• Wavin' Flag - K'NAAN •
Er fuhr mit einem Finger die Konturen meiner Lippen nach. Die zarte Berührung brachte mich vollkommen aus der Fassung.
"Wenn du wüsstest, wie gerne ich dich jetzt küssen würde.", hauchte er. "Aber ein Gentleman küsste eine Dame nicht vor dem dritten Date."
Frustriert seufzte ich, doch andererseits hieß das, das Ashton noch einmal ein Date mit mir haben wollte.
Er setzte sich auf und schmiss das Kissen auf mich. War klar, das er das nicht vergessen hatte. Ich warf es zurück zu ihm, zielte genau auf seinen Schritt, doch er fing das Kissen vorher ab.
"Na, na. Wir wollen doch mir nicht wehtun.", grinste er frech und ich setzte mich auf. Ein Kissen hätte ihm ganz sicher keine Schmerzen zugefügt.
In der kurz herrschenden Stille horchte ich. War mein Vater schon gegangen?
"Komm mit.", sagte ich zu Ashton und trat vorsichtig aus dem Zimmer. Ich konnte jedoch Mariano nicht entdecken, also ging ich in die Küche.
Dort saß meine Mutter auf einem Stuhl und las Zeitung. Als sie mich hörte, hob sie ihren Kopf.
"Habt ihr euch wieder vertragen?", wollte sie sofort wissen.
"Aber natürlich.", antwortete Ashton ihr und umarmte mich von hinten. Daraufhin zwinkerte mir Mom verschwörerisch zu und ich wurde knallrot.
"Seid ihr jetzt zusammen?"
Ich lief noch röter an, falls das überhaupt möglich war.
"Noch nicht.", Ashton klang verheißungsvoll und mein Körper fühlte sich an, als würde er unter Strom stehen, die Schmetterlinge eskalierten in meinem Bauch und ich fing an zu strahlen. Ungewollt.
"Ich muss leider los. Ich hole dich am Freitag um 18 Uhr ab, wenn das okay ist?", erklärte Ashton nach einem Blick auf seine bestimmt sündhaft teure Armbanduhr bedauernd.
Heftig nickte ich und begleitete ihn noch zur Wohnungstüre.
"Ich werde sehen, was ich wegen dem Bild in der Zeitung machen kann. Bis Freitag, Bellezza." erklärte er und drückte mir einen Kuss auf die Stirn, bevor er die Tür hinter sich schloss.
Noch einige Sekunden stand ich wie festgefroren auf der gleichen Stelle und starrte gegen die Wand mir gegenüber.
Schließlich riss ich mich aus meiner Starre los und trottete zurück in die Küche.
"Wo ist Mariano? Wieso hast du mir nicht gesagt, das er mein Vater ist? Wieso ist er wieder hier?"
Meine Mutter seufzte und drehte sich zu mir um.
"Setz dich. Ich denke, ich muss dir einiges erklären." Bestätigend nickte ich und ließ mich auf einen Stuhl fallen.
"Ich habe dir erzählt, das dein Vater mich verlassen hat, bevor ich ihm von meiner Schwangerschaft mit dir berichten konnte. Das war nicht ganz richtig.", fing sie an und ich verkniff mir einen Kommentar.
"Dein Vater und ich, wir haben uns geliebt. Ich tue es heute noch. Damals waren wir beide noch so jung, als wir uns über den Weg liefen. Wir lernten uns besser kennen, trafen uns häufig. Dein Vater hatte einflussreiche Eltern, die nicht einverstanden waren, dass ihr Sohn mit einem Mädchen, das nicht in ihrer Schicht war, zusammen war. Sie gaben mir Geld, viel Geld, damit ich deinen Vater in Ruhe ließ. Sie drohten mir, dass sie dich umbringen lassen würden, wenn ich nicht verschwand und ich wusste, dass sie die Mittel und Wege dazu gehabt hätten, die Drohung wahr zu machen."
Kurz stockte meine Mutter, während ich sie schockiert anblickte. Ich hatte keine Ahnung gehabt und einfach geurteilt, ohne den Hintergrund zu wissen. Wieder einmal schämte ich mich, für meine Vorurteile und dafür, das ich so oberflächlich war. Meine Mutter erzählte weiter:
"Ich hatte so unglaubliche Angst um dich, ich wusste nichts anderes, als das Geld anzunehmen und Mariano zurückzulassen. Er wusste nicht, dass ich mit dir schwanger war, ich wusste es selbst erst ein paar Tage und frage mich immer noch, woher es seine Eltern damals wussten. Ich ließ deinen Vater in dem Glauben zurück, dass ich mich in jemand anderen verliebt hatte, er sah mich damals so unglaublich verletzt an, es brach mir das Herz."
Meiner Mutter liefen Tränen die Wange hinunter, es tat mir weh, sie so zu sehen. Es musste damals die Hölle für sie gewesen sein, ihre große Liebe zurückzulassen und mich alleine großzuziehen. Vielleicht heilte Zeit alle Wunden, doch die Narben blieben für immer.
"Ich erwarte jetzt nicht von dir, dass du deinen Vater annimmst, denn ich kann dich verstehen. Neunzehn Jahre lang hast du ihn nie kennengelernt, obwohl er bereits erwachsen war und ich ihm einen Brief geschrieben hatte, in dem ich ihm mitgeteilt hatte, dass du ihn gerne kennenlernen würdest. Doch er kam nicht. Ich möchte nur, dass du Mariano eine Chance gibst, jetzt wo er noch ein paar Monate geschäftlich hier zu tun hat. Vielleicht kannst du ihm verzeihen.", sagte meine Mutter und wischte sich die Tränen fort.
"Du und Ashton erinnert mich sehr an deinen Vater und mich damals. Ich hoffe jedoch, Ashtons Eltern sind nett?"
"Ja, das sind sie. Mr. und Mrs. Rodríguez sind so herzlich und lieb zu mir gewesen, sie baten mich, zum Abendessen zu bleiben. Nicht alle Reichen sind arrogant und kaltherzig, das habe ich inzwischen gelernt."
"Dann ist es gut. Ich wünsche euch beiden viel Glück, er ist ein wundervoller Mann und man sieht, das er dich glücklich macht." Ich lächelte und dachte an Ashton.
Unglaublich, aber ich vermisste ihn jetzt schon. Dabei hatte ich ihn vor einer Stunde noch gesehen. Ich stand auf und schlenderte in mein Zimmer.
Ich suchte Ashtons Klamotten, die er mir gegeben hatte, als ich in deren Pool gefallen war, heraus und zog mir sein Shirt über. Es roch immer noch nach ihm, wenn auch nicht mehr so intensiv.
Es erstaunte mich, wie sehr Verknalltheit einen doch veränderte. Man sah die Welt anders, farbenfroher und facettenreicher.
Und doch musste man aufpassen, wem man sein Herz schenkte, denn man war verletzlicher, die Person konnte dich glücklich machen, aber auch zerbrechen.
Ich setzte mich auf mein Bett und blickte gedankenverloren aus dem Fenster. Jeder Mensch, der dort unten auf der Straße vorbeiging, hatte eine eigene Persönlichkeit, eine eigene Geschichte. Jeder hatte bereits so viel erlebt, und doch warteten noch viele positive und negative Ereignisse auf sie.
Und vielleicht dachte die alte Dame auf der Bank unter der alten Linde genau das gleiche. Menschen waren nicht so unterschiedlich, wie es schien.
Auch Ashton und ich hatten bestimmt mehr gemeinsam, als gedacht. Und schon bald würde ich herausfinden, wie viel gemeinsam wir doch hatten.
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Ashton| ✓ #TeaAward2018
Teen Fiction• Mein Leben ist wie ein gefährliches Spiel. Mit dem Unterschied, dass ich nicht einfach aufhören kann. Eine falsche Entscheidung würde meinen Tod bedeuten. Und ich kann nichts dagegen tun, außer klug zu spielen und richtig zu entscheiden • Ashton u...