Malin fragte sich, ob sie jetzt wohl bestraft wurde, weil sie vor dem Kampf geflüchtet war.
Aber sie hatte nicht anders gekonnt, Alex tot am Boden und Maxi trotz dieser Wunde eine Bestie.
Wie hatte er die Wunde zwischen den Rippen verkraften können? Oder war er inzwischen daran gestorben?
Dann wäre Robin alleine.
Malin fragte sich, ob es erlaubt war erneut ein Team zu bilden, wenn sein Partner tot war.
Wie auch immer, sie war lieber alleine als mit Robin.
Er war ihr in der letzten Runde nicht sehr lieb vorgekommen. Vielleicht mochten sie sich einfach gegenseitig nicht.
Malin verschränkte die Arme um ihren Körper ein bisschen mehr von dem kalten Wind abzuschirmen, der dunkle Wolken vom Meer Richtung Land trieb.
Regen, schon wieder Regen.
Sie war alleine, unbewaffnet und der Natur und den anderen Teams ausgeliefert.
Scheiße gelaufen.
Diese Runde würde sie nicht überleben, wie konnte sie das auch nur hoffen.
Der Wind wurde immer stärker, riss an ihren Haaren und an ihrer Kleidung.
Malin biss sich auf Lippe um nicht vor Wut zu schreien oder zu weinen.
Der Wind stachelte sie auf, ließ sie zornig werden.
Zornig auf diese schreckliche Welt, auf diese schrecklichen Menschen die sie dazu zwangen.
Auf einem der höheren Hügel blieb sie schließlich stehen.
Sie war nicht weit vom Wald entfernt. Dort würde sie sicher Waffen finden und bestimmt auch ein besseres Versteck als hier in den Hügeln und zudem Schutz vor dem Wetter.
Also machte sie sich auf den Weg in den Wald, nahm die Wut mit, die Wut auf etwas Unveränderbares.
Sie hätte sich wieder beruhigt, ganz sicher hätte sie sich beruhigt. Und niemandem wäre etwas geschehen.
Aber das konnte Samuel nicht wissen, als er ihr gegenüber stand.
Die hübsche, schwache Malin, was konnte er schon verlieren.
Malin schlug ihn nieder, trat ihn, biss ihn, wollte nur Schmerzen zufügen ließ all ihre Wut aus.
Totschlag nannte man das.
Samuel schrie, der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen, sein gebrochener Arm brüllte vor Schmerz doch als sein Genick mit einem Knacken brach, hörte er auf.
Malin stand alleine im Wald, zu ihren Füßen eine Leiche.
Und keinen Moment später war Ari da.
"Samuel...", murmelte er und starrte in die glanzlosen Augen seines Partners.
Und wieder drehte Malin sich um, rannte feige davon.
Sie hörte Ari hinter sich, spürte plötzlich das Gewissen und die Erkenntnis, dass sie einen Menschen ermordet hatte, weil sie wütend war.
Ausgerechnet Samuel, den liebenswürdigen, nachdenklichen jungen Mann.
Malin rannte immer schneller, versuchte nicht nur vor Ari zu fliehen, sondern auch vor sich selbst und ihrer Tat.
Er war knapp hinter ihr, so knapp, dass sie etwas gefährliches wagte.
Sie fuhr herum und schlug ihm ins Gesicht.
Schmerz schoss durch ihre Hand, Blut aus Aris Nase.
Der junge Mann taumelte zurück, während Malin keuchend vor ihm stand, sich die Hand rieb.
Ari richtete sich langsam wieder auf.
Sein schwarzes Haar war zerzaust, der Mund stand ihm leicht offen und rotes Blut färbte seine Oberlippe und Nase.
Malin wollte wieder auf ihn losgehen, doch er packte sie an beiden Handgelenken.
Stumm standen die beiden sich gegenüber, rangen schweigend und ohne sich aus den Augen zu lassen.
"Mörder!", fauchte Malin.
Ari zerrte sie zu sich, drehte ihr die Handgelenke auf den Rücken. Eng aneinander gepresst standen sie da, Malin unfähig irgendwas zu tun.
Ihre Gesichter waren nur Zentimeter von einander entfernt.
"Selber.", sagte Ari kalt.
"Das war nicht dein erster Mord oder?"
Malin schwieg und zerrte an ihren Handgelenken, was sie nur noch enger an Aris kräftigen Körper drückte. Sie versuchte ruhig zu atmen, nicht wegen seine Nähe oder seiner Frage nervös zu werden.
"Sag es.", knurrte er.
"Luis!", fauchte sie schließlich. Ari starrte sie an.
"Du hast ihm die Kehle aufgeschnitten!" Malin gab einen zornigen Laut von sich.
"Du warst auch nicht besser!"
Ari schüttelte den Kopf.
"Ich war ehrlicher!"
Malin hielt abrupt inne und sah ihn an. Sie war so verzweifelt wegen ihrer Tat, wegen ihm und wegen des Spiels...vor allem aber wegen ihrer Gefühle.
Dann, ehe er sich versah, überbrückte sie die wenigen Zentimeter und küsste ihn.
Seine Lippen waren warm und trocken, sie schmeckte sein Blut. Malin war sich sicher, dass sich nie etwas so falsch und so schön anfühlen könnte. Und so unecht.
Ari war derart überrascht, dass er sie los ließ.
Sofort fuhr Malin herum und rannte erneut fort.
Fort von Ari, Samuel, der Wahrheit und ihr selbst.
Ari folgte ihr nicht und sie war unendlich froh.
Sie rannte solange, bis sie nicht mehr konnte und selbst dann redete sie sich noch ein, dass der Kuss nur für die Flucht gedacht war. Sie log sich selber an, aber inzwischen war ihr alles lieber, als die Wahrheit.
Ob sie etwas für Ari oder Tim empfand war doch völlig egal, hiernach würde sie sowieso sterben, ein für alle mal.
Und doch konnte sie das Gefühl seiner Lippen nicht vergessen, egal wie virtuell es war.
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Der Geruch von Regen
Ciencia Ficción"Valos" oder auch "Virtuell Avatar 01" genannt, ist ein neues Projekt, dass ein großer Schritt für die moderne Technologie werden soll. Doch bevor es auf den Markt kommt, wird es von 14 Testpersonen geprüft. Allerdings wird es für die kleine Gruppe...