Runde 1, Tag 5

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Sie alle hatten Maxi insgeheim als brutal eingestuft. Und trotzdem überraschte er jeden aus der Gruppe.

Es war das erstmal, seit sie hier waren, dass die Sonne schien. Luis hatte nicht Recht gehabt, es hatte nicht gewittert. Die Sonnenstrahlen wärmten sie alle etwas auf und lockerten die Stimmung. Allerdings nicht für lange.
Eine Wolkenfront näherte sich von Westen und drohte die Sonne zu verschlucken.
"Können die nicht einmal die Sonne lassen?", beschwerte Tim sich.
Sie waren fast alle draußen um das gute Wetter zu genießen. Ari unterhielt sich gerade mit Tim und Yannik.
"Ja, schreckliche dieses düstere Wetter.", stimmte Yannik zu.
"Wo wir gerade dabei sind: der Gute-Laune-Macher kommt auch." Die drei sahen zum Haus hinüber. Es war Maxi. Er sah verbissen und grimmig aus, eben wie jeden Tag.
"Mit wem hat der sich jetzt gestritten?", fragte Tim amüsiert. "Wollen wir das wissen?", fragte Ari. Maxi kam geradewegs auf die drei zu. Und plötzlich zog er seine Hand aus der Jackentasche und warf etwas.
Der Stein traf Ari am Hals.
Der Junge keuchte überrascht auf und griff sich an die Kehle.
"Lauf!", rief Yannik, der nicht lange überlegen brauchte was gleich geschehen würde, als er auch schon von Maxi aus dem Weg und zu Boden gestoßen wurde.
Tim packte ihn an der Kapuze, doch Maxi glitt locker aus seiner Jacke. Jetzt erkannte Ari voller Schrecken, dass Maxi einen zweiten Stein in der Hand hielt nur viel größer.
Ari packte Maxi mit einer Hand am Hemd und trat mit dem Fuß nach ihm. Sein Mörder packte das Bein und brachte Ari zu Fall, stürzte allerdings mit ihm, weil Ari nicht los ließ.
Knurrend wie Hunde fielen sie aufeinander, Maxi rutschte der Stein aus der Hand. Ari hatte nicht vor, sich so einfach umbringen zu lassen, nicht nach der Demütigung durch Maxi.
Sie traten und schlugen nacheinander und Ari schaffte es sogar Maxi heftig in den Hals zu beißen. Sein Gegner ließ sich nicht irritieren, knurrte wütend und schlug ihm in die Magengrube.
Ari ließ stöhnend von ihm ab, seine Lippe war wieder aufgeplatzt.
Maxi war sofort wieder auf den Beinen und baute sich wie ein Schulhofschläger über Ari auf und ließ die Faust in sein Gesicht krachen. Ari war blind vor Schmerz, er hörte nur wie mit einem Knacken seine Nase brach. Ist das bei den Avataren überhaupt möglich? Sein Gegner ließ ihm keine Zeit zum Überlegen.
Maxi trat ihm erneut in den Magen und Ari krümmte sich. Inzwischen war auch der Rest der Gruppe hinzu gekommen. Als Yannik eingreifen wollte, schlug Maxi ihm so fest ins Zwerchfell, dass er keuchend zu Boden sank.
Vor den Augen der anderen hatte der schweigsame Maxi sich in einen brüllenden Tiger verwandelt.
Der Tiger lief nun zu dem großen Stein herüber, den er fallen gelassen hatte.
Währenddessen umklammerte Ari den Stein den Maxi nach ihm geworfen hatte. Zwar schwamm die Welt vor seinen Augen, doch er bemühte sich um seines Lebenswillen.
Dann war der Tiger wieder da, ließ den Stein auf ihn nieder sausen. Ari rollte sich zur Seite, sprang auf und zog den Stein quer über Maxis Brustkorb. Dessen Hemd zerriss, vereinzelte Kratzer waren auf seiner Brust.
Und wieder gingen sie aufeinander los, schlugen und kämpften. Keiner der anderen Anwesenden machte Anstalten einzugreifen.
Schließlich packte Maxi Ari an der Hüfte und warf sich mit voller Wucht auf ihn. Wieder gingen beide zu Boden, Maxis Arm unter Aris Rücken. Wütend zog er ihn hervor und setzte sich auf Aris Hüften. Sein Gegner lag betäubt am Boden, sah schwach zu ihm auf. Wie peinlich...
"Es ist nichts persönliches.", erinnerte Maxi Ari, dann lies er den großen Stein auf seinen Kopf niederkrachen.
Ari zuckte zusammen, dann wurden seine Hände locker.
Die eine rutschte von Maxis Hemd, die andere ließ den Stein zu Boden fallen.
Der Tiger griff in Aris Hosentasche und zog den Zettel hervor. Die ganze Gruppe sah ihm zu.
Maxi faltete den Zettel auf und las.
Robin
Langsam erhob er sich und drehte sich zur Gruppe um.
Sie wichen sofort alle zurück, in ihren Gesichtern Entsetzten.
Maxis Hemd war zerfetzt und zerrissen, er blutete aus einem Schnitt auf der Wange und aus mehreren an der Brust. Er konnte ahnen wie er aussah.
Die Zähne fast gefletscht, die kräftigen Arme angespannt, Hände zu Fäusten geballt und mit zornigem Blick.
Alle konnten die Narbe auf seiner Brust sehen.
Maxi hob seine Jacke auf und zog sie mit blutverklebten Händen an. Als er zurück ins Haus gingen machten sie ihm alle schweigend Platz.
Nur Sara wich nicht. Sie blieb mitten in Maxis Weg stehen und in ihren Augen stand unendlicher Schmerz. Trauer, Enttäuschung, Vorwürfe... Maxi konnte dem Blick nicht stand halten, senkte die Augen und drängte sich an ihr vorbei.
Ihre helle Stimme ließ ihn noch einmal inne halten.
"Hat er das verdient, Maximilian?"
Stille. Alle lauschten wie gebannt, als das zarte Lämmchen sich als einzige gegen den zornigen Tiger stellte.
"Keiner hat es verdient. Und trotzdem sind wir hier." Die Antwort kam schnell und leise.
Sie sahen ihm hinterher, als er im Haus verschwand.

Der Geruch von Regen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt