Aufmunterung

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Auf einmal steht Liam in der Tür. Ich frage mich, wie das ganze für ihn ausgesehen haben muss. Wie lange stand er schon da und was hat er alles mitbekommen? Irgendwie sieht er ziemlich verbittert aus, was ihm nicht zu verübeln ist. Ich kann es einfach nicht fassen. Da ist er den gesamten Tag über nicht da und wenn er dann auftaucht, dann natürlich zu einem Zeitpunkt, der nicht noch falscher hätte sein können. Was bitte soll denn heute noch alles schief laufen?

Obwohl ich mich in dem Moment von Liam überrumpelt fühle - er ist schließlich im falschen Moment aufgetaucht - bin ich erleichtert ihn zu sehen. Sofort verdränge ich die missverständliche Situation und will auf ihn zugehen um ihn in den Arm nehmen zu können. Die Angst, dass ihm etwas hätte zustoßen können , hat mich innerlich zu sehr erschüttert.

Ich löse mich also von Sascha - dieser Idiot wird später von mir zu hören bekommen- und eile auf meinen Vater zu. Er aber sieht nicht erfreut aus. Er sieht nicht danach aus meine Umarmung in Empfang nehmen zu wollen. Sein Blick ist kalt.

Sicher ist er wütend wegen dem Anblick, der sich ihm gerade bot. Aber dafür kann ich eigentlich nichts. Wie kann ich ihm das bloß plausibel erklären? Hoffentlich gibt er mir die Chance dazu. Auch wenn ich selbst nicht so richtig Bescheid weiß, wie ich das ganze erklären will.

Er schaut mich mit zusammengekniffenen Augen an. Seine kühle Art jagt mir einen Schauer über den Rücken. Offenbar wartet er auf eine Erklärung. Und die will ich ihm liebend gerne geben. Wenn ich selber mal eine hätte. Ich kann nicht nachdenken. Vor allem nicht unter Fixierung eines so kalten Blickes, der mir einen Schauer über den Rücken jagt.

Doch je länger ich warte, desto verschlossener wird er. Wenn es schon an normalen Tagen schwierig ist zu Liam durchzudringen, dann kann ich das jetzt in diesem Moment wohl vollkommen vergessen. Das weiß ich. Ganz egal wie gut meine Ausrede wäre, es würde wahrscheinlich nichts bringen. Nicht das ich eine hätte, aber Liam scheint sein Urteil über mich gefällt zu haben. Wahrscheinlich durchschaut er die Situation wieder einmal schneller als ich. Wahrscheinlich ist er zu Recht sauer auf mich.

Er ist bereits so verschlossen das es schmerzt.

Langsam kann ich meine Tränen nicht mehr unterdrücken. Sie kullern einfach meine Wange herunter. Diese verdammte bittere Flüssigkeit die sich immer dann in meinen Augen bildet, wenn ich sie am wenigsten gebrauchen kann. Ich hasse es. Ich hasse es so sehr zu weinen. Diese Form von Schwäche benebelt mir nur den Verstand und dann bin ich nicht mehr in der Lage, die Situation korrekt zu erfassen. Aber jetzt ist da auch nichts mehr zu erfassen für mich. Alles ist vollkommen egal, denn ich verstehe ohne hin gar nichts mehr. Ich brauche gar nicht erst gegen die Tränen anzukämpfen.

Liams Blick sucht Saschas auf. Verbittert wechselt sein Blick zwischen mir und Sascha hin und her. Ich halte diesen Blickkontakt nicht weiter aus. Ich möchte so schnell wie möglich zum Ausgang stürmen. Heraus aus diesem Raum und heraus aus diesem Schlamassel. Trotzdem halte ich noch kurz inne um mich noch ein letztes Mal zu Sascha umzudrehen. Dieser steht aufgelöst im Ring und klammert sich hilflos an den Seilen fest. Obwohl er mich in diesen ganzen Schlamassel erst hineingebracht hat, tut es mir irgendwie Leid ihn so zu sehen.

Ein letztes Mal schaue ich in seine hoffnungslosen Augen und mit einem Mal wird mir klar, dass ich sie zum letzten Mal zu Gesicht bekommen werde. Ich und Sascha werden die Sache nicht mehr klären können. Ich werde ihn nie wieder sehen. Vielleicht ist das auch gut so. Dieser Idiot.

Endlich tragen meine Beine mich aus dem Raum. Ich laufe in die Umkleide und setze mich dort auf den Boden um meinen Tränen freien Lauf zu lassen. Alles Mögliche schwirrt mir durch den Kopf. Saschas hilfloser Blick, der Kuss, Liam. Was ist gerade nur passiert?

Nach einer gefühlten Ewigkeit und mit dem Gefühl die gesamte Flüssigkeit in mir ausgeheult zu haben, verlasse ich die Umkleiden und gehe nach draußen. Erleichtert atme ich die frische Luft ein. Der Wind kühlt mein durchnässtes, klebriges und viel zu heißes Gesicht. Es tut ziemlich gut diese kühle Brise auf der verquollenen Haut zu spüren. Ich bleibe einen kurzen Augenblick um tief durchzuatmen, doch dieses wunderbare Gefühl wird sofort zerstört, denn plötzlich machen sich die Zwillinge hinter mir bemerkbar.

Links und rechts am Eingang angelehnt mustern sie mich.

"Na endlich!! da bist du ja!" Die beiden nähern sich mir, wollen mich anfassen. Ich weiche zurück. „Hast du geheult? Was ist denn da drin passiert? Habt ihr so lange geredet? Was ist mit Liam ? Er ist noch drinnen oder? Wir haben ihn gerade rein kommen sehen. Hast du etwas herausfinden können?"

Der Wortschwall der beiden wird mir im Moment eindeutig zu viel. Die Fragen steigen nur langsam von meinem Gehör in meinen Kopf und verpuffen dort. Sie ergeben dort nicht einmal einen Sinn. Gerade hat nichts einen Sinn.

Ich muss hier weg. Ich brauche Lisa. Einzig und allein sie, weiß was jetzt zu tun ist. Sie ist die einzige, der ich mich jetzt anvertrauen möchte und kann. Ohne sie werde ich kein Wort verlieren.

 Ich habe das Recht zu Schweigen bis ich alles mit ihr besprochen habe. So wie mit einem Anwalt. Lisa ist mein Anwalt  und mein argumentativer  Bodyguard.

 Ich atme ein letztes Mal tief durch und renne dann so schnell ich kann zu den Fahrradständern. Die Zwillinge lasse ich einfach verdutzt stehen. Ich schwinge mich auf mein Fahrrad und mache mich rasend auf den Weg zu meinem persönlichem Bodyguard..

Bei Lisa angekommen,kauere ich mich erst mal in eine Ecke des Zimmers auf den Boden und bekomme gleich wieder einen Heulkrampf. Waren  meine Tränen nicht eben noch ausgetränt?

Nach zwei Stunden habe ich es endlich geschafft mich einzukriegen und Lisa die ganze Situation so sachlich wie möglich  zu schildern. Naja so sachlich wie es eben geht, wenn man an gewissen Stellen Heulkrämpfe bekommt. Lisa kann sich ihren Teil ja dazu denken, während ich ich die Fakten auf den Tisch hämmere. Nachdem ich endlich fertig bin werde ich lange von Lisa in den Arm genommen. Das tut echt gut. Womit habe ich sie nochmal verdient?

„Warte süße, ich hol uns den schokoladigsten Schokoeis, den du so liebst."

Meine Augen fangen an zu funkeln, Lisa weiß ich kann dem schokoladigen Schokoeis niemals wiederstehen. Ganz egal was passiert. Sie  weiß es einfach.

Dankbar nehme ich die ganze Eiskiste und den Löffel an, als sie  wieder ins Zimmer kommt.

„Und jetzt bevor wir die Situation analysieren, lass uns erst mal alles vergessen und uns ablenken. Und was ist die beste Ablenkung bis zum Abendessen als"

„Mit Mira zu spielen!" beende ich ihren Satz. O mann ich liebe Mira. Mira ist die kleine fünfjährige Schwester von Lisa. Irgendetwas hat diese Kleine an sich. Denn sobald man sie in den Arm nimmt, vergisst man einfach den ganzen Stress um einen herum. Sie hat eine faszinierende Wirkung auf mich.Eigentlich auf alle.

Sekunden später findet sich Mira auch schon in meinem Arm.

„Sylviaaaaa!", die kleine stürmt mit großem Elan und Schwung auf mich zu.

„ Ich wusste gar nicht, dass du da bist, begrüßt sie mich stürmisch und wirft sich regelrecht auf mich. Ich kann gar nicht anders als sie direkt auf die Wange zu küssen. Sie grinst mich mit ihrem entzückenden Lächeln an und automatisch bekomme ich bessere Laune.

Gemeinsam hocken wir zu dritt auf den Boden und Unterhalten uns bis wir zum Abendessen gerufen werden.


Mira besetze ich als Ariana Grande (als sie noch ein Kind war, weil das Bild sooo mega süß ist. <3)

doomed fighter- zum Scheitern verurteiltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt