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• Sun Is Shining - Axwell/\Igrosso •

„Was gibt es heute zu essen?", fragte ich meine Mutter hoffnungsvoll. Wenn sie jetzt wieder 'Chiasamen mit Naturjoghurt und frisches Obst' sagte, dann würde ich mir sofort eine Pizza bestellen.

Das hatte ich die letzten Tage auch schon getan, allerdings erst, als meine Mutter bereits schlief und es nicht mitbekam. Mit ihrem Gesundheits-Jahr, wie sie es nannte, konnte ich mich definitiv nicht anfreunden.

Sie kam vor ein paar Wochen morgens um vier Uhr in mein Zimmer gestürmt, begeistert und aufgeregt erzählte sie mir dann etwas von Gesundheitsjahr, Geist reinigen und Seele heilen.

Das fand ich auch vollkommen okay, solange sie mich mit diesem Kram in Ruhe ließ. Das tat sie allerdings nicht, wie man sah.

„Heute gibt es Spinatauflauf mit ganz viel Brokkoli und Rosenkohl.", trällerte Mom begeistert, während mir schon bei dem Gedanken daran schlecht wurde.

Heute war definitiv wieder Pizzatag!

„Mom, wo ist die Zeitung?", fragte ich sie, weil ich nachschauen wollte, ob der Stier, der vor ein paar Tagen aus seinem Stall ausgebrochen war und seitdem das Dorf unsicher machte, immer noch frei herum lief. Man könnte meinen, in unserem kleinen, beschaulichen Dorf im Süden Italiens war nie etwas los, dabei ging es manchmal zu wie in Mexiko-City. Wenn man von randalierenden Stieren absah, traf man auch öfter gewalttätige Omas und betrunkene Jugendliche, die Bierdosen auf Zaunspitzen steckten.

„Sie liegt doch neben dir, auf der Fensterbank.", grinste meine Mutter mich an, sichtlich amüsiert darüber, dass ich das nicht bemerkt hatte.

Schnell schnappte ich sie mir und schlenderte damit ins Wohnzimmer, wo ich mich auf unserer kleinen, aber gemütlichen Couch niederließ.

Ich überflog die ersten Artikel, auf der Suche nach einem Bericht über den Stier. Als ich fündig wurde, las ich schnell die dickgedruckte und unterstrichene Schlagzeile darüber.

Stier Gonzales endlich wieder eingefangen

„Mom, sie haben den Stier wieder eingefangen!", schrie ich durch die ganze Wohnung, damit meine Mutter es auch ja mitbekam. Ich stockte, als mein Blick auf ein Bild auf der nächsten Seite fiel.

War das nicht der Mann, mit dem ich im Supermarkt vor ein paar Wochen zusammengeknallt war?

Jetzt war ich neugierig geworden und betrachtete das Foto genauer. Das war eindeutig er. Und ich musste zugeben, dass er in dem seriösen Anzug beinahe noch besser aussah, als im Supermarkt in lässiger Freizeitkleidung. Ich begann, die Bildunterschrift zu studieren.

Als ich zu Ende gelesen hatte, war ich zwar auch nicht viel schlauer als vorher, weil ich den Großteil des Artikels nicht verstand, aber immerhin wusste ich, dass er die millionenschwere Firma seiner Eltern, die weltweit bekannt war, übernehmen würde und dass er Ashton Rodríguez hieß.

Erleichtert atmete ich auf. Wenn ich damals im Supermarkt gewusst hätte, mit wem ich da zusammengestoßen war, dann hätte ich mich bestimmt noch peinlicher verhalten, als sowieso schon.

„Schatz, komm! Essen ist fertig!", rief mich meine Mutter und ich stand auf.

„Ich komme.", seufzte ich lustlos, ich wollte keinen Spinatauflauf und Brokkoli mit Rosenkohl essen.

Meine Mutter war schon immer ein wenig verrückt gewesen, ich kannte sie gar nicht anders, jedoch fand ich es äußerst gewöhnungsbedürftig, dass sie nun auf dem Geist-Reinigungs-Trip war. Vor allem, da ich in Mitleidenschaft gezogen wurde und ungewollt ekliges Zeug in mich hineinstopfen musste.

Ashton| ✓ #TeaAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt