bis deine Mutter wieder anfängt zu arbeiten", meine Mama sah meinen Vater an und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
"Natürlich Tea, ich habe noch eine Woche frei, da momentan bei uns nichts los ist, also kannst du meinen haben", sie holte den Ersatzschlüssel der im Flur in einem Regal bei Büchern und Lip Gloss lag und gab ihn mir.
"So, wo geht es denn heute Abend hin und mit wem?", jeder Aussenstehende hätte gedacht, dass mein Vater mich kontrollieren wollte, doch so war es nicht. Es war ihm seit wir klein waren wichtig zu wissen mit wem wir unterwegs waren. Als Polizist und dann noch ein Immigrant der zweiten Generation, war für ihn das mehr von Bedeutung als sonst irgendetwas. Wir haben von Klein auf gelernt ihm immer mitzuteilen wo wir waren, darum fiel es mir nie schwer ihm die Wahrheit über alles zu sagen, selbst dann als ich in meiner rebellierenden Phase angefangen hatte zu rauchen, er schätzte Menschen mit Courage und Rückrat.
"Ich hatte euch doch von Aleksandra erzählt? Sie arbeitet bei mir auf dem Stockwerk jedoch für den leitenden Onkologen, nun ja wir haben uns die letzten Wochen angefreundet und wollen etwas zusammen Trinken gehen und vielleicht auch ein wenig Tanzen, falls das okay für euch ist?", ich sah meinen Vater und meine Mutter abwechselnd an. Mein Papa fing an zu grinsen und massierte die Schultern meiner Mutter.
"Was ist das für eine Frage? Wir sind froh, dass du jemanden mit dem du ausgehen kannst, gefunden hast! Nichts gegen dich Nikolina", ich sah zu ihr hinüber und sie wirkte als hätte man ihr die Pest gewünscht.
"Kein Ding Papa, hast du noch was an mir auszusetzen?", sie grinste ihn an und er ahnte sie nach.
Meine Mama nahm meine Hand und lehnte sich zu mir über, "du zahlst hier Miete, hilfst bei der Wäsche und bist eine tolle Tochter, du musst uns nicht um Erlaubnis bitten, schreib einfach wenn du da bist und schliess die Tür wenn du wieder zurück bist", sie gab mir einen Kuss auf die Stirn und ich war verwundert darüber wie liebevoll alle geworden sind, seit Diana ausgezogen war. Vier Frauen und ein Mann in der Wohnung waren kein Vergnügen. Mittlerweile war es viel ruhiger bei uns, dies schienen auch meine Eltern zu merken.
"Hast du heute Dienst Papa?", fragte Nikolina.
"Ja, ich gehe um neun, also haue ich mich noch etwas aufs Ohr", er verliess uns und ging in das Schlafzimmer.
"Ich verstehe nicht wie er das macht?", meine Mama sah uns an.
"Was meinst du?", fragte Nikolina.
"Wie kann dieser Mann zweimal am Tag aus seinem warmen Bett für die Arbeit steigen?", mit einem Grinsen drehte sie sich zu uns um. Nikolina und ich stimmten in ihr Grinsen ein.
"Wer weiss, so eine eiserne Disziplin hätte ich auch gerne", sage ich etwas träumerisch.
"So was ziehst du an?", Nikolina sah mich erwartungsvoll an und ich konnte es mir nicht nehmen ihr die Freude zu bereiten mich zu stylen.
"Keine Ahnung, ich dachte du hättest das perfekte Outfit für mich schon bereit?", kaum war der Satz beendet hatte sie mich schon an den Händen und eilte in ihr Zimmer. Nun war es Zeit meinen inneren Vamp von der Leine zu nehmen.
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Wie ein Regentropfen auf der Haut
RomanceZurück in der Kleinstadt, zurück im alten Leben. Für Teodora Vitez ist es ein Rückschlag, nach einem turbulenten Studienjahr und einer missglückten Beziehung, möchte sie sich nur noch ihrer Arbeit und sich selbst widmen. Doch wie das Schicksal spiel...