Geheimnisse

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Geheimnisse

Während Elias und Anisha auf den Vater warteten besprachen sie noch wie und wo sie ihre Nachrichten hinterlassen konnten, damit diese auch die richtige Person erreichten. Anisha überlegte, dass der Mülleimer in der kleinen Halle eigentlich die einzige Möglichkeit sei außerhalb des Gemäldes eine Botschaft zu hinterlassen, ohne dass andere Leute etwas davon mitbekommen würden. Anisha wusste, dass die Reinigungskräfte nur den Deckel öffneten, die Tüten herausnahmen und eine neue Tüte einsetzen würden. Sie würden den Mülleimer lediglich ein wenig an Seite schieben, um dort zu putzen. Anheben würden die Mitarbeiter die Eimer nie, zumindest sei dies nicht so vorgesehen. Sie wusste dies deshalb, weil sie ein Gespräch zwischen dem Chef und einer neuen Reinigungskraft mitbekommen hatte. Anisha schlug daher vor, dass sie die Mitteilungen unter den Eimer legten. Sie war sich zwar noch nicht sicher, ob Elias ihr überhaupt eine Hilfe sein würde, ob sie ihm jemals Botschaften hinterlassen könnte, damit er irgendetwas für sie tun könnte, allerdings wollte sie versuchen Elias an ihrem Abenteuer teilhaben zu lassen, ohne ihn in Gefahr zu bringen. Sie hoffte, dass er auch wirklich nichts verraten würde. Anisha war sich sicher, dass man das Gemälde dann fortbringen oder sogar vernichten würde. Andererseits würden dann vielleicht auch wieder die Eltern von Emma Hoffnung in eine weitere Suche setzen. Nur wie wollte man suchen, wenn man nicht in das Gemälde gelangen konnte.

Anisha war schon klar, dass sie nicht die Einzige war, die in das vermeintliche Stillleben eintauchen konnte, aber sie war sich auch bewusst, dass es eben nicht jeder konnte. Jedenfalls so ignorante Polizeibeamte, die sofort jegliche Hilfe ausschlugen ganz sicher nicht.

Nach circa einer halben Stunde Wartezeit kam tatsächlich der Vater von Elias und stellte sich vor: „Guten Tag junge Frau, ich bin der Vater von Elias, mein Name ist Peter Holten. Ich hoffe Elias hat sich benommen!“ „Guten Tag Herr Holten. Ich heiße Anisha Salomon. Elias war sehr lieb. Er hat mit mir gemeinsam ein paar Gemälde angeschaut. Wir haben so nett gesprochen, dass ich ihm danach ein Eis spendiert habe. Ich hoffe es war in Ordnung.“ „Ja klar, kein Problem. Dann werde ich Sie jetzt mal von dem kleinen Rabauken erlösen, er muss nämlich noch ein bisschen Hausaufgaben machen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.“ Anisha verabschiedete sich von Elias und dem Vater und machte sich selbst auf den Heimweg.

Auf dem Weg nach Hause fiel Anisha plötzlich auf, dass sie gar nicht die Gelegenheit genutzt hatte ihre ausgedruckten Fotos im Wald zu hinterlassen. Sie war allerdings auch so verwirrt über den veränderten Wald und so konzentriert auf ihren Pfad, dass sie auch keine Sekunde an ihre Fotos gedacht hatte. Sie war sich jetzt auch gar nicht mehr so sicher, ob es überhaupt Sinn machen würde.

Wenn der Wald sich tatsächlich ständig veränderte, würde sie dann jemals Emma finden? Warum veränderte sich der Wald und wie würde er am nächsten Tag aussehen? Würde sie wieder andere Wege einschlagen? Würde sie immer wieder neue Wege einschlagen, dann würden Mitteilungen keinen Sinn machen, da sie ja nie eine Stelle zweimal besuchen würde. Vielleicht würde sich das Gemälde immer dann verändern, wenn jemand den Weg in den Wald gefunden hatte. Unendlich viele Fragen gingen ihr durch den Kopf. Sie war nicht mal sicher, ob sie jemals eine Antwort auf nur eine einzige Frage erhalten würde.

Zu Hause angekommen begrüßte sie zuerst ihr Schmusetiger. Dann zog sie ihr Haarband aus den Haaren, ihre goldblonden Locken fielen auf ihre Schultern. Sie bürstete die Haare und schaute dabei in den Spiegel. Sie hatte ein paar einzelne Sommersprossen auf der Nase und den Wangenknochen, ihre grünen Augen leuchteten wie Katzenaugen. Bei ihrer sportlich schlanken Figur und einer angenehmen Durchschnittsgröße konnte sie zum Glück alles tragen. Die meiste Kleindung bestelle sie im Internet und die Klamotten passten immer perfekt. Sie ging zu ihrem Kleiderschrank und zupfte bequeme Kleidung heraus. Ihr dunkelblauer Jogginganzug war dazu genau die richtige Wahl.

Anisha fütterte Purzel und gab ihm noch ein Extra-Leckerli, da er den ganzen Tag alleine war. Es tat ihr schon leid, dass sie auch den Sonntag für ihre Suche eingeplant hatte. Irgendwie kam ihr Katerchen reichlich kurz. Andererseits wollte Anisha auch nichts unversucht lassen, Emma zu finden.

Wieder versuchte Anisha Informationen aus dem Internet zu ziehen über mysteriöse Wälder oder verschwundene Kinder. Aber ihre Suche brachte sie nicht weiter.

Sie war sehr neugierig was sie am nächsten Tag erwarten würde und war gespannt, ob dann erneut eine Veränderung im Bild stattgefunden hatte. Obwohl sie nicht sicher war, ob sie die ausgedruckten Fotos dort hinterlassen wollte, legte sie die wieder mit ihren Sachen zusammen und wollte sie zumindest mitnehmen. Sie sprang schnell unter die Dusche, kümmerte sich um die restliche abendliche Körperpflege und kroch ins Bett. Sie hoffte, dass sie diesmal besser schlafen würde und von unheimlichen Träumen verschont bleiben würde.

Wo ist Emma?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt