Kapitel 9

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Manchmal ist das, was wir suchen, schon längst da, nur suchen wir immer wieder nach etwas besserem.

Meine Mutter kam in die Küche und als sie mich am Tisch sitzen sah, sah sie ziemlich verwundert aus.
"Was machst du denn schon hier?" fragte sie mich.
"Ich hatte heute nur vier Stunden." "Achso. Dann kann ich ja doch schon anfangen zu kochen."
"Was gibt es denn?"
"Cordon Bleu mit Kartoffeln und Gemüse. Weißt du, wie lange dein Bruder heute Schule hat?"
"Ich glaube, der hat acht Stunden."
Sie nickte nur und fing dann in Ruhe an, die Kartoffeln zu schälen.
Ich nahm mir etwas zu trinken aus dem Kühlschrank und setzte mich dann wieder an den Tisch.
"Ich denke ich gehe heute Abend noch zu einem Freund. Wäre es okay, wenn ich da übernachte?" fragte ich sie ganz beiläufig.
Wie nicht anders zu erwarten, drehte sie sich verwundert zu mir um und man sah ihr die Freude darüber an. Wie lange es jetzt schon her ist, dass ich so etwas gesagt habe. 
"Ja, natürlich. Was wollt ihr denn machen?"
"Wir wollten mit ein paar anderen was zu Essen bestellen und dann wahrscheinlich noch zocken. Also nichts besonderes."
"Schön, das du schon Freunde gefunden hast."
Ich nickte nur und sie konzentrierte sich jetzt wieder auf das Essen.
"Moritz kommt übers Wochenende her. Also denke ich, hat er zumindest gesagt."
"Hast du ihn doch angerufen?"
"Ja."
"Ich habe das Gefühl, der Umzug tut dir wirklich gut."
Ich antwortete ihr darauf nicht.
Sie hatte Recht damit, dass der Umzug mich verändert. Oder wie sie es sagt, mir gut tut.
Aber trotzdem war das Gefühl, etwas wichtiges würde fehlen, noch nicht verschwunden. Eher ist es schlimmer geworden.
Fast schon so, als würde es mich antreiben, weil ich näher dran bin als je zuvor.
Aber das war wahrscheinlich nur Wunschdenken.
Meine Mutter und ich unterhielten uns noch eine Weile und als das Essen fertig war, aßen wir zusammen.
Danach ging ich hoch in mein Zimmer und fing an, im Internet nach Infos zum Thema zu suchen, da ich das ja heute Abend nicht mehr machen könnte.
Ich druckte alles was ich fand aus und packte es dann in meinen Rucksack.
Danach nahm ich mir eine kleine Reisetasche aus meinem Schrank und packte alles hinein, was ich brauchen würde.
Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass Raffael mir seine Adresse bereits geschickt hatte.

Tim: Wann soll ich denn ungefähr da sein?

Ich sah während ich auf seine Antwort wartete bei Google Maps nach, wie weit es bis zu ihm war.
Die App zeigte mir an, dass es ungefähr 45 Minuten bis zu ihm sind.
Also entweder frage ich meine Mutter ob sie mich fährt, oder ich laufe zu ihm.
Letzteres hörte sich gar nicht so schlecht für mich an, da ich heute sowieso noch laufen gehen wollte.
Dann könnte ich das gleich miteinander verbinden.
Nur müsste ich dann bei ihm duschen gehen, fiel mir gerade ein.

Raffael: Also die anderen kommen so zwischen 18 und 20 Uhr. Tobi ist jetzt schon da. Eigentlich kannst du kommen wann du willst.
Tim: Okay, ich denke ich bin so gegen 17 Uhr da. Könnte ich dann eventuell bei dir duschen gehen?
Raffael: Ja klar kannst du machen. Dann bis später. :)
Tim: Jo:)

Es war jetzt 14:30 Uhr, weshalb mir noch ein bisschen Zeit blieb.
Ich beschloss die Zeit zu nutzen und fing an, alle meine Unterlagen, die die Lehrer mir gegeben haben, ordentlich in meinen Ordner zu heften.
Als ich zufrieden war steckte ich den Ordner auch noch in meine Tasche und stellte beide Taschen dann an die Tür.
Noch beim Abstellen fiel mir ein, das ich ja mit den Taschen gar nicht laufen konnte.
Genervt stöhnte ich auf und trug dann beide Taschen nach unten in den Flur.
Dann ging ich auf die Terrasse, wo meine Mutter saß.
"Kannst du mich vielleicht so gegen 17 Uhr zu Raffael fahren?"
"Ich muss gleich los zur Arbeit, also könnte ich dich nur jetzt mit nehmen."
Ich ließ die Luft mit einem seufzen aus meinen Lungen entweichen und sah sie dann unschlüssig an.
"Ich kann ihn mal fragen, aber ich denke das ist ein bisschen früh."
"Sonst frag doch deinen Vater, aber der ist auch erst so gehen 21 Uhr wieder hier."
"Das wird zu spät. Dann laufe ich einfach. Wollte ich ja eigentlich eh machen."
"Wie weit ist es denn?"
"So ca. 45 Minuten zu Fuß."
"Wo genau musst du denn hin?"
Ich nannte ihr die Adresse und sie überlegte einen Moment.
"Also ich fahre in die Richtung zur Arbeit. Wenn du willst nehme ich deine Taschen mit und stelle sie dann da ab."
"Das wäre super." sagte ich und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
Dann ging ich wieder hoch in mein Zimmer und legte mich auf mein Bett.
Ich schrieb Raffael noch, damit er sich nicht wundert, wenn meine Sachen auf einmal vor seiner Tür stehen und schloss dann für einen Moment meine Augen.
Um 20 vor vier zog ich mir dann ein weißes T-Shirt und eine schwarze Knielange Jogginghose an.
Ich steckte mir meine Kopfhörer in meine Ohren und als ich draußen war, meine Schlüssel in meine Hosentasche.
Ich hatte mir die Route so gut es geht eingeprägt und fing dann an zu laufen.
Die frische Luft und die Bewegung taten mir gut.
Genau das, was ich jetzt brauche.
Ab und an sah ich auf mein Handy, um zu schauen, ob ich noch richtig war, aber ansonsten genoss ich einfach die Umgebung.
Ich kam um kurz vor fünf an meinem Ziel an.
Raffael wohnte in einem schönen alten Fachwerkhaus, welches von einem großen Garten umgeben war. Ich stopfte meine Kopfhörer in meine Hosentasche und ging dann durch das kleine Tor, über einen schmalen Kiesweg zur Haustür, wo ich klingelte.
Es dauerte nicht lange, bis Raffael mir die Tür öffnete und mich rein bat. "Bist du den ganzen Weg hier her gelaufen?"
"Ja, ich wollte heute eh noch joggen gehen, da hat das ganz gut gepasst." "Ich hab mich schon gewundert, wieso deine Ma deine Sachen her bringt und dich nicht gleich mitbringt." sagte er und lachte.
Ich begrüßte Tobi kurz, welcher im Wohnzimmer saß und ging dann zusammen mit Raffael hoch.
Er zeigte mir kurz wo das Bad ist und wo meine Taschen standen.
Meine Taschen standen in einem ziemlich großen Gästezimmer.
Auf dem Bett und dem Sofa lagen schon lauter Decken und Kissen, weshalb ich davon ausging, das wir heute hier schlafen würden.
Ich schnappte mir meine Reisetasche und ging dann ins Badezimmer, um zu duschen. 

Stexpert - Don't give up (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt