Name: Paul Lechner
Alter: 20
Eingewiesen wegen:
Störung des SozialverhaltensWenn Helene oder Samuel Paul je als bösartig oder grausam empfunden hatten, dann würden sie ihn in seinem jetzigen Zustand fürchten und hassen.
Paul hatte kein Trauma oder Depressionen, er empfand keine Trauer, keine Verletztheit und Schwäche.
Er war zornig und wild.
Er stritt sich viel, tyrannisierte und bekam heftige Wutanfälle; er hatte eine Störung des Sozialverhaltens.
In der Psychiatrie war er in einem Sonderbereich untergebracht, damit er anderen nicht schaden konnte.
Was bei Yannik Depressionen hervor rief machte Paul wütend; er wollte seinen Hass auslassen.
Er hasste Lügen und Morde, Verrat und Tod, genau das, was ihn ausprägte.
Paul wusste selber nicht wem sein Hass eigentlich galt, ihm selbst oder anderen.
Seine Tabletten waren Beruhigungsmittel.
Selbst hier in der Psychiatrie, weit von Valos, war er als Engelsgesicht mit Teufelsherz bekannt.
Paul machte viel Sport, denn darein konnte er all seine Wut und Kraft verarbeiten und außerdem war es für seine Psychiater danach einfacher mit ihm zu reden.
Abends lag er dann im Bett, völlig erschöpft und kaputt von sich selbst.
Er war ein Tier, welches sich seine geschlagenen Wunden noch weiter aufriss, ein Wolf mit Tollwut.
Natürlich hatte auch er von Alexanders Tod mitbekommen und sein Zorn auf sich, Valos und die Welt war wie ein Vulkan explodiert.
Er wünschte Alex den Frieden, den er verdient hatte, den sie alle verdient hätten.
Vielleicht war das Leben nach dem Tod besser, aber Paul fürchtete sich fast schon davor ein weiteres Mal zu sterben, obwohl das Leben verhasst war.
"Die Mitarbeiter von Valos haben alle Gerechtigkeit zu spüren bekommen.", versicherter seine Psychiaterin.
Paul schnaubte.
"Gerechtigkeit und Rache sind das selbe, nur mit anderen Worten."
Lina schüttelte den Kopf.
"Das stimmt nicht."
Paul beugte sich vor, in seinen Augen brannte ein unlöschbares Feuer.
"Warum verwechselt dann die Menschheit Gleichberechtigung und Gerechtigkeit, wo sie doch so viel Wert auf die Trennung von Rache und Gerechtigkeit legt?"
Lina öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
"Die deutsche Politik hat das sehr gut im Griff."
Paul fauchte verächtlich.
"Ach, hat sie das? Wie konnte das mit Valos dann passieren? Es scheint, als hätte die deutsche Politik nicht halb so viel im Griff, wie sie sollte."
Lina schüttelte leicht den Kopf.
"Seit wann interessierst du dich für Politik?"
Paul atmete tief durch und machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand.
"Lenke nicht vom Thema ab, Lina."
Seine Psychiaterin zuckte mit Schultern.
"Okay. Dann erzähl mir was dir über Politik auf dem Herzen liegt."
Paul stand auf und drehte ihr den Rücken zu.
"Nein. Jetzt habe ich keine Lust mehr."
Lina schloss einen Moment die Augen. Sie versuchte nicht genervt zu wirken, dass reizte Paul nur.
Mit ihm konnte man sich nur wirklich unterhalten, wenn man mit ihm stritt oder diskutierte.
Und genau das wollten die Psychiater verändern.
Allerdings war es schwieriger als gedacht.
"Denkst du oft an die anderen Teilnehmer von Valos?"
Paul zuckte mit den Schultern.
Hin und wieder...öfter...manchmal.
Er träumte auch von einigen Geschehnissen in Valos.
Er antwortete nicht auf Linas Frage.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erhob Lina sich und ging, der eine der drei Sicherheitsmänner folgte ihr.
Paul hatte immer mindestens zwei von denen in seiner Nähe.
Er war ein wildes Raubtier, das bewacht werden musste.
Paul wusste aber auch nicht, wohin er weglaufen sollte, wenn er die Chance hätte.
Ein Zuhause hatte er nicht mehr. Seine Eltern waren getrennt und ihm egal, Geschwister hatte er keine.
Er hätte nirgendwohin gekonnt.
Das war vermutlich der einzige Grund, warum er blieb.Lina trat in das Büro der Psychiater, wo einige ihrer Kollegen gerade Pause machten.
Sie setzte sich mit einem Kaffee zu ihnen.
"Und? Wie lief es?"
Lina seufzte und schloss die Augen.
"Wie immer. Wir müssen irgendwas ändern, so kann das nicht weiter gehen. Sein Zorn macht ihn selber kaputt."
Ihr Kollege, Park hieß er, strich sich nachdenklich über die Kinnstoppeln.
"Jeder Zorn hat ein Ende."
Und wenn es der Tod ist.
"Ich würde sagen, wir sehen uns in Europa mal um, ob es eine bestimmte Therapie für ihn gäbe oder ob jemand Rat weiß."
Jetzt meldete sich Nicklas zu Wort.
"Betrachten wir ihn mal nicht als Menschen."
Lina zog eine Augenbraue hoch und Park sah verwirrt aus.
"Sondern als Raubtier. Ein Tier, das von Menschen misshandelt wurde. Gezüchtig, gezwungen, all das. Und dann hat man ihn aus dieser Gefangenschaft gerettet. Trotzdem ist das Tier nicht dankbar, sondern zornig und wütend. Warum? Einfach weil es Angst hat, dass ihm das abermals widerfahren könnte oder er in einer neuen Falle ist. Er muss erst Verbindung zu einem Menschen aufbauen und das vielleicht über lange Zeit. Ein langsamer Heilungsprozess."
Lina schüttelte den Kopf und stellte ihre Kaffeetasse ab.
"Du sprichst hier von einer Paranoiden Persönlichkeitsstörung, nicht von der Störung des Sozialverhaltens."
Park nickte zustimmend.
"Trotzdem ist es einen Versuch wert, immerhin reagiert er genau so wie Nicklas es beschrieben hat."
Lina seufzte und machte sich ein paar Notizen, es konnte ja nicht schaden.
"Und wen nehmen wir, zu dem er Vertrauen aufbauen soll?"
Park überlegte kurz und grinste dann.
"Ich kenne da jemanden."
Lina verzog besorgt das Gesicht.
"Glaubt ihr wirklich das hilft?"
Nicklas verdrehte die Augen.
"Einen Versuch ist es wert, oder weißt du etwas besseres?"
Lina gab nach, obwohl sie immer noch sehr besorgt war.
Sie vermutete das Paul mit seinem Hass und Zorn einfach nur seine schwachen Stellen verbergen wollte.
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Der Geruch von Regen
Science Fiction"Valos" oder auch "Virtuell Avatar 01" genannt, ist ein neues Projekt, dass ein großer Schritt für die moderne Technologie werden soll. Doch bevor es auf den Markt kommt, wird es von 14 Testpersonen geprüft. Allerdings wird es für die kleine Gruppe...