Kapitel 32

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Aller Anfang ist schwer, aber am Ende wird es sich lohnen.

Einerseits zog sich der Schultag ewig in die Länge, aber andererseits verging er auch viel zu schnell.

Nach der sechsten Stunde packten wir alle langsam unsere Sachen ein und gingen dann raus zum Eingang.
Wir hatten beschlossen noch zusammen was Essen zu gehen, um Maurice zu verabschieden.
Was anderes konnten wir ja leider nicht mehr machen, da er schon heute nachmittag fahren würde.
Ich und Leon gingen mit ein wenig Abstand hinter den anderen lang.
Die Stimmung war ziemlich gedrückt, jeder war in seine eigenen Gedanken vertieft.
"Das ist doch scheiße." sagte Leon leise und nickend stimmte ich ihm zu.

Es dauerte nicht lange, da waren wir an dem kleinen Restaurant angekommen und gingen alle nacheinander rein.
Wir suchten uns einen großen Tisch in der Ecke aus und bestellen dann.
Unsere Pizzen kamen ziemlich schnell und still fingen wir alle an zu essen.
"Wo ziehst du eigentlich hin?" fragte ich Maurice, als wir alle aufgegessen hatten.
"Nach Leipzig."
"Wieso so weit weg?"
"Mein Vater will seine Firma erweitern und er hat wohl ein gutes Angebot bekommen. Aber egal, das ändert nichts. Wir bleiben trotzdem Freunde, nur sehen wir uns halt selten." sagte Maurice und wir stimmten ihm alle zu.
Auch wenn alle das gleiche dachten.
Er würde neue Freunde finden und uns vergessen.
Wir würden ihn vergessen und einfach weiter machen wie zuvor.
So war das nun mal in dieser Welt.
Wir redeten noch ungefähr eine Stunde über alles mögliche und gingen dann nachdem wir bezahlt hatten, wieder raus.
Draußen rauchten wir alle noch eine und einer nach dem anderen verabschiedete sich von Maurice.
Ich nahm ihn fest in den Arm und danach machte ich mich dann auf den weg nach Hause.
Auch wenn ich ihn noch nicht sehr lange kenne, ich mochte ihn.
Kein Wunder, dass die anderen so fertig sind.
Sie kennen sich ja schließlich auch schon Jahre lang.
Ich ließ mir für den Heimweg eine Menge Zeit und kam um kurz nach vier an.
Ich schloss die Tür auf und kaum hatte ich meine Schuhe ausgezogen, kam Marley angelaufen und begrüßte  mich.
Keine zwei Sekunden später kam auch Oskar angerast und rieb sich schnurrend an meinen Beinen.
Ich nahm ihn auf den Arm und setzte ihn in der Küche wieder ab, um ihn zu füttern.
"Du bist spät dran heute, hast du nicht eigentlich um eins Schluss?" fragte mich meine Mutter, welche gerade in die Küche kam.
"Ja aber wir waren noch was Essen."
sagte ich  nur und nahm dann meine Tasche, um nach oben zu gehen.
Ich hatte jetzt keine Lust mit ihr darüber zu reden.
Vor meiner Tür blieb ich ein wenig verwirrt stehen.
Man hörte hinter der geschlossenen Tür leise Musik laufen und in dem Moment fiel mir wieder ein, dass Stegi ja da war.
Ich hätte zwar nicht gedacht, das er bleibt, aber allem Anschein nach, war er es.
Ich öffnete die Tür und sah ihn auf meinem Bett sitzen.
Um ihn herum lagen unzählige Zettel, Stifte und Schulbücher.
"Hey." sagte ich kurz und setzte mich dann auf meinen Drehstuhl.
"Wo warst du so lange?" fragte er und sah jetzt von seinem Block auf.
Er sah um einiges besser aus als gestern.
Wacher, irgendwie glücklicher.
Auch wenn glücklich nicht das richtige Wort ist, um ihn zu beschreiben.
Eher düster und heute wirkte er eben ein wenig heller.
Wie auch immer, es tat gut das zu sehen.
"Tim?" rief er und wedelte mit seiner Hand durch die Luft.
Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch und sah ihn dann entschuldigend an.
"Wir waren noch was Essen."
"Achso." sagte er nur und schrieb dann weiter.
"Was machst du da eigentlich?"
"Was für die Schule."
"Gute Idee." sagte ich nur und holte dann meine Sachen ebenfalls aus der Tasche.
Wir sprachen den Nachmittag über nicht viel und waren beide in unsere Schulsachen vertieft.
Aber es machte mir nicht viel aus, nicht zu reden.
Ich genoss einfach die Stille, es war angenehm nicht immer reden zu müssen.
Als ich alles fertig hatte, packte ich meine Sachen wieder weg und sah dann Stegi dabei zu, wie er tief in Gedanken versunken, auf seinem Block rum kritzelte.
Als meine Mutter hoch rief, dass das Essen fertig ist, schreckten wir beide hoch und mussten lachen.
Das war das erste mal, das ich ihn lachen hörte.
Sein lachen war schön, aber er hörte viel zu schnell wieder damit auf.
Wir standen beide auf und gingen dann runter in die Küche.
Ben und mein Vater waren beide nicht da, also aßen wir nur mit meiner Mutter.
"Wir haben überlegt, ob wir am Wochenende Zelten gehen. Wir haben beide frei und Ben fragt schon seit Ewigkeiten. Hättest du auch Lust Tim?" fragte mich meine Mutter und sah mich abwartend an.
"Ich überlegs mir mal."
Früher waren wir oft zelten gewesen, meistens war Moritz mit dabei.
Ich hatte zwar Lust, aber ohne Moritz wäre es bestimmt nicht wie früher.
"Stegi kann ja mitkommen, natürlich nur wenn du willst." sagte sie und sah Stegi dabei an.
Stegi sah mich unschlüssig an, aber irgendwas sagte mir, das er gerne mitkommen würde.
Auch wenn er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
"Klar." sagte ich und lächelte ihn dann an.
Seine Mundwinkel zuckten ebenfalls kurz nach oben, aber nur für den Bruchteil einer Sekunde.
"Gut, dann rufe ich gleich mal deinen Vater an und sage ihm Bescheid." sagte sie und verschwand dann im Wohnzimmer.
"Wenn du lieber jemand anderen mitnehmen willst ist das okay, ich hab eh noch genug zu tun." sagte Stegi jetzt und tat wieder so, als würde ihn das alles nicht interessieren.
"Nein, ich würde mich freuen, wenn du mit kommst."
"Okay." sagte er und zum zweiten mal an diesem Tag, schlich sich ein kleines lächeln auf seine Lippen.
Und mein Herz machte einen kleinen Sprung, einfach weil es schön war, ihn so zu sehen.
Das redete ich mir jedenfalls ein.





Stexpert - Don't give up (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt