Verbindung

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Verbindung

Es waren einige Minuten vergangen. Die Neugier war unendlich groß. Einfach umkehren wollte Anisha nicht. Sie wollte wenigstens mal ein paar Meter die Hängebrücke betreten, zum einen um festzustellen, ob sie wirklich so stabil war und zum anderen, um zu sehen, was am anderen Ende der Brücke zu sehen war.

Langsam ging Anisha vorwärts, suchte bei jedem Schritt sicheren Halt und klammerte sich so fest wie möglich an den Tauen fest. Der Übergang schien tatsächlich stabil zu sein. Sie fühlte sich nach kurzer Zeit einigermaßen sicher und hatte zum Glück auch keine Höhenangst. Allerdings war der Gedanke, nicht zu wissen was unter ihr war und wie tief es abwärts ging, schon etwas unheimlich. Sie schaute noch einmal über ihre Schulter, um zu sehen, wie weit sie vom Ufer weg war, es waren aber vielleicht gerade mal fünf Meter. Sie tastete sich weiter vorwärts und langsam schien sich der Nebel zu lichten. Noch einige Schritte weiter und Anisha erkannte das andere Ende der Hängebrücke. Noch weitere zwei Schritte voran und sie sah, dass sie zwar eine Schlucht fast überquert hatte, sie aber nach wie vor noch im Wald war. Ob das ein zusammenhängender Wald war oder ob dies ein neuer Wald oder ein neues Gemälde war, war ihr natürlich vollkommen fremd und quälte ihre Gedanken. Sie wusste allerdings, dass sie umkehren musste, wenn sie die Nacht nicht in diesem mysteriösen Kunstwerk verbringen wollte.

Anisha drehte sich langsam um und trat den Rückweg an. Natürlich war nun das Ufer auch vom Nebel verschluckt und sie hoffte, dass der Wald sich in der Kürze der Zeit nicht verändern hätte und sie ihren Heimweg anhand Ihrer Kreidezeichen finden würde. Kurze Zeit später erreichte sie aber das Ufer und konnte die Hängebrücke hinter sich lassen. Sie folgte ihren Markierungen und machte sich auf den Weg zurück in die Galerie.

Sie lag gut in der Zeit und kam auch zügig voran. Der Startbaum war nicht mehr allzu weit entfernt, nur noch wenige Minuten, dann sollte sie die Galerie wieder erreicht haben. Die Lichtung war in Sicht, die Steinformationen schienen ein Ende abzuzeichnen.

Anisha hielt inne – was war das für ein Geräusch? Sie blieb stehen und horchte. Der Ton war leise und undefinierbar. Sie wich einige Schritte seitwärts von ihrem Pfad ab, behielt allerdings eine Markierung sehr genau im Blick. Das Geräusch wurde lauter. Sollte doch noch jemand oder irgendwas hier im Wald sein? Zaghaft gab sie ein sehr leises „Hallo?“ von sich und lauschte erneut. Stille! Einige Sekunden später war wieder etwas zu hören. Anisha versuchte weiterhin herauszufinden, woher das Geräusch kam und um was es sich handeln könnte.

Es dauerte eine kleine Weile bis sie erkannte, dass es sich wie ein Wimmern anhörte. Waren dies Laute von einem Tier, oder von einem Menschen? Die Neugier wich der Furcht und Anisha fragte erneut ein wenig lauter: „Hallo? Wo bist du?“ Erneut Stille.

Es raschelte heftig im Gebüsch. Sie konnte nun genau orten, wo das Geräusch herkam und wartete auf eine Reaktion. Sie wartete darauf zu sehen, was aus dem Gebüsch hervorkommen wollte.

Anisha ließ das Dickicht nicht mehr aus den Augen und lauerte gespannt darauf, was sich ihr nun offenbaren würde. Erneut war ein deutliches Rascheln zu hören. Das Buschwerk bewegte sich deutlich. Das Wimmern war wieder leise zu hören. Ein dunkelbrauner Haarschopf kam aus dem Busch zum Vorschein. Langsam kroch ein kleiner Junge aus dem Gebüsch und schaute mich mit seinen brauen tränenverschmierten Augen an.

„Wer bist du? Und wie heißt du?“ fragte Anisha. Der kleine Junge wischte sich immer wieder mit dem Ärmel über die Augen und schluchzte weiter leise vor sich hin. „I-i-i-ich bi-bin…E-E-E-E *schluchz*.“ Anisha ging langsam auf den kleinen Jungen zu und legte ihre Hand auf seine Schultern. „Nun beruhige dich erst mal. Lass dir Zeit!“ Der kleine Junge wischte erneut die Tränen ab und atmete tief durch. „Elias. I-i-i-ich bin Elias!“

Wo ist Emma?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt