Kapitel 30

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Jeder trägt Geheimnisse mit sich umher. Die einen mehr, die anderen weniger. Manche werden erzählt und andere werden so tief vergraben, dass sie fast schon in Vergessenheit geraten.

Nach ca. einer Stunde hatten wir den kompletten Aufsatz fertig vor uns liegen.
Wir mussten kaum etwas verändern und beide Texte ergänzten sich ganz gut, weshalb wir nur noch ein wenig zusätzlich geschrieben hatten.
Man konnte mit Stegi überraschend gut für die Schule arbeiten.
Er war konzentriert bei der Sache und dazu noch intelligent, was natürlich alles ein wenig erleichterte.
Als wir mit allem zufrieden waren, tackerte ich alles zusammen und schrieb dann unsere Namen auf die Klarsichtfolie, in die ich alles hinein tat.
"Kommst du denn morgen zur Schule?"
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er mich an und deutete dann ausladend auf sein Gesicht.
Mit verwirrtem Blick sah ich ihn weiterhin an, bis er entnervt seufzte.
Ja klar, man würde auch morgen noch ein bisschen was sehen, aber bis auf seine Schramme, war alles fast weg.
"Noah würde ausrasten wenn er was sieht, darauf kann ich verzichten. Da bleib ich lieber noch ein paar Tage zu Hause."
"Verpasst du nicht zu viel wenn du ständig fehlst?"
"Das ist dann wohl mein Problem."
"Ja, sorry. Wieso redest du nicht einfach wieder mit Noah und den anderen?"
"Auch das geht dich nichts an."
"Ja, aber mit mir redest du doch auch."
"Ja, aber glaub ja nicht, dass ich das gerne tue."
"Du hättest ja nicht her kommen müssen."
"Ich will keine 6 für den Aufsatz bekommen, also musste ich wohl her kommen."
"Du hättest deinen Teil auch alleine abgeben können."
"Ist doch egal. Jetzt bin ich hier und der Aufsatz ist fertig."
"Wenn du so ungern hier bist, kannst du ja jetzt auch wieder gehen." sagte ich und wir starrten uns wütend an.
Ich hatte für heute einfach genug von seiner herablassenden, kalten Art.
"Gut, werde ich machen." sagte er und stand dann auf.
"Ich finde alleine raus." sagte er monoton und knallte die Tür hinter sich zu.
Im nächsten Moment bereute ich auch schon, was ich gesagt hatte.
Aber jetzt war es zu spät es rückgängig zu machen.
Müde vergrub ich meinen Kopf in meinen Händen und seufzte.
Das war mir alles zu viel mit ihm.
Ich würde ihm so gerne helfen, aber wie sollte ich das schaffen, wenn ich nicht mal mit mir selber, mit meinem eigenen Leben zurecht kam?
Ein klopfen riss mich aus meinen Gedanken und schnell setzte ich mich wieder auf.
Meine Mutter steckte vorsichtig den Kopf in die Tür und als sie sah das ich alleine war, öffnete sie die Tür ganz.
"Ist dein Freund schon wieder weg?"
"Er ist nicht mein Freund." sagte ich ein wenig energischer als ich beabsichtigt hatte und sie sah mich ein wenig seltsam an.
"Okay, dann ist er es eben nicht. Ich dachte nur weil ihr ja den Aufsatz zusammen schreibt, das ihr euch dann auch versteht."
"Nein unsere Lehrerin hat uns eingeteilt."
"Ahja. Ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass ich jetzt Ben abholen fahre. Willst du mit uns essen wenn wir wieder da sind?"
"Ja klar."
"Gut. Könntest du dann gleich schon mal Marley füttern?"
"Ja kann ich machen."
"Okay, dann bis gleich." sagte sie noch und schloss dann wieder die Tür.
Ich ließ mich auf mein Bett fallen und starrte dann eine ganze Weile an die Decke, ohne wirklich nachzudenken.
Als ich langsam müde wurde stand ich wenig motiviert auf und ging nach unten.
Ich mixte Marley sein Futter zusammen und stellte es ihm dann hin.
Ich sah ihm eine Weile dabei zu wie er schwanzwedelnd sein Futter fraß, bis es an der Tür klingelt und ich kurz zusammen zuckte.
Komisch...hatte meine Mutter ihren Schlüssel vergessen?
Ich ging zur Tür und öffnete sie, aber davor standen nicht wie erwartet meine Mutter und Ben, sondern Stegi.
Dieser sah mich unschlüssig an und stand einfach da, ohne etwas zu sagen.
"Hast du was vergessen?" fragte ich nur kalt.
Vielleicht merkt er dann ja mal wie das ist.
"Äh..ja, also nein. Nicht wirklich. Kann ich vielleicht wieder rein kommen?"
Mit einem seufzen trat ich zur Seite, ließ ihn rein und ging dann wieder in die Küche um mich an den Tisch zu setzen.
Stegi kam, nachdem er Jacke und Schuhe ausgezogen hatte auch rein und setzte sich ebenfalls.
"Also, was willst du?"
"Ich hab meinen Schlüssel zu Hause liegen lassen und komme nicht mehr rein."
"Und sonst ist keiner da der dich rein lassen kann?"
"Nein."
"Und jetzt willst du hier bleiben?"
"Von wollen ist hier..-"
"Fang nicht schon wieder so an." fuhr ich ihn an, bevor er zu Ende sprechen konnte.
"Ja ich würde gerne hier bleiben, wenn ich darf." gab er sich geschlagen und sah dann unsicher auf seine Hände.
"Nein."
"Was nein?" fragte er und sah mich geschockt an.
"Nein du kannst nicht hier bleiben." sagte ich und sah ihn noch immer kalt an.
Sein Blick wurde jetzt panisch und auch wenn er versuchte es zu verstecken, ich sah es.
"Wieso nicht?" fragte er und seine Stimme zitterte eine wenig.
Wovor hatte er so eine Angst?
Hatte er Angst, das draußen jemand aus der Schule ist, der ihn wieder schlägt?
"Weil du mich anlügst. Du hattest deinen Schlüssel vorhin in der Hand, als du deine Sachen aus der Tasche geholt hast. Sag mir die Wahrheit und du kannst bleiben."
"Das kann ich nicht."
"Dann geh jetzt bitte."
Er sah mich gequält an und ich wollte am liebsten damit aufhören, aber ich musste einfach mehr erfahren.
"Ich kann einfach nicht nach Hause. Ich weiß nicht wo ich sonst hin soll."
Er sah jetzt wieder auf seine Hände und seine Stimme klang so gebrochen.
"Mehr werde ich wahrscheinlich nicht aus dir raus bekommen oder?"
Er schüttelte nur stumm mit dem Kopf.
"Okay du kannst bleiben. Aber du kannst nicht ewig alles geheim halten. Früher oder später wirst du es mir sagen."
"Dann eher später." sagte er und sah mich jetzt wieder an.
Er sah so erleichtert aus, das ich wusste, es war die richtige Entscheidung.
Vielleicht war das der Anfang.
Und selbst wenn nicht, irgendwie fühlte es sich trotzdem so endgültig an.
Jetzt gab es kein zurück mehr.


Stexpert - Don't give up (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt