Ankunft
Ein aufdringliches Summen reißt Mil unsanft aus ihren Träumen. Sie blinzelt in das grellweiße Licht der Deckenbeleuchtung und versucht erfolglos, sich zu orientieren. Ein pochender Kopfschmerz hindert sie daran, irgendeinen klaren Gedanken zu fassen. Wenn nur endlich das verdammte Summen aufhören würde!
«Milena? Bist du wach?»
Sie reibt sich mit der Hand die Augen und streicht sich eine Strähne ihres schweißverklebten Haars aus dem Gesicht. Drays stets heisere Stimme ist nicht viel besser als das nervtötende Summen. Und dass die Pilotin darauf besteht, sie nach all der gemeinsamen Zeit immer noch mit ihrem vollen Namen anzusprechen, lässt sie auf Mils persönlicher Beliebtheitsskala noch etwas unter den summenden Alarmton sinken. Dray mag eine der besten Shuttlepilotinnen im Raumprogramm sein. Mils beste Freundin ist sie sicher nicht. Trotzdem müssen die beiden miteinander auskommen.
Mit einem Stöhnen löst Mil das Sicherheitsnetz und richtet sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf, um endlich den dissonanten Summton zu unterbrechen.
«Okay, du bist also wach.»
Drays Stimme klingt jetzt nicht nur heiser, sondern auch spöttisch. Mil findet die Kombination äußerst unattraktiv. Außerdem stört es sie, dass Dray völlig munter wirkt und bereits keine sichtbaren Zeichen des Transferschlafs mehr zeigt. Carlos nennt die Beziehung der beiden Frauen einen ‹Zickenkrieg›. Mil hat keine Ahnung, wo der Triebwerkstechniker immer all diese archaischen Wörter hernimmt. Aber sie muss zugeben, dass seine Beschreibungen meistens genauso phantasievoll wie auch treffend sind.
Mil presst ihre Handfläche einige Sekunden lang auf eine orange blinkende Scanplatte. Das Blinken wird langsamer und wechselt die Farbe zu blau. Ihre Körperwerte sind normal. Sie bestätigt die Lesung und wirft Dray einen auffordernden Blick zu, aber diese zuckt nur desinteressiert die Schultern.
Mil ist als Biologin die einzige, die auf dem Schiff als medizinisch ausgebildetes Personal gilt. Sie fühlt sich in dieser Rolle nicht sehr wohl, ihr bevorzugtes Gebiet war schon immer die Botanik. Sie meldete sich für die medizinische Zusatzausbildung vor allem, weil dies ihre Chancen erhöhte, einen Platz im Raumprogramm zu bekommen. Die Verantwortung für die Gesundheit der Crew lastet nun ziemlich schwer auf ihr. Schon deshalb ist Mil nicht bereit, der Pilotin den Scan zu erlassen. Ihre Stimme ist ungewohnt scharf.
«Leg deine Hand auf die Platte, Dray. Ich will wissen ob dein Körper die Medikamente abgebaut hat. Und ich lasse dich sicher nicht aus dem Schiff, solange ich keinen vollständigen Datensatz von dir habe. Du kennst die Vorschrift.»
Dray gehorcht schmollend aber kommentarlos. Sie weiß, dass Mil ihre Drohung umsetzen kann und wird. Koshi wird sie in medizinischen Fragen bedingungslos unterstützen. Das Blinken des Scanners wird langsamer und wechselt die Farbe. Mil ist zufrieden. Nicht dass sie etwas anderes erwartet hätte: Drays Gesundheit scheint unverwüstlich. Sie bestätigt den Scan mit ihrem Med-Code.
«Gut. Nun lass uns nach den Jungs sehen. Außerdem möchte ich wissen, wo wir gelandet sind.»
Dray seufzt übertrieben, sie scheint langsam ungeduldig zu werden.
«Wir sind nirgends gelandet, Milena. Das weißt du so gut wie ich. Den Endanflug werden wir manuell machen müssen. Regel 23, unbekannter Planet, Erstkontakt. Nun komm endlich.»
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Dendro
Science FictionDer Planet scheint wie geschaffen für eine menschliche Besiedlung. Genügend Wasser, eine erdähnliche Atmosphäre und eine üppige Vegetation. Mil macht sich mit Begeisterung an die Erforschung der Biosphäre. Dabei entgeht ihr ein Detail...