Kapitel 3

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Ich bin so gut darin, Chancen zu verspielen und mein Leben in eine Richtung zu lenken, die sich furchtbar anfühlt. Ich bin so gut darin und ich bin es so leid.

Ich wurde noch vor meinem Wecker wach und drehte mich von einer Seite auf die andere. Um kurz nach sechs gab ich es dann auf, zu versuchen wieder einzuschlafen und stand auf. Ich ging lange und ausgiebig duschen und zog mir danach eine schwarze Jeans und einen dunkelgrünen Hoodie an.
Ich schnappte mir mein Handy und meinen Rucksack und ging dann runter in die Küche, um mir Frühstück zu machen.
Ich beschloss auch gleich was für die Schule mit zu machen, so wie ich mich kenne, würde ich da eh wieder Hunger bekommen.
Nachdem ich mein Brot geschmiert hatte, setzte ich mit meinem Brötchen und dem Kaffee draußen auf unsere Terrasse. Unser neues Haus war um einiges größer und auch moderner als unser altes.
Ich fand es zwar nicht gerade schlecht, aber vermissen tat ich unser kleines, gemütliches Haus schon. Auch wenn das, wie mir auffiel, auch das einzige war, was ich vermisste.

Ich trank in Ruhe meinen Kaffee aus und genoss die frische Luft.
Hinter mir ging die Tür auf und zu und als ich mich umsah, sah ich meine Mutter, die sich neben mich, auf einen der Stühle sinken ließ. "Warum bist du schon so früh wach?" fragte sie und sah mich dabei interessiert an.
"Konnte nicht mehr schlafen."
"Achso. Vermisst du Essen und deine Freunde?"
"Nein, eigentlich nicht."

Für einen kurzen Moment sah sie enttäuscht aus, aber wahrscheinlich bildete ich mir das nur ein. Sie müsste sich doch freuen, dass ich mich so schnell an eine neue Umgebung gewöhne.
"Moritz hat gestern angerufen."
Bei diesen Worten verschluckte ich mich an meinem Kaffee und sah sie wenig begeistert an.
"Auf deinem Handy?"
"Ja."
"Okay. Was wollte er?"
"Wissen wo wir hingezogen sind und wie es dir geht. Warum hast du dich nicht von ihm verabschiedet?"
"Weil wir schon lange keine Freunde mehr sind."
"Das sieht er aber anders. Du hast nie erzählt, was zwischen euch passiert ist."
"Ja und ich will auch jetzt nicht darüber reden."
"Dann melde dich wenigstens bei ihm. Seine Nummer liegt auf dem Küchentisch."
Ich antwortete ihr darauf nicht und sie stand seufzend auf.
"Wenn du willst fahre ich dich gleich zur Schule." sagte sie noch und ging dann wieder rein.

Deutlich schlecht gelaunter als vorher, nahm ich meine Tasse mit ihn die Küche und stellte sie dann in die Spüle. Ich steckte meine Brotdose zusammen mit dem Post it, wo seine Nummer drauf stand, in meine Tasche und zog mir dann meine Schuhe und meine Jacke über.
Meine Mutter tat es mir gleich und zusammen gingen wir zum Auto.
Die Fahrt verlief schweigend und ging ziemlich schnell vorbei. Ich bedankte mich bei ihr und stieg dann aus. Vor der Schule sah ich niemanden stehen, den ich kannte, weshalb ich gleich zum Klassenraum ging.

Im Klassenraum waren bereits ein paar Leute, unter anderem Stegi, welcher wieder schlafend an seinem Tisch saß und Noah, welcher sich mit Finn unterhielt.
"Guten morgen." sagte ich und setzte mich dann auf meinen Platz.
Beide erwiderten die Begrüßung und lächelten mich an. Danach unterhielten sie sich weiter über irgendein Playstationspiel, welches sie gestern gezockt hatten.

Als ich den beiden so zusah, wie sie sich unterhielten und lachten, stieg ein bitteres Gefühl in mir hoch.
Sie sahen aus, als würden sie sich schon ewig kennen und als würde sie nichts auseinander bringen können. Wie sehr habe ich mir immer so jemanden gewünscht.
Vielleicht hatte ich auch so jemanden, aber habe ihn einfach von mir weg gestoßen.
Vielleicht wäre ich jetzt glücklicher, hätte ich nicht so viele Fehler begangen.
Meine Augen fingen an zu brennen und ich zwang mich an etwas anderes zu denken, auch wenn es mir mehr als schwer fiel. Nach und nach füllte sich der Raum immer mehr, Herr Sandels würde wahrscheinlich auch gleich kommen.
Finn setzte sich wieder hin und mir fiel auf, das Noah sich neben mir suchend umblickte.
"Tobi?"
Angesprochener drehte sich zu Noah um und sah ihn fragend an.
"Wollte Raffael nicht heute wiederkommen?"
"Ja, der kommt zur dritten. Wieso?" "Ich wollte noch mit ihm reden, deswegen."
Tobi nickte nur und drehte sich dann wieder um. Herr Sandels kam jetzt rein und teilte uns gleich die Aufgaben für heute aus. Ich fand es zur Abwechslung mal ganz entspannt, einfach nur still Aufgaben zu bearbeiten. In meiner alten Schule hatten wir das selten gemacht.

Ich war ziemlich schnell mit den meisten der Aufgaben fertig und sah, das Noah auch schon fast fertig war. Er hatte seinen Stift bereits weg gelegt und sah gelangweilt nach vorne. Seinen Blick konnte ich nicht wirklich deuten aber als ich ihm folgte, sah ich das er zu Finn sah, welcher sich mit seinem Sitznachbarn unterhielt.
"Wie lange seit ihr schon befreundet?" zuerst sah Noah mich ein bisschen verwirrt an, schien dann aber zu verstehen.
"Seit dem Kindergarten." sagte er und lächelte dabei.
"Wieso sitzt ihr nicht nebeneinander?"
"Früher saß ich meistens neben ihm oder neben Stegi, dann nur noch neben ihm, aber wir reden den Lehrern zu viel."
"Achso. Darf ich fragen, warum du und Stegi keine Freunde mehr seid?" Ich konnte das Interesse für diesen Jungen einfach nicht unterdrücken. "Ich rede nicht wirklich gerne darüber, aber irgendwann wird dir eh jemand Geschichten erzählen, die nicht stimmen. Eigentlich gibt's da gar nicht so viel zu erzählen. Er hat einfach aufgehört mit mir, oder besser gesagt mit jedem, zu reden. Von einem Tag auf den anderen. Egal was ich versucht habe, er hat mich immer mehr aus seinem Leben gedrängt. Und irgendwann tat es einfach zu weh, um weiterhin um etwas zu kämpfen, was keinen Sinn macht. Vielleicht weißt du ja wovon ich rede."
Ich nickte ihm nur nachdenklich zu. So ungefähr hatte sich wahrscheinlich Moritz gefühlt, als ich mich von ihm abgewendet habe.
Die Erinnerung daran schmerzte, weshalb ich sie wieder aus meinen Gedanken schob.
Das Klingeln unterbrach unser Gespräch und entließ uns zur Pause. 

Stexpert - Don't give up (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt