Teil 6
Es hatte eine Weile gedauert, bevor Hoseok verstanden hatte, dass etwas nicht stimmte. Er war an einem Sommerabend gestorben, er lag in seinem Krankenbett und erlag einem schweren Fieber, dass ihm in seinem hohen Alter viel mehr abtat als in seiner Jugend. Die Welt scherte sich nicht darum dass er starb. In seiner kleinen Hütte, umkreist von seiner Familie und seinen Liebsten starb Hoseok und wachte nur wenige Sekunden darauf wieder auf.
Er war noch immer in dem Haus in welchem er seine Familie gegründet hatte, nur mit deutlich klareren Sinnen als er in den letzten Jahren gehabt hatte. Er bedachte erst seine fast durchscheinenden Hände, dann bemerkte er die glatte Haut an seinen Handflächen und die Kraft in seinen Beinen. Das bedeutete es also zu sterben?
Hoseoks Familie schluchzte und betete, während sie sich in den Armen lagen und seinen toten Körper betrauerten. Es war ein schmerzlicher Anblick seine Liebsten in so viel Leid zu sehen, doch seine Hände gingen unbemerkt durch sie hindurch und seine Worte erreichten sie nicht. Niemand schien ihn zu bemerken.
Es war, gelinde gesagt, ein wenig trostlos so zu sterben und einfach wieder zu erwachen, noch immer am selben Ort an dem sich scheinbar nichts verändert hatte. Mit der Ausnahme dass seine Familie ihn nun nicht mehr sehen konnte.
„Was hat es für einen Zweck zu sterben, wenn ich doch noch immer hier bin?", fragte er in den Raum hinein ohne eine Antwort zu erhalten. Sterben, so beschloss Hoseok, war ein unnötiger Akt.
Es dauerte einen Monat, bevor Hoseok es aufgegeben hatte mit seiner Familie Kontakt auszunehmen und stattdessen nach draußen ging. Menschen starben ja täglich, also müsste es viele Tote geben, die, wie Hoseok, durch die Menge streiften. Doch dem war nicht so.
Überall wo Hoseok hinblickte fand er einzig Menschen, die ihn weder Sehen noch Hören konnten. Niemand reagierte wenn er durch sie hindurchging oder gegen das Holz ihrer Türen klopfte. Sterben war wirklich trostlos.
Es dauerte fünf Jahre, bevor seine Ehefrau in demselben Bett landete, in dem auch Hoseok zu seiner Zeit hatte sterben müssen. In aufgeregter Anspannung hielt er ihre Unterarm umklammert und flüsterte ihr sanfte Liebkosungen zu. Sie sollte keine Angst haben, Sterben war nicht schwierig oder schlimm. Es war nur einsam und langweilig.
Hoseoks geliebte Ehefrau starb im Kreise ihrer gemeinsam Kinder und Enkelkinder als die Morgensonne gerade hinter dem Horizont auftauchte. Doch...sie tauchte nicht auf. Sie war verstorben, dass konnte Hoseok deutlich ausmachen, aber sie tauchte nicht auf, so wie Hoseok es getan hatte. Sie blieb einfach verschwunden.
Hoseok rannte durch die Tür nach draußen und klapperte alle Orte ab, an denen sie sich aufhalten könnte, doch sie blieb verschwunden. „Wo bleibt sie nur?", seufzte er und kehrte in sein Haus zurück. Auch dort war nichts von ihr zu sehen. Zur Sicherheit blieb Hoseok jedoch dort.
Ihre drei Kinder machten unter sich aus, das Haus zu verkaufen was Hoseok mit Schock verfolgte. Er hatte dieses Haus mit seinen eigenen Händen erbaut! In diesem Haus waren ihre drei Kinder aufgewachsen und seine Frau, wie auch Hoseok verstorben! Wie konnten ihre Kinder einfach...aber Hoseoks ganzer Zorn zeigte auch hier keine Wirkung.
Die Kinder verkauften das Haus für zwei Kühe, vier Schweine und drei Eimer Kartoffeln und teilten den Gewinn dann untereinander auf. Für drei Personen lief das sehr spärlich aus und Hoseok war sich sicher sie hätten mehr herausschlagen können, aber ihn konnte ja niemand hören.
Er folgte seinem ältesten Sohn und dessen Ehefrau in ihr Haus und zu seinen vier Enkelkindern. Er ging in die Nachbarhäuser und setzte sich an die Betten alter Menschen, die ihrem Tod ins Auge sehen mussten, gespannt abwartend dass jemand so endete wie er, aber es geschah nicht.
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Fallen
Hayran KurguEngel sind die Seelen von verstorbenen Menschen und es gibt ein paar einfache Dinge, die man über sie verstehen muss. Engel fallen nicht vom Himmel. Engel bluten nicht und sie können auch nicht sterben. Vor allem aber, verlieben sie sich nicht. Doch...