Ok, du gehst da jetzt rein. Du schaffst das. Du bist eine Kämpferin. Einmal tief durchatmen und rein gehen.
Langsam und leise drehe ich den Schlüssel zu meiner Haustür um. Ich mach die Tür leise auf und komme langsam herein. Es ist dunkel im Haus. Ich höre dumpfe Geräusche aus dem Wohnzimmer. Das Wohnzimmer ist gerade das einzige Zimmer im Haus in dem Licht brennt. Ich schleiche mich langsam dort hin, denn anscheinend hat keiner bemerkt, dass ich nach Hause gekommen bin. Meine Familie sitzt im Wohnzimmer um den Wohnzimmertisch. Sie haben das Monopoly Streetfighter Edition Brettspiel vor sich liegen.
Vanessa, Liam, Pat und Renal scheinen ziemlich vertieft in das Spiel zu sein. Sie haben anscheinend auch sehr viel Spaß dabei, denn sie sehen glücklich aus. Immer wieder lachen sie sich gegenseitig aus oder rufen sich neckend Sachen zu.
Ich weiß jetzt schon, dass ich mich nicht dazu setzen kann, wenn ich die Stimmung nicht bedrücken will. Denn das würde passieren, wenn ich dazu kommen würde. Das wäre für niemanden hier gut.
Ich schaue ihnen lieber einfach nur still in der Ecke zu, ohne mich bemerkbar zu machen. Auch wenn ich mir wünschen würde das ich mich auch einfach dazu setzen könnte. Aber das geht nicht, denn Liam wird dann schlagartig wieder schlechte Laune bekommen. So wie er mich heute angesehen hat
- sein Blick - so als hätte ich etwas unverzeihliches getan.Wenn ich doch nur die Chance bekäme es ihm zu erklären. Wenn er mir doch bloß mal zuhören könnte.
Gedankenverloren starre ich sie alle an. Und ungewollt kommen mir die Tränen. Ich bemerke die Tränen erst gar nicht. Aber irgendwann merke ich, dass meine gesamte Wange von Flüssigkeit überströmt ist.
Ich wische mir einmal über die Wange und drehe mich um. Ich muss in mein Zimmer.
In meinem Zimmer schließe ich die Zimmertür ab. Dann hocke ich mich hinter der Tür auf den Boden und ziehe meine Beine an. Denn in dieser Position kann ich am besten alle meine Tränen die ich in mir habe loswerden.
Es ist die Position meiner dunkelsten Phasen. Der Phasen, in denen ich Schwäche zeige. Innere Schwäche. Mir ist klar, dass ich am heutigen Tag echt viele Tränen vergossen habe.
Es ist hart. Ich tue immer so als lässt mich das ganze ziemlich kalt. Aber das tut es nicht. In Wahrheit bin ich ziemlich verletzt. Es verletzt mich, dass mich die Familie von Lisa immer so mit offenen Armen empfängt, meine eigene Familie aber nicht viel für mich übrig hat. Sie behandeln mich manchmal wie eine Fremde. Die kleinsten Sachen sind dann unverzeihlich. Probleme werden totgeschwiegen und nicht geklärt. Emotionen werden entweder nicht gezeigt oder sind gänzlich nicht vorhanden. Ich weiß nicht genau warum. Aber ich weiß, dass es mich stört, dass meine Eltern so unnahbar sind. Auch wenn ich das meistens mir selber gegenüber verleugne. Aber es stört mich.
Mich stört auch, dass die Zwillinge obwohl sie genau so wie ich aufwachsen, ein besseres Verhältnis zu unseren Eltern haben, als ich es jemals haben werde.
Ich weiß ich sollte so etwas nicht sagen. Vielleicht reagiere ich auch über. Aber der Umgang meiner Eltern mit mir versetzt mir manchmal echt Stiche in mein Herz. Und dann kann ich nicht anders als zu heulen. Als wie ein Baby zu heulen und mir alle meine negativen und schlechten Gedanken wieder in Erinnerung zu rufen. Mir alle verdrängten und aufgestauten Gefühle herauszulassen und sie mir einzugestehen .
An normalen Tagen, also wenn ich nicht so sentimental bin, verteidige ich meine Familie immer innerlich. Ich verteidige sie auch immer wenn Lisa mich auf sie anspricht. Und wenn andere mich auf sie ansprechen blocke ich immer total ab.
Innerlich weiß ich genau warum ich das tue. Ich will es nicht wahrhaben. Es ist mir peinlich, dass mein Verhältnis zur Familie so gestört ist, obwohl wir von außen eigentlich ganz harmonisch wirken.
Ich bin verletzt aber ich weiß, ich kann meine Eltern nicht dazu Zwingen mich zu lieben. Das müssten sie von alleine tun. Aber wenn sie es nicht tun, tja dann kann ich nichts dagegen machen. Ich kann ihnen nicht einmal etwas vorwerfen. Denn ihre elterlichen Pflichten erfüllen sie ja, zum Beispiel was das ganze Hab und Gut angeht was ich bekomme. Mit Kampfstunden, Taschengeld. Einfach alles ist in der Hinsicht Vorbildlich. Sie geben sich auch Mühe in der Erziehung, so viele Stunden wie sie darin investiert haben, mir und den Zwillingen die gute alte und ziemlich bewährte Disziplin beizubringen.
Liam und Vanessa können ja auch nichts dafür wenn dann das richtige Gefühl für micb nicht da ist. Sie sind ja auch nur Menschen.
Menschen für die alltäglich normale Dinge wie zum Beispiel Mutterliebe völlig suspekt ist.
Ich weiß das alles. Und genau deswegen habe ich mich auch nie bei den beiden beschwert. Sie können ja schließlich auch nichts dafür. Auch wenn sie mir so etwas nie sagen würden. In meinem tiefsten Inneren spüre ich das. Und deswegen weiß ich es.
Am nächsten Tag wache ich total ausgelaugt, wie immer um 6.00 morgens auf. Den Millitär-Wecker hätte ich dabei fast gegen die Wand geworfen, so sehr hat er mich heute gereizt.
Und weil ich heute total Kraftlos aufwache, verzichte ich so ungewöhnlich das auch für mich ist, auf mein morgendliches Disziplin Training. Stattdessen drehe ich mich einfach auf die andere Seite um und schlafe weiter.
Und dieses Gefühl, dass ich einfach mal auf meine Routine pfeife, hilft mir mich gut zu fühlen. Heute darf ich das, denn ich fühle mich irgendwie besonders schlapp. Kein Wunder bei den ganzen Emotionen die ich gestern ausgelassen habe.
In den letzten fünf Jahren habe ich kein einziges Mal meine morgendliche Trainingsstunde ausfallen lassen. Aber heute will ich das Ganze nicht, weil einfach alles Scheiße ist.
Als ich mich dann irgendwann gegen 9.00 aus dem Bett quäle und nach unten gehe, um zum Kühlschrank zu gehen, kommt mir wie nicht anders zu erwarten auch schon Vanessa entgegen.
„Mann du lässt dich aber gehen. Du siehst grauenvoll aus. Total verkommen", ist das erste was sie mir entgegen bringt.
Sie fährt fort: „Du hast das Frühstück verschlafen meine liebe und ich mag es gar nicht wenn ihr an meinen Kühlschrank geht. Ihr bringt mir da immer die ganze Ordnung durcheinander"
„Jaja ich weiß, ich werde vorsichtig sein und nichts durcheinander bringen.", sage ich mit einem leicht beleidigten Unterton.
„Nicht frech werden Freundchen.", sie zieht eine Augenbraue hoch. Ich ignoriere das und nehme mir die nötigen Sachen um mir ein Käsebrot zu schmieren.
Ich nehme mir auch den O-Saft und stelle ihn auf die Ablage ab. Nachdem ich mir ein Glas eingeschenkt habe, will ich von meinem Brot abbeißen, aber wieder meckert sie mich an und macht mir somit einen Strich durch die Rechnung.
„Nein!!! Der O-Saft ist noch offen!! Gleich kippst du den noch - auf deine tollpatschige Art und Weise- um und dann ist der Boden voll. Also schließe jetzt bitte den O-Saft und setze dich bitte zum Essen an den Tisch. Das ist ja kaum auszuhalten.", sie verdreht verbissen ihre Augen und verschwindet dann endlich aus der Küche.
„Das ist ja kaum auszuhalten", widerhole ich ihre Worte in meinen Gedanken,
Wenn sie wüsste wie sehr sie für mich auszuhalten ist. Nämlich kein bisschen. Trotzdem mache ich was sie sagt, ohne ihr Wiederworte zu geben. Denn das würde die Situation nur noch verschlimmern und ich will ja heute noch lebend aus der Küche raus kommen.Beim Essen checke ich noch schnell mein Handy. Gestern hab ich Lisa noch eine kurze SMS geschrieben das es mit dem Gespräch noch nicht geklappt hat und das ich ihr alles morgen erklären werde. Sie hat einfach nur ok geschrieben, was so viel heißt wie: Komm zu mir dann reden wir darüber.
Also mache ich mich nachdem ich aufgegessen habe auf den Weg zu Lisa um ihr meinen erneuten bescheuerten Gefühlsausbruch von gestern zu schildern.
Bei Lisa angekommen und nachdem ich ihr alles geschildert habe, sind wir zu dem Entschluss gekommen das Beste aus der Situation zu machen. Lisa hat versprochen, dass sie mir künftig keinen Druck mehr machen wird irgendetwas auf die schnelle zu klären. Das finde ich gut. Ich mag es nicht unter Druck gesetzt zu werden.
Wir haben uns vorgenommen uns die nächten Tage zu erholen und uns eine schöne Zeit zu machen, ehe wir anfangen uns Jobs zu suchen. Zumindest eine Woche soll uns vergönnt bleiben. Aber so wie wir uns das vorgestellt haben ist es nicht gekommen, denn etwas Unvorhergesehenes machte uns da einen gehörigen Strich durch die Rechnung.
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doomed fighter- zum Scheitern verurteilt
Teen FictionSylvia ist Mitte 18. Auch wenn sie rund um die Uhr mit der Familie zusammen war, fühlte sie sich alleine. Bei diesen scheint doch etwas anderes im Vordergrund zu stehen als das Glück der Tochter. Sogar als Sylvia beim harten Kickboxtraining ern...