~ Warte bitte nicht. ~

1.5K 68 4
                                    

Weihnachten.

Das Fest der Liebe und der Familie.

Für mich gibt es heute nichts von beiden. Keine Liebe und keine Familie. Nur Alkohol und Zigaretten, die ich vor mir platziert habe.

Und zwar sehr viel von beidem. Ich bin auf jeden Fall schon ganz schön angetrunken und in Gedanken nur bei meinen Eltern, wo auch sonst.

Vor einem Jahr saß ich mit ihnen auf dem Sofa in Deutschland.

Neben uns stand der wunderschön geschmückte Weihnachtsbaum und funkelte freundlich vor sich hin. Darunter die Geschenke.

Die Gans die im Ofen schmorte gab einen fantastisches Geruch ab, der durch das ganze Haus zog um mir das Wasser im Mund zusammen laufen ließ.

Die Weihnachtsmusik im Hintergrund beruhigte uns alle ein wenig von dem stressigen Vormittag.

Es fühlt sich noch so real an, als würden mein Vater und meine Mutter noch neben mir sitzen und mit mir reden. Die Stimmen von ihnen schwirren mir im Kopf herum und hören sich so echt an.

Als ich heute morgen vor den Entertainment stand musste ich leider fest stellen, dass alle Türen verschlossen sind. Ich war also nicht im Stande auch nur einen Fuß über die Schwelle zu setzten und zu arbeiten. Deshalb muss ich nun meine Gedanken ertragen.

Ich habe mir die Mühe gemacht und die Geschenke, die ich vor ein paar Monaten schon besorgt habe, hübsch in Geschenkpapier eingepackt und sie vor mir auf den Couchtisch gelegt. So ist es als würde ich nur auf sie warten. Als würden sie jeden Moment durch die Tür spazieren und mir Glückwünsche zurufen.

Diese Geschenke starre ich nun an. Sicherlich schon seit zwei Stunden und denke über die frühere Zeit nach.

Dabei quellen mir die Tränen aus meinen Augen, so dass mir sofort die Sicht verwischt.

Nachdem ich das realisiere stehe ich auf um mir ein bisschen die Beine zu vertreten und wieder klare Gedanken zu fassen. Was nicht funktioniert. Stattdessen wird mir bewusst, dass meine Eltern heute nicht durch die Tür spazieren und alles wie früher ist.

Verzweifelt gehe ich in meiner Wohnung auf und ab, raufe mir dabei meine Haare und zerbeiße meine Lippen, bis ich irgendwann vor der eingetretenen Badezimmertür stehen bleibe.

Mir kribbelt es in den Finger und im nächsten Moment schlage ich auf die Tür ein. Ich schlage so lange zu bis ich keine freie Stelle mehr zum kaputt machen finde.

Wie in Trance betrete ich das Badezimmer.

Dort räume ich alles ab was ich finden kann. Ich will das alles nicht mehr sehen. Es soll weg, einfach nur weg. Alles landet auf dem Boden.

Mein Spiegelbild kotzt mich an. Es ist hässlich und die Person dort drin ertrinkt gerade in Selbstmitleid.

Deswegen schlage ich auch den Spiegel ein, was mir blutende Knöchel verschafft.

Es tut nicht weh. Im Gegenteil, es verschafft mir ein angenehmes Gefühl. Generell befreit mich meine Aktion ein wenig.

Ich gehe in die Küche und reiße die Schranktüren auf. Es gilt an ein Wunder, dass die Türen nicht abfallen.

Das Geschirr, welches ich heraus ziehe, knallt mir einem ohrenbetäubenden Lärm auf den Boden und zerspringt in tausend Scherben. Es gibt mir ein Gefühl von Erleichterung.

Der Krach aber verursacht ein lautes Fiepen in meinem Ohr, das mit jeder Sekunde immer lauter wird.

Zu meinem Überfluss kommt auch noch ein Klopfen in meinem Kopf dazu, oder kommt es doch von der Tür?

ᵇᵃᵇʸ ᵈᵃⁿᶜᵉ ᶠᵒʳ ᵐᵉ  ɢ-ᴅʀᴀɢᴏɴWo Geschichten leben. Entdecke jetzt