Anika Darlene

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Ich führte Jelly vorsichtig und leise aus der Box und streichelte sie beruhigend. Tränen brannten in meinen Augen, als ich ihren vertrauten Duft nach Heu und Stroh einatmete.

Jelly war ein dunkelbraunes Shetland-Pony und ich kannte sie schon seit vier Jahren, seit ihrer Geburt. Ihre Mutter hatte dem Reitverein gehört, aber als sie gesehen hatten, wie gut Jelly und ich miteinander auskamen, hatten sie Dad ein Sonderangebot gemacht und er hatte angenommen. Ich war ihm nie für etwas dankbarer gewesen.

Aber jetzt ... Dad hatte nicht mehr genug Geld um Jelly zu versorgen. Er wollte sie verkaufen. Das würde ich nicht zulassen.

"Komm, Süße", flüsterte ich und befreite den Saum meines T-Shirts aus ihrem Maul. Sie folgte mir bereitwillig durch den Hinterausgang aus dem Stall.

Als ich am Wegrand angekommen war, stieg ich auf ihren glatten Rücken. Ohne Sattel zu reiten war für mich noch nie ein Problem gewesen, ich hatte es so gelernt. Und Jellys Rücken war breit und angenehm zu sitzen.

Ich beugte mich vor und flüsterte "Los" in ihr Ohr. Ihr Kopf schnappte nach oben und sie preschte los. Ich lachte und sie wieherte herausfordernd. Sie liebte es einfach zu rennen.

Die Welt verschwamm zu einem einzigen Wirbel aus grünen Blättern, blauem Himmel und gelben Feldern. Mein Blick heftete sich geradeaus, auf den Baumstamm, den ich vor vier Monaten dort hin gelegt hatte, um zu üben. Wir kamen immer näher. Jelly fixierte das Hindernis. Ich spannte meinen Körper als Zeichen an und sie war bereit. Sie sprang und wir flogen hinüber.

Jelly galoppierte weiter, aber ich schlang meine Arme um ihren Hals und schluchzte in ihre dunkle Mähne. Das war es, was mir das Leben rettete, denn Jelly blieb so ruckartig stehen und sah gespannt auf den Weg um die Ecke, dass ich ohne Sattel über sie hinweg geflogen wäre.

Ich runzelte die Stirn und trieb sie wieder an. Das war noch nie passiert. Aber sie bewegte sich nicht. Ich stieg ab und zog sie weiter. Sie bewegte sich keinen Zentimeter. Hatte ich erwähnt, dass sie sehr stur war? Ich blieb also seufzend am Wegrand sitzen und wartete - worauf auch immer.

Um die Ecke bog ein junges Ehepaar. Sie waren höchstens Anfang zwanzig und gingen Hand in Hand und lächelten sich an. Der Mann sah gut aus, wie ein Frauenschwarm, aber wenn man bedachte, dass er rund zehn Jahre älter als ich war, war ich relativ immun. Er hatte schwarze, zerzauste Haare und eine erstaunliche Nuance Meergrün als Augenfarbe. Seine Frau war auch ziemlich schön. Sie hatte lange, blonde Locken, so ähnlich wie ich, und graue Augen. Ihr Gesicht kam mir vage bekannt vor, aber ich konnte den Gedanken nicht fassen.

Ich wollte sie eigentlich nicht stören, aber Jelly suchte sich diesen Moment aus, um auf sich aufmerksam zu machen. Sie drehten sich überrascht um und die Frau stupste ihren Mann dann grinsend auf mich zu.

"Hey", sagte er und lächelte mich an. "Darf ich sie mal streicheln?"

Sie gehört eh nicht mehr lang mir, dachte ich und nickte. Der Mann streckte die Hand aus, um mein Pony zu streicheln, aber sie schüttelte beinahe den Kopf und ging mit den Vorderbeinen in die Knie - fast, als wolle sie sich verbeugen.

Die Frau, die jetzt neben mir stand, prustete vor Lachen los, als sie das Gesicht ihres Männer sah. Er sah ein wenig verdrossen drein.

"Wie haben Sie das gemacht?", fragte ich und sprang auf. "Ich versuche jetzt schon seit einem halben Jahr, ihr das beizubringen."

Jelly schnaubte neben mir und stand wieder aufrecht.

"Sie sagt, dass du es nicht richtig gemacht hast", sagte der Mann und ich runzelte die Stirn. "Deine Vorführungen haben zwar lustig ausgesehen, aber es hat sie nur noch mehr verwirrt."

Percabeth One-ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt