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Jetzt kommen mir wieder die Vorwürfe in den Kopf. Ich seufze und flüstere benommen: „Wir hätten früher kommen müssen, vielleicht hätte er überlebt... ich bin schuld, dass wir zu spät kamen, ich hätte mich nicht so lange bei dem Ork aufhalten sollen..." „Nein", schneidet Legolas mir das Wort ab „mach dir keine Vorwürfe, du hast dich so gut um den Jungen gekümmert und alles getan, was du konntest, um ihm einen möglichst schönen und ruhigen Abschied zu gestalten. Wären wir nicht durch Zufall durch den Wald geritten und hätten seinen Schrei gehört, wäre er wahrscheinlich immer noch in diesem Gebüsch."

Womöglich hat er recht, dennoch fühle ich mich irgendwie schuldig. Wir lösen uns voneinander und Legolas zieht mich an eine Wand. Hier ist es windgeschützt und dennoch ergibt sich einem immer noch diese wunderschöne Aussicht. Wir setzen uns, angelehnt an die Wand, nieder auf den Boden. Genau in unserem Blickwinkel liegt der Menschenjunge. Wieder seufze ich leise. Dann sagt Legolas in der Versuchung, mich aufzumuntern: „Schau doch wie friedlich er aussieht. Als würde er schlafen." Schlafen und nie wieder aufwachen, denke ich niedergeschlagen, sage es jedoch nicht. Aber Legolas hat recht, es sieht wirklich genau so aus, wenn Menschen schlafen.

Manchmal haben wir in Sternental Besuch von Menschen, daher weiß ich, wie es aussehen muss. Menschen haben einen ganz anderen Schlaf als wir Elben. Das, was wir Schlafen nennen, wird bei den Menschen meist als Tagträumen oder Meditieren bezeichnet, habe ich gehört. Elben benötigen allgemein viel weniger Ruhe als Menschen. Wir fallen lediglich in einen Halbschlaf, in dem unsere Sinne ruhen, jedoch unsere Augen offenbleiben.

Auf einmal fällt mir wieder ein, was ich Legolas schon lange Zeit erzählen wollte: „Vor allem in der ersten, aber auch noch in der darauffolgenden Nacht... das Schlafen hat sich nicht so wie sonst angefühlt... Ich hatte in der ersten Nacht sogar einen richtigen Traum und als ich aufwachte, waren meine Augen geschlossen!" Lächelnd, als hätte er schon erwartet, dass ich das ansprechen würde, antwortet er: „Ja, das liegt an einer ganz bestimmten Kräutermischung, die uns Elben für eins bis zwei Nächte das Schlaferlebnis eines Menschen verleiht. Diese Mischung wird nur in seltenen Fällen angewendet, wenn der Patient wirklich viel Ruhe benötigt." Überrascht sehe ich ihn an, ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt. „Dann ist jetzt aber wieder alles normal, oder?" frage ich. „Ja, genau.", bestätigt er mir.

Wir schauen noch eine lange Zeit in den Himmel. Es kommt mir vor, als würden sich heute besonders viele Sterne zeigen. Gerade als ich mich über eine Sternschnuppe freue, die mich an zu Hause erinnert, vermischt sich das Bild mit meinen Elbenträumen. Ich sehe, wie sich die Sterne zusammentun. Sie rücken so zusammen, dass schließlich ein Bild zu erkennen ist. Es sieht aus wie... ja... wie Pamina! Die Sterne und der Himmel färben sich leicht lila und lassen Paminas Bild hell erstrahlen. Ja, und auch Arod wird nun gebildet. Ich sehe, wie beide freudig umher galoppieren.

Plötzlich schrecke ich hoch, wodurch ich wohl auch Legolas wecke. „Die Pferde! Wir müssen sie noch wegbringen.", sage ich selbst noch ganz verwirrt. Da ich jetzt wieder den Menschenjungen erblicke, füge ich hinzu: „Und was machen wir mit ihm? Wir können ihn doch nicht einfach hier liegen lassen." Legolas reibt sich die Augen und fragt: „Wie viel Zeit ist vergangen?" Das ist eine gute Frage. Ich weiß es selbst nicht genau, es hat sich nur so kurz angefühlt. Allerdings vergeht die Zeit beim Ruhen sehr schnell. Also schaue ich hoch zum Mond und versuche mich daran zu erinnern, an welcher Stelle ich ihn zuletzt gesehen habe. „Ich weiß es nicht, aber vielleicht sollten wir lieber aufbrechen und zurück gehen.", antworte ich. Zustimmend steht Legolas auf. „Den Jungen können wir im Palast pflegen lassen und dann suchen wir morgen einen schönen Platz, auf dem er seine vollkommene Ruhe finden kann. Am besten trage ich ihn und du führst die Pferde.", schlägt Legolas vor. Und schon gehe ich zu den Pferden hinüber. Sie schauen mich erwartungsvoll und neugierig an. Ich flüstere lächelnd: „Und nun geht es wieder ab auf eure Koppeln, geht schön brav neben mir her." Pamina stellt sich sofort auf und ist startklar. Ich glaube wirklich, dass sie jedes Wort versteht, was ich von mir gebe. Arod jedoch sieht erst mich und dann Legolas, der gerade mit dem Menschen im Arm auf mich zukommt, skeptisch an. „Na komm schon.", sagt Legolas ebenfalls lächelnd zu Arod. Und nun stellt auch dieser sich bereitwillig neben mich auf und es kann losgehen.

Kurz nachdem wir losgegangen sind, frage ich bestürzt: „Was ist, wenn uns jetzt Orks angreifen würden? Nachher passiert etwas und wir könnten nicht schnell genug reagieren!" „Nein, mach dir keine Sorgen.", sagt Legolas beruhigend. „Auf diesem Weg hier wurde noch niemals ein Ork gesehen. Dafür ist es viel zu nahe am Palast, hier ist es viel zu belebt. Außerdem sind überall Wachen."

Hoffentlich passiert wirklich nichts. Ich mache mir einfach mal wieder viel zu viele Sorgen.

Legolas & DuWo Geschichten leben. Entdecke jetzt