• Light It Up - Major Lazer •
Auch wenn May lange versucht hatte, mir auszureden, den Plan durchzuführen, tat ich es. Sie verstand das nicht, ich wollte nicht, dass ihr oder meiner Mutter etwas passierte. Ich hatte ihr nicht erzählt, dass ich von einem Mann bedroht worden war, sondern sie in dem Glauben gelassen, es wäre mein Plan.
Wenn ich ihr von der Drohung erzählt hätte, wäre sie ziemlich sicher hysterisch zur Polizei gerannt und der Mann hätte ihr womöglich etwas angetan. Ich wollte auf keinen Fall riskieren, dass jemandem wegen mir etwas passierte. Irgendwann würde ich über Ashton hinwegkommen. In einigen...hundert Jahren.
Ich nahm mein Handy heraus und schrieb ihm schweren Herzens eine Nachricht. Bereits den ganzen Tag über war ich aufgeregt gewesen, ich hatte mich in der Schule kaum auf den Unterricht konzentrieren können.
Hey, Ashton. Hast du heute um 16 Uhr Zeit, dich mit mir im Park zu treffen? -Delia
Ich hatte meine Nachricht kurz gefasst, weil ich es nicht fertig brachte, ihm lange vorzuspielen, es sei alles gut. Seine Antwort brachte mich dazu, mich noch schlechter zu fühlen und ich verfluchte diesen Mann, wünschte ihm Kamelflöhe in den Arsch, während er sich nicht bewegen konnte, die Pest und alles mögliche weitere.
Klar habe ich Zeit. Für dich doch immer, Bellezza. -Ashton
Wieso war die Welt so ungerecht? Wieso konnte ich nicht einfach glücklich sein? Wieso musste das Leben alles so kompliziert machen?
"Ach, Cookie.", seufzte ich und kraulte den Hund gedankenverloren hinter den Ohren.
Um 15:30 Uhr raffte ich mich schließlich auf, erledigte meine wenigen Hausaufgaben und machte mich fertig.
Schminken tat ich mich bewusst nicht, denn mir war klar, dass Tränen alles ruinieren würden. Und weinen würde ich definitiv. Dass ich anschließend nicht nur aussah, als hätte ich Drogen genommen, sondern auch noch wie ein Panda, wollte ich nun wirklich nicht.
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Ich atmete tief durch, als ich Ashton auf mich zukommen sah und schluckte schwer. Es kam mir vor, als sähe er heute noch besser aus, als jedes andere Mal. Er trug einen schwarzes Shirt, darüber einen Jacke im Militär-Style und einen dunkelgrüne Jeans zu weißen Turnschuhen. Unbewusst biss ich mir auf die Unterlippe.Ich wollte die letzte Stunde mit ihm genießen, bevor ich den genialen Plan des Mannes durchführen würde.
Du beschützt damit deine beste Freundin, deine Mutter und dich selbst. Irgendwann wirst du über ihn hinwegkommen und dich neu verlieben.
Diese Sätze wiederholte ich wie ein Mantra immer wieder in meinem Kopf, was mir dabei half, nicht direkt in Tränen auszubrechen.
„Ist alles in Ordnung?", wollte Ashton besorgt wissen. Ich lächelte schwach.
„Natürlich, alles gut. Ich bin nur ein wenig müde." Lüge! Nichts war gut, ganz und gar nichts!
Wir gingen zu einer Parkbank und setzten uns nebeneinander. Das Wetter passte perfekt zu meiner Stimmung. Der Himmel war wolkenverhangen, trüb und grau. Vermutlich würde es bald regnen, doch das war mir egal. Ashton erzählte etwas, was Lila angestellt hatte, doch ich konnte mich kaum auf das Gesagte konzentrieren. Ich lauschte seiner wundervollen Stimme, die ich heute vermutlich das letzte Mal hören würde.
Meine Augen erfassten jedes noch so kleine Detail an ihm, archivierten es, damit ich es nicht vergaß. Ich prägte mir seinen Duft ein, seine Bewegungen, die er mit der Hand machte, um das Erzählte zu unterstreichen.
Doch vor allem seine Augen speicherte ich, denn solch intensive, graue, funkelnde Augen würde ich nie wieder zu sehen bekommen. Diese einzigartige Färbung gab es nur ein einziges Mal. Nur Ashtons Augen sahen so aus.
Pünktlich klingelte mein Handy und Ashton unterbrach seine Erzählung. Fragend blickte er mich an, als ich mein Handy aus der Tasche kramte und auf das Display starrte, während ich so tat, als wäre dies jemand Wichtiges.
„Sorry, da muss ich dran gehen.", flüsterte ich, war nicht fähig, lauter zu sprechen, denn ein dicker Kloß hatte sich in meinem Hals gebildet, der mir das Atmen erschwerte.
Hastig stand ich auf und versuchte mich wieder zu fassen. Ich würde das schaffen. Je schneller ich es hinter mich brachte, desto schneller konnte ich abhauen und in Trauer versinken. Ich entfernte mich ein wenig von Ashton, doch stand bewusst noch so nah dort, dass er hören konnte, was ich sagte, selbst wenn ich flüsterte.
Ich schluckte den Kloß hinunter und nahm an.
„Ja?"
„Endlich! Ist er in der Nähe? Dann sag jetzt den Text, den ich dir per SMS geschickt habe und tu so, als würdest du mit jemandem telefonieren! Wehe, du verpatzt es, dann wird es deiner kleinen Freundin schlecht gehen!"
Ich öffnete die SMS und las mir den Text kurz durch, als ein Bild sich öffnete. Darauf war May zu sehen, die in meinem Zimmer saß und ein Buch las. Das Bild war durch das Fenster fotografiert worden. Ich redete erst über belanglose Sachen und tat so, als würde ich tatsächlich mit jemandem telefonieren.
Krampfhaft drückte ich das Handy gegen mein Ohr, während ich die folgenden Sätze monoton und gefühlslos aussprach.
„Wie? Ja, klar. Bald habe ich ihn endgültig an der Angel. Er ist mir bereits total verfallen, sobald ich erst das Geld von ihm habe, können wir zusammen einen Urlaub in Hawaii machen und uns sämtliche Wünsche erfüllen! Nein, keine Angst, ich habe keinerlei Gefühle für ihn. Aber er kauft mir tatsächlich ab, dass ich in ihn verliebt wäre. Ich melde mich wieder, wenn es geklappt hat."
Ich tat so, als würde ich auflegen. Tränen brannten in meinen Augen, der Kloß war wieder da, doch ich versuchte ein spöttisches Lächeln. Es ging um May! Ihr durfte meinetwegen nichts passieren!
Als ich in Ashtons verletzte, traurige Augen sah, die jegliches Funkeln verloren hatten, stand ich kurz vor einem Zusammenbruch.
„Ich dachte wirklich, du wärst anders. Ich habe geglaubt, du würdest in mich verliebt sein und nicht in mein Geld! Denn ich jedenfalls habe mich in dich verliebt, aber offenbar in eine Person, die nie wirklich existiert hat. Du bist für mich gestorben, Delia.", sagte er fassungslos, seine Stimme klang unendlich verletzt und verzweifelt.
Ich wand meinen Blick von seinen trüben Augen ab und schmiss mein Handy auf den Boden. Ich rannte los, weg von Ashton, immer weiter. Mittlerweile liefen die Tränen in Strömen über meine Wangen, während mein Herz zersplitterte und in tausend Teile zerfiel.
Die Splitter bohrten sich in meine Lungen, in meine Luftröhre, erschwerten mir das Atmen und alles in mir brannte. Ich wollte nur noch nach Hause, denn ich war nicht stark. Ich war ein kleines, schwaches Mädchen, dass sich einfach nur noch in ihrem Bett zusammenrollen und hunderte Tränen vergießen wollte.
Das Letzte, was ich wahrnahm, als ich über die große Hauptstraße rannt, war ein Aufblitzen von Scheinwerfern, ein lautes Hupen und dann wurde alles schwarz.
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Ashton| ✓ #TeaAward2018
Teen Fiction• Mein Leben ist wie ein gefährliches Spiel. Mit dem Unterschied, dass ich nicht einfach aufhören kann. Eine falsche Entscheidung würde meinen Tod bedeuten. Und ich kann nichts dagegen tun, außer klug zu spielen und richtig zu entscheiden • Ashton u...