Majara wachte mit verklebten Augen auf und musste sich als aller erstes den Schlaf aus den Augen reiben. Sie befand sich -nicht in einer anderen Welt, nein, dass ging ja nun nicht mehr. Der Wind peitschte durch jegliche Ritzen des Hauses, die sich ihm boten. Majara fror, doch die schlimmste Kälte war die in ihrem Herzen. Mit dem erwachen packtem sie die Erinnerungen eben so eiskalt wie der Morgenwind. Sie hatte eine Mutter verloren, eine ganze Familie. Die beste Freundin der Welt, ganz egal, in welcher Zeit. Ein ganzes Leben war. Alles war einfach fort. Für immer. Was würde sie nicht dafür geben ihre High school wieder zu sehen. Einfach nur um zu begreifen, dass dort das Leben in den Fensterlosen Räumen, in denen man sich erst abmelden musste um auch nur zu Toilette, einfach weiter lief, als wäre nie etwas geschehen. Als wäre sie niemals fort gewesen.
Von ihren Eltern Louanne und Joe hatte sie sich so gut wie es ging verabschiedet. Das war nicht besonders einfach gewesen, da die beiden nicht gewusst hatten, dass es sich um einen Abschied handelt. Majara war bis dahin noch nie so bewusst gewesen, wie selbstverständlich es ist, dass immer zwei wissende Seiten dabei sind. Bei einen Streit wie auch bei einem Abschied. Sie hatte ihre Eltern überredet gemeinsam als Familie Essen zu gehen. Nur zu dritt und bis sie auf ihren Großvater zu sprechen gekommen waren, war es ein wunderschöner Abend gewesen.
Sie hatte jedem Menschen, der ihr 2017 etwas bedeutete einen Brief hinterlassen. Sogar der Buchhändlerin hatte sie ein paar Zeilen in das Regal mit den Sachbüchern gelegt. Jedes einzelne Wort hatte sie sorgsam bedacht. Jennifer versicherte sie, dass sie ihr das Leben gerettet hatte, indem sie ihr half; ihrer Mum schrieb sie, wie sehr sie sie liebte und wie sehr sie all die Zuneigung zu schätzen gewusst hatte, selbst wenn sie dies nicht immer ganz offen gezeigt hatte. Majara hatte darüber nachgedacht, wie viel sie ihreren Eltern erzählen konnte. Die ganze Wahrheit kam nicht in Frage, die würden sie ohnehin nicht glauben. Also schrieb sie nur so viel:
Ich habe es euch nie erzählt, aber die Träume, die ich als kleines Kind hatte haben nie aufgehört. Seit ich denken kann, träume ich, während meines Dornröschenschlafes von von einer anderen Welt. Ich weiß, was ihr jetzt denkt. Ich hätte es den Ärzten erzählen sollen. Aber die Wahrheit ist: Es war für mich nie eine Krankheit. Für mich war es mein Leben.
Sie schrieb noch, dass sie in letzter Zeit gespürt hatte, dass etwas anders war. Etwas, woran kein Arzt der Welt etwas ändern konnte. Sie wurde müde. So müde, dass sie bald nicht wieder aufwachen würde. Sie hätte es anders formulieren können, so, dass es der Wahrheit näher kam. Aber wie oft wir uns auch sagen, es stimmt nicht, wir wollen die Wahrheit nicht hören.
Am längsten hatte Majara für den Brief an ihren Vater gebraucht. Sie konnte sich noch an jedes einzelne Wort erinnern.
Lieber Joe Hummingbird,
Lieber Dad,
ich liebe dich. Du warst oft nicht da, wenn ich nach Hause gekommen bin; oft nicht da, wenn ich deine Hilfe gebraucht habe, aber ich liebe dich. Und mach dir keine Sorgen. Du hast mal wieder eine wundervolle Frau, die für mich da war, wenn du mal wieder keine Zeit hattest. Dass soll keine Kritik sein und ich bin dir auch nicht böse. Ich weiß, du und dein Job. Ich will bloß darauf Aufmerksam machen, wie viel wir versäumt haben. Ein Vater und sein Kind, die aneinander vorbei leben. Kommt dir das irgendwie bekannt vor? Für uns ist es vielleicht zu spät, aber ich kenne einen Vater, der sich sehr freuen würde sie Stimme seines Sohnes einmal wieder zu hören. Er hat Fehler gemacht, wie wir alle, aber er bereut sie und ist bereit sie wieder gut zu machen. Denk darüber nach und nimm Mum bitte für mich in den Arm, ihr werdet euch in nächster Zeit brauchen.
In Liebe
Majara
Sie hatte Anuks Nummer mit in den Umschlag gelegt. Ob ihr Vater ihre Bitte tatsächlich annahm, würde sie nie erfahren.
Der Tag wurde ein gewöhnlicher. Majara stand auf, machte Essen, pflegte mit ihrer Mutter Felle, machte wieder Essen und legte sich schlafen. Das letzte, was sie hörte bevor sie einschlief war der Schrei eines Vogels. Einer Eule.
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Mehr Absätze oder geht so?LG. R
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Der Schrei der Eule
Fantasi1838-Der Trail of tears steht kurz bevor. Die Weißen zwingen die Indianer ihre Heimat zu verlassen und in den Südosten der USA auszuwandern. 2017-Die Nachfahren der Indianer leben in einem Reservat im heutigen Oklahoma. Ansonsten scheint die ganze W...