Kapitel 7

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Obwohl Majara 2017 nur wenige Stunden geschlafen hatte, während 1838 mehrere Tage vergangen waren, dauerte es ihr entschieden zu lange, bis sie mit Jenny reden konnte.
Ihre Mum bestand mal wieder darauf, dass Majara sich erst ausruhte. Louannes Theorie, der Dornröschenschlaf käme von zu viel Stress war dieses Mal nicht gerade bestätigt worden. Eine Bibliothek ist nicht gerade der Ort, der Stress hervorruft.
 
Soweit Majara es mitbekommen hatte, hatte Jenny ihrer Mutter nichts von dem Zusammenbruch erzählt. Fragen konnte sie sie jedoch in den nächsten Minuten nicht, da man sie ja indirekt in in ihr eigenes Zimmer gesperrt hatte. Schon jetzt langweilte sie sich zu tode, schließlich war sie gar nicht müde. Sie entdeckte das Buch aus der Bibliothek auf ihrem Nachttisch. Irgendwer musste es für sie mitgenommen haben. Sie nahm es in die Hand und schmiss sich damit auf ihr Bett. Leider war sie viel zu beschäftigt damit, sich zu überlegen, was sie Jenny erzählen würde, um wirklich zu lesen und so flog ihr Blick über die Zeilen, ohne dass sich daraus Wörter, geschweigedenn Sätze bildeten.
Bis sie zu einer bestimmten Stellen kam.

Einer kleinen Gruppe von Indianer gelang es in die Berge zu fliehen und dort zu überleben. Diese Gruppe lebt heute im Qualla Reservat in North Carolina.

Sie las den Teil erneut, um sicher zu gehen, dass sie sich auch nicht verlesen hatte. Überrascht lachend drehte sie sich auf den Rücken und sah zur Decke hoch.
Indianer hatten es geschafft zu fliehen. Und diese Indianer lebten noch immer dort.
Ein Funken Hoffnung glomm in ihr auf. Wenn sie schon im Vorhinein niemanden warnen konnte, dann konnte sie wenigstens versuchen später mit Einigen in die Berge zu fliehen. Das musste sie unbedingt Jenny erzählen. Wobei, halt! Jennifer würde kein Wort verstehen, wenn Majara sie gleich überfallen würde. Klüger wäre es erst einmal wieder ihre Gedanken zu ordnen, aber dafür war sie viel zu aufgekratzt. Sie nahm ihr Handy um herauszufinden, wo genau die Indianer in die Berge hatten fliehen können. Dann viel ihr ein, dass sie auf der Reise ohnehin nicht wissen würde, wo sie sich gerade befand und legte es wieder weg.

Es klopfte. Majara sah auf.

"Ja?", rief sie. Jennifer kam vorsichtig herein. Ihre Haare waren leicht gewellt. Sie war anscheinend noch einmal nach Hause gelaufen und hatte geduscht. Sie setzte sich zu Majara aufs Bett.

"Wie geht es dir?"

"Gut."

"Schön."

Jetzt war der Punkt für Majara gekommen, ihre Geschichte zu erzählen, nur wusste sie plötzlich nicht mehr, wo sie anfangen sollte.

"Du hattest heute Zeit mich in der Bibliothek zu besuchen. Hattet ihr kein Training?", fragte sie um Zeit zu gewinnen.

"Doch, aber wir haben früher Schluss gemacht." In Jennifers Augen war keine Neugier zu sehen. Nur Gelassenheit. Majara wusste, sie würde sie nicht drängen.

"Ist meine Mum im Haus im Haus?"
Majara hatte keine Lust darauf, dass ihre Mutter plötzlich hereinplatzte.

"Sie ist Einkaufen, glaube ich."
Majara nickte.

"Also gut. Du weißt schon, dass ich dir etwas erzählen möchte. Du bist die Erste, die es erfährt und darfst auch niemandem weitererzählen. Niemandem." Sie wartete gar nicht Jennys Antwort ab. Sie wusste keinem Menschen in den letzten drei Jahrhunderten war so gut zu vertrauen, wie ihr.

Der Schrei der EuleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt