Kapitel 5

73 3 0
                                    

1838

Stickball war ein sehr altes, traditionelles Spiel. Sowohl 1838 als auch 2017. Irgendwie war es wie Baseball und irgendwie auch wieder nicht.
Majara selbst spielte es so gut wie nie. Sie sah nur oft den älteren Jungen dabei zu. So wie jetzt gerade. Auch Anuk gehörte dazu. Ihr Bruder war wirklich gut, aber noch lange nicht so gut wie Keoma.
Keoma war so alt wie Anuk und Majara könnte ihm Stundenlang beim Stickballspielen zusehen. Er könnte allerdings auch Wäsche aufhängen und Majara würde ihn nicht weniger anhimmeln. Sie war sich sicher, wäre Jenniffer hier, hätte sie sie damit aufgezogen.
Majara passte es ganz und gar nicht, sie nicht mehr mit Jenny hatte sprechen können. Gerade jetzt, wo sie sich entschieden hatte ihr anzuvertrauen.

Pock. Der Ball prallte gegen ihren Kopf. Zum Glück war es kein besonders harter Schlag gewesen. Bevor Majara wusste, wie ihr geschah, stand Keoma vor ihr. Er hob den Ball auf. Nun stand er ihr sogar noch näher.

"Alles in Ordnung?", fragte er und seine vollen Augenbrauen zogen sich besorgt zusammen.

"Ja alles bestens", piepste Majara. Sie konnte ihre eigene Stimme nicht wiedererkennen. Keoma hatte sich schon umgedreht und war zu den anderen Jungen zurückgelaufen. Majara spürte das Blut durch ihre Adern jagen.

"Mit deinem Herzen ist es wie mit deiner Zunge Mädchen. Dein Verstand muss immer darüber stehen. "
Majara erschrak. Es war Anevay, die das gesagt hatte. Ein belustigtes Lächeln lag auf ihren Lippen. Dann wand sie sich ab und ging weiter. Peinlich berührt blieb Majara zurück. Sie hatte nicht gewusst, wie offensichtlich es war, dass sie Keoma mochte. Sie lehte sich wieder an den Baum im das Spiel weiter zu verfolgen.
In dieser Welt war sie mit fast fünfzehn Jahren schon so gut wie erwachsen und das wusste sie. Bald würde man von ihr erwarten, dass sie jemanden heiratete und dann mit ihm zusammenzog. Sie mochte Keoma, konnte sich ein solches Leben mit ihm allerdings nur schwer vorstellen. Hinzu kam, dass Majara nicht wusste, was geschehen würde, wenn sie sich im der anderen Zeit ebenfalls verlieben würde. Zwei Mütter zu haben war eine Sache. Zwei Menschen, in die man verliebt war wohl eine ganz andere. Manchmal wünschte Majara, sie hätte nur ein Leben. Wie alle andern auch.

Eine plötzliche Aufruhe unterbrach ihre Gedanken. Leute liefen durch das Dorf. Immer wieder fielen die Wörter Häuptling und Fremder. Majara wurde neugierig. Sie bekamen nicht oft Besuch. Um nicht aufzufallen ging sie einen kleinen Bogen um einige Hütten herum. Da war er. Ein Weißer. Mit der typischen aroganten Miene, saß er auf seinem braunen Pferd, was unruhig hin- und hertänzelte. Am Sattel war eine kleine Englische Fahen befestigt. Majara fiel ein, dass es zur Zeit noch keine einheitliche Amerikanische gab.
Sie war nicht die einzige, die den Fremden sehen wollte. Weitere Schaulustige hatten sich versammelt. Den Umweg hätte Majara sich sparen können. Es war seltsam. In einem anderen Leben war ihre beste Freundin blond, hatte helle Haut und sprach Americanenglish. Aber hier wollte der bleiche Mann einfach nicht ins Bild passen.
Zum Hundertsten Mal viel ihr auf, wie unpassend ihr Name war.
Majara- die Weiße.

Ihr Häuptling Delsin Ama-edohi trat vor den weißen Mann. Sie sprachen auf Englisch miteinander und nicht alle verstanden sie. Majara jedoch schon.

"Seid gegrüßt. Was verschafft uns die Ehre ihres Besuches?" Der Häuptling hob die Hand, um den Gruß zu unterstreichen.
Majara viel ein, wie ihr Vater ihr gesagt hatte, sie sein einmal mit den Engländern verbündet gewesen. Das sagte er, bevor er ging und nie wieder kam. Dieses Bündnis bestand inzwischen nicht mehr und die Stimmung war entsprechend angespannt.

-----------------------------------------------------------
Auch wenn ich mich bemüht habe mich an Fakten wie Orte oder Daten zu halten, sind die Figuren frei erfunden und halten sich an keinen Vorbildern fest. Die Namen habe ich entweder aus dem Internet oder oder aus dem bereits im Vorwort erwähnten Buch 'Weg der Tränen'.

Ama-edohi heißt übrigens Wassergeher. Passend für einen Häuptling am See. Findet ihr nicht? ;)

LG.     Rickardia

Der Schrei der EuleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt