n u e v e

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• Lonely Together - Avicii •

"Das ist eine ziemlich schräge Geschichte.", lachte Ashton rau auf und seine Augen begannen zu funkeln.

"Es ist schon einige Zeit her, ich glaube, ich war damals fünfzehn, Lila war elf. Schokolade habe ich schon immer gerne gemocht, aber das war sozusagen meine schlimmste Phase. Beinahe immer hatte ich Schokoladenreste um den Mund. Einmal habe ich einen Teddybären, den ich nicht mehr brauchte, in den Keller getragen, während ich Schokolade gegessen habe. Lila sah mich und rief 'Schokobärchen!' Seitdem habe ich diesen Spitznamen und meine reizende Schwester ist schuld."

Ich konnte nicht anders als laut loszulachen. Ashton mit Schokomund stellte ich mir einfach zu süß vor.

"Und du magst Schokolade immer noch?"

"Natürlich! Schokolade und Pizza!", tat Ashton auf empört, als hätte ich ihn beleidigt. Als Mac mir schließlich meine Pizza vor die Nase stellte, zog ich den himmlischen Duft bis ganz nach unten in meine Lungen.

"Also wenn die Pizza so gut schmeckt, wie sie riecht, dann werde ich hier Stammgast und laufe jeden Tag den langen Weg bis hier her zu Fuß!", versprach ich und schnappte mir ein Stück, bevor ich genüsslich hineinbiss.

"Ich schwebe auf Wolke sieben! Schmeckt die gut! Sag mal, Mac, kann ich dich heiraten? Dann machst du mir jeden Tag Pizza!", schwärmte ich, die bildliche Vorstellung war einfach zu perfekt. Nebenbei bemerkte ich, wie sich Ashtons Miene verfinsterte.

"Du heiratest ihn ganz sicher nicht!" War er etwa eifersüchtig? Vor Freude sprangen mir die Schmetterlinge beinahe aus dem Bauch.

"Schon gut, es war ja nur ein Scherz, Ashton.", meinte ich, als ich bemerkte, dass er Mac böse anfunkelte, der mich angrinste.

Ashton entspannte sich etwas und biss mit einem letzten Blick zu seinem Freund in seine Pizza.

"Na dann, guten Appetit!", wünschte uns Mac und trat den Rückzug an. Fast schon schade, denn seine Gegenwart war ziemlich erheiternd. Vor allem, wie sich die beiden aufgezogen hatten.

Schweigend verspeisten wir unsere Pizzen und Ashton bezahlte, bevor wir das Restaurant verließen.

Er hielt seinen Wagen vor dem Wohnblock an und blickte zu mir.

"Danke für das schöne- was war das eigentlich?", fragte ich.

"Wenn du willst, dann war das ein Date.", grinste Ashton, stieg aus und ich tat es ihm gleich.

Still standen wir uns gegenüber, über uns war eine Straßenlaterne und ich knetete nervös meine Hände.

"Also...ähm danke für das schöne Date und ja.", brach ich das Schweigen endlich.

"Gerngeschehen."

Etwas angespannt standen wir uns gegenüber.

"Weißt du, ich mag dich.", offenbarte ich ihm und fragte mich, ob es der richtige Weg gewesen war, ihm meine Verknalltheit zu beichten.

Sanft legte er eine Hand auf meine Wange, was ein Kribbeln in mir auslöste und mein Gehirn bekam einen erneuten Kurzschluss.

"Vielleicht magst du nicht mich, sondern meine Fassade. Wer versichert dir, dass ich wirklich so bin, wie du glaubst? Du kannst nicht wissen, ob nicht alles nur eine aufgesetzte Maske ist, Delia. Sei vorsichtig und überdenke deine Handlungen gut.", sprach er und blickte mir die ganze Zeit starr in die Augen.

"Ich-", fing ich an, wurde aber unterbrochen.

"Nein, du musst nicht antworten. Aber pass auf, wem du glaubst. Nicht immer ist eine Person die, die sie vorgibt, zu sein. Nichts ist, wie es scheint. Aber weißt du was? Ich mag dich auch."

Mit diesen Worten ließ er mich zurück und erst das Aufheulen des Motors riss mich aus meiner Starre. Er mochte mich. Ashton fucking Rodríguez mochte mich! Und scheiße, fühlte sich dieses Gefühl gut an!



Der Montag verging quälend langsam, kroch dahin wie eine Schnecke, wie eine dieser fetten Schnecken und ich war unendlich erleichtert, als die Schule endlich zu Ende war.

Nächste Woche würde ich zwei Tests schreiben, in Journalismus und Physik. Das hieß für mich Lernen bis zum geht-nicht-mehr, denn in beiden Fächern war ich nicht sonderlich gut, doch wenn ich den Schulabschluss schaffen wollte, musste ich mich anstrengen.

Lila und ich hatten ausgemacht, für Physik zusammen zu lernen, denn diesen Kurs hatten wir gemeinsam.

Meine Mutter hatte ihren Geist-Heilungs-Tick aufgegeben und stattdessen beschlossen, dass wir ab jetzt das essen würden, was wir jeden Tag auslosen würden.

Mom stellte sich das folgendermaßen vor: Jeden Tag würden wir uns darin abwechseln und eine Zahl zwischen 1 und 124 sagen, das Kochbuch wurde auf der ausgewählten Seite aufgeschlagen und das Gericht aßen wir dann. Sie meinte dazu, das Ganze würde unser Verhältnis stärken. Oder wie auch immer sie sich das dachte.

So schlecht war die Idee diesmal allerdings gar nicht, denn das hieß, dass ich mich heute auf Hühnchen in Currysoße und Duftreis freuen konnte.



"Du bist blöd!"

"Jetzt hör mal auf mit deinen ständigen Selbstgesprächen.", konterte ich und warf ein Kissen nach Lila.

Wir hatten uns bei ihr zum Lernen getroffen und jetzt ärgerte sie mich, weil ich die Aufgabe nicht verstand, beziehungsweise genauso wenig wie sie selbst.

"Dann fragen wir eben meine Mutter!", beschloss Lila und sprang auf. Ashton war -zu meinem großen Bedauern- nicht da, genau wie sein Vater.

Ich folgte meiner Freundin in das große Wohnzimmer. In einer Ecke der riesigen Couchlandschaft saß tatsächlich Mrs. Rodríguez.

"Kann ich euch helfen?", fragte sie uns und lächelte mich freundlich an.

Lila schmiss ihrer Mutter die Mappe mit dem Physik-Lernstoff zu und diese fing sie geschickt auf. Kurz überflog sie die geschriebenen Formeln und winkte uns dann zu sich.

"Seht her, es ist doch ganz leicht. Ihr müsst..."

Die nächsten zwei Stunden erklärte sie uns den gesamten Stoff und wir dankten ihr strahlend. Ich hatte alles verstanden und fühlte mich gerade allen überlegen. Dieses Hochgefühl hielt zwar nicht lange an, da mir einfiel, dass ich schließlich auch noch Journalismus lernen musste, aber ich konnte es als Fortschritt werten.

Ich lief den Weg bis nach Hause, denn den Bus hatte ich knapp verpasst. Außerdem tat ein bisschen Laufen mir auch ganz gut. Ich hatte etwas für meinen Geist getan.

Energisch schüttelte ich meinen Kopf. Jetzt verwandelte ich mich schon in meine Mutter.

Als ich endlich an dem Wohnblock, in dem ich wohnte, ankam, war mir ziemlich kalt. Für Mitte Oktober war das eigentlich sehr ungewöhnlich, aber vielleicht wurde ich auch nur krank und empfand die Temperaturen einfach als kälter.

Ich hüpfte die Stufen bis in den dritten Stock nach oben und kramte meinen Schlüssel aus dem Schulrucksack, bevor ich die Tür aufsperrte.

Ich vernahm die Stimme meiner Mutter und eine mir Fremde. Irritiert zog ich meine Schuhe aus und lief in die Küche.

Was mich gleich erwarten würde, würde mir vermutlich den Schock meines Lebens versetzen.

Ashton| ✓ #TeaAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt