Kapitel 1

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Julia stand gemeinsam mit ihrer besten Freundin Katja an der Theke der Disko „Mallorca“ und trank eine Pina Colada. 

„Ein Glück, dass die hier jetzt auch Cocktails anbieten, immer nur diese bittere Wodka Lemon, das war auf die Dauer wirklich  nichts mehr, da macht nicht einmal mehr das Trinken Spass,“ sagte Katja neben ihr und kicherte. Sie trank bereits ihre vierte Pina Colada und empfand mittlerweile alles nur noch als komisch.

„Ist dir eigentlich schon einmal aufgefallen, dass die Männer mit jedem Schluck von dieser Köstlichkeit hier schöner werden? Selbst der alte Kerl, der die Klos sauber macht, sieht auf einmal aus wie Brad Pitt!“, meinte Katja nun und prostete einem wildfremden blonden jungen Mann zu, der ihr einen anzüglichen Blick zuwarf.

„Vielleicht solltest du nicht ganz so viel trinken,“, sagte Julia, doch Katja lachte nur. „Gönn mir doch auch einmal etwas! Das ist doch lecker!“

Sie drehte sich um, als der junge Mann, dem sie zugewunken hatte, an sie herantrat. 

„Willst du tanzen?“, fragte er sie laut, um die Musik zu übertönen. „Ja,“ brüllte sie ihm ins Ohr und er zog die zwanzigjährige junge Frau hinter sich her auf die Tanzfläche.

Julia sah ihnen ein wenig säuerlich dabei zu. Sie wusste schon, wie der Abend weiter gehen würde. Höchstwahrscheinlich würde Katja in spätestens einer Viertelstunde knutschend mit dem Kerl in einer Ecke stehen, sich dann flüchtig von ihr verabschieden und mit ihm verschwinden.

„Spätestens heute Nachmittag ruft sie mich dann an und sagt mir, dass sie sich in ihren One-Night-Stand unsterblich verliebt hat und dass sie ihn unbedingt wiedersehen will. Ungefähr eine Woche wird sie ihm hinterher schmachten und mir damit in den Ohren liegen, dass er sich nicht meldet. Nächste Woche wiederholt sich das Ganze dann mit dem Nächsten.“

Julia erhob sich und ging zu Britta und Dennis, einem befreundeten Pärchen, mit dem sie sich oft zu Diskobesuchen trafen. 

Die Beiden saßen an einem Tisch und schauten sich verliebt in die Augen. „Wenn ich mich verlieben würde, dann wüsste ich einen besseren Platz für ein Treffen als eine verqualmte Disko mit dröhnender Musik und Leuten, die mich andauernd anrempeln,“ dachte Julia.

„Ich fahre jetzt nach Hause!“, schrie Julia in Brittas Ohr. 

„Wie bitte?“, schrie diese zurück. 

Der DJ hatte die Musik noch ein wenig lauter aufgedreht.

„Ich fahre jetzt nach Hause!“, brüllte Julia noch einmal und dieses Mal schien Britta sie verstanden zu haben, denn sie nickte und erhob sich.

Mit Dennis an der Hand folgte sie Julia nach draußen vor die Tür. Tief atmete diese die kühle Nachtluft ein. 

„Wie spät ist es eigentlich?“, fragte Britta.

„Kurz vor drei, denke ich!“, antwortete Dennis. 

„Ist einer von euch noch nüchtern?“, fragte er dann und sah die beiden Mädchen an.

„Ich nicht mehr, du hast mich doch mit Bier abgefüllt,“ kicherte Britta und schmiegte sich an ihren Freund an. 

„Ich auch nicht mehr, ich habe zwei Pina Coladas getrunken. Ich glaube zwar, dass ich noch fahren kann, aber das lasse ich mal besser. Das letzte Mal habe ich bei so einer Aktion die Mülleimer vor unserem Haus umgefahren und mein Vater hat mich zur Sau gemacht!“, sagte Julia.

Die beiden Mädchen sahen Dennis an. „Keine Chance, sieben Bier sind ein wenig zu viel! Also gibt es nur eine Möglichkeit!“

„Taxi!“, riefen die beiden Mädchen im Chor und kicherten. 

Lachend machten sie sich auf den Weg zum Taxistand.

„Was ist eigentlich mit Katja?“, fragte Britta nach einigen Schritten.

„Die kommt schon zurecht, sie hat jemanden kennen gelernt!“, antwortete Julia.

„Schon wieder?“, fragte Britta und verdrehte die Augen.

Sie näherten sich der Kirche, die in der Nähe der Disko stand. Unheimlich ragte der Kirchturm in den Himmel. Glücklicherweise wurde das Gebäude nachts angestrahlt, so dass sie nicht in völliger Dunkelheit vorbei gehen mussten.

„Lass uns ein wenig schneller gehen, da steht doch dieses unheimliche Ding über der Türe,“ bat Julia und zog Britta schnell mit sich mit. 

Dort an dieser Stelle ging sie vor allem bei Dunkelheit nie gerne vorbei. Diese Statue hatte ihr schon in Kindertagen Angst gemacht und sie hatte, wenn sie früher mit der Schule Gottesdienste in der Kirche besuchen musste, stets einen Nebeneingang benutzt, genau so wie Britta und Katja. Mit den beiden gleichaltrigen Mädchen war sie damals bereits eng befreundet gewesen und in eine Klasse auf der Realschule gegangen.

Britta drückte ihre Hand und eilte gemeinsam mit Julia an der Statue vorbei, sie warfen nicht einen Blick auf die unheimliche Figur. Doch dann hörten sie Dennis lachen.

„Was habt ihr nur immer alle mit diesem komischen Ding, ihr seid doch keine Babys mehr!“, lachte er und nahm aus einem der Blumenkübel, die vor der Kirche aufgestellt und mit Stiefmütterchen bepflanzt worden waren, eine Handvoll Erde. Diese drückte er zu einem Klumpen zusammen.

„Jetzt passt mal auf, Mädels!“, sagte er und warf den Dreck auf die Statue, die er jedoch knapp verfehlte.

„Dennis, lass das!“, bat Britta ihn flehentlich und zog an seinem Arm.

„So ein Quatsch, beim nächsten Mal treffe ich,“ sagte ihr Freund und schüttelte sie ab. Er griff sich einen neuen Dreckklumpen, zielte erneut und traf die Statue dieses Mal genau im Gesicht.

„Siehst du, du blödes Teil, mit dir werde ich locker fertig!“, sagte Dennis zu der Statue und zeigte ihr den Stinkefinger.

„Es reicht jetzt!“, sagte Julia. Sie und Britta packten jeweils einen Arm von Dennis und zogen ihn hinter sich her in Richtung des Taxistandes, der sich in der nächsten Straße befand.

Julia warf einen unwillkürlichen Blick zurück über ihre Schulter und erstarrte. Leuchteten die Augen der Statue nicht rot? Hatte sie nicht einen Arm bewegt? Doch dies konnte nicht sein, sicherlich spielte ihr ihre Fantasie einen Streich.

Etwa eine Stunde später verließ auch Katja mit ihrer neuesten Eroberung, Basti, die Disko und torkelte mehr als dass sie ging mit ihm zum Taxistand.

„Ist ja voll dunkel hier!“, lallte Basti und sah auf die Kirche. 

„Wieso, das Licht ist doch an!“, antwortete Katja und gab Basti einen Kuss auf die Wange. 

„Aber da vorne, da ist es voll unheimlich! Da mag ich nicht lang gehen, da spukt es!“, sagte Basti und prustete los.

Gemeinsam gingen sie weiter, Katjas Blick fiel auf die Statue, vor der es ihr in ihrer Kindheit genauso gegraut hatte wie ihren beiden Freundinnen.

Doch dann erstarrte sie. „Basti!“, kreischte sie und griff nach seinem Arm. Auf einmal war sie schlagartig nüchtern.

„Wasnlos?“, nuschelte Basti.

„Die Statue! Sie ist weg!“ schrie Katja. 

Basti sah sie nur verständnislos an. „Hä?“ fragte er.

„Bitte lass uns schnell verschwinden!“ flehte sie ihren neuen Freund an und wollte ihn hinter sich herziehen, doch dann machte Basti einen falschen Schritt und er stolperte über einen der mit Stiefmütterchen bepflanzten Blumenkübel und stieß sich den Kopf an. 

Mit einem kurzen Aufschrei, der eher verwirrt denn schmerzverzerrt wirkte, brach er zusammen und blieb reglos liegen.

„Basti! Steh bitte auf!“, flehte Katja ihn an und wollte ihn hochziehen, doch in diesem Augenblick wurde sie an der Schulter gepackt und herum gerissen.

Katja bot sich ein Bild des Grauens....

Sie schrie und wollte davon laufen, vergessen war ihr neuer Freund.

Doch sie kam nicht weit....

Geheimnis der alten StatueWo Geschichten leben. Entdecke jetzt