Tim wachte auf. Er und Luis hatten sich eng aneinander gekuschelt in eine winzige Höhle zum Schlafen gelegt.
Die Wärme des anderen hatte sie gegenseitig gewärmt.
Nachts war es schrecklich kalt, tagsüber ziemlich warm.
Es dauerte nicht sehr lange bis auch Luis aufwachte. Mühsam quetschten sie sich durch die Höhle nach draußen. Dort floss das Wasser immer noch gleichmäßig rauschend über den Sandstrand. Am Himmel waren keine Wolken zu sehen und es war auch nicht sehr dunstig.
Sicher war das der Grund, weshalb Luis die kleine Insel im Meer entdeckte, etwa fünfundzwanzig Meter entfernt. Die Gischt spritzte am Felsen hoch, doch sie erreichte die Kiste nicht, welche darauf thronte.
Übertriebenerweise schimmerte sie strahlend Gold und blendete in der Sonne.
"Wie sollen wir dahin kommen?", fragte Luis.
Tim zog sein Shirt über den Kopf. "Schwimmen."
Er schnürte seine Schuhe auf.
Luis packte ihn an der Schulter.
"Bist du wahnsinnig? Das Meer ist bestimmt noch sehr kalt, du weißt nicht was da rumschwimmt und der Wellengang ist nicht sehr ruhig."
Tim zog eine Augenbraue hoch.
"Ich schwimme seit ich klein bin, die paar Meter werde ich wohl überleben."
Luis sah wirklich besorgt aus.
"Na gut. Ich bin nicht begeistert."
Tim verdrehte die Augen.
"Ich sehe es."
Ohne eine weiteres Wort zu verlieren lief Tim ins Wasser und es war alles andere als warm.
Als es tief genug war, warf er sich nach vorne und begann sich mit kräftigen Schwimmzügen durchs Wasser zu bewegen. Die Kälte brannte schrecklich, doch er genoss es, genoss das Wasser, die Wellen, jede seiner Bewegungen.
Er hatte schon fast die Hälfte geschafft, als etwas schreckliches passierte.
Eben noch spürte Tim das eiskalte Wasser, hörte das Rauschen, im nächsten Moment fühlte es weiches Leder unter sich, die warme Decke über seinen Beinen und das Gewicht der Virtuell Reality Brille.
Immer noch hörte er das Meerauschen, sah die Wellen, jetzt allerdings von unten.
Tim krallte sich in das Leder, keine Sekunde später befand er sich wieder in Valos.
Ohne zu zögern schwamm er zurück zur Oberfläche, durchbrach sie und schnappte verzweifelt nach Luft.
Die Wellen hatten ihn weiter nach links getragen, die Insel war rechts vor ihm.
Tim schüttelte sich das blonde Haar aus der Stirn und kraulte weiter.
Was zum Teufel war das?
Endlich packte er den kalten Stein und zog sich auf die Insel.
Er keuchte immer noch, erschrocken über das Ereignis.
Kurz drehte er sich zu Luis um, der winkte als er Tim sah.
Der Schwimmer drehte sich zur Kiste und ließ den Verschluss aufschnappen.
Innen befand sich eine Plastiktüte. In dieser waren ein Feuerzeug, eine Art Schwert und ein Kompass.
Dieser hatte allerdings keine Windrose.
Tim runzelte die Stirn, ließ den Kompass aber drinnen und schloss den Plastiksack wieder.
Dann nahm er diesen zwischen die Zähne und sprang wieder ins Wasser. Die kalten Wellen schlugen über ihm zusammen, der Beutel schlug gegen seinen Brustkorb.
Tim tauchte auf und begann Richtung Land zu schwimmen.
Er sah Luis dort auf und ab gehen.
Endlich erreichte er den Strand, erhob sich aus dem Wasser und warf Luis den Sack zu.
Er selbst kam keuchend nach.
Und wieder geschah es, für den Bruchteil einer Sekunde war er nicht mehr in Valos, sondern in dem ledernen Stuhl in der Forschungseinrichtungen.
Allerdings war es so schnell vorbei wie es gekommen war. Tim fand sich kniend am Strand wieder.
Verwundert rappelte er sich auf und ging zu Luis hinüber, welcher nichts bemerkt haben zu schien.
"Ein Kompass ohne Blatt?", fragte er verwundert.
Tim nickte. "Trotzdem zeigt er in eine Richtung."
Der blonde Mann zog sein Hemd und seine Schuhe wieder an und wrang seine Hose so gut wie möglich aus.
Luis sah ihn besorgt an.
"Lass uns lieber ein Feuer machen, damit dir warm wird und deine Kleidung trocknet."
Tim war einverstanden und die beiden suchten trockenes Treibholz zusammen, was sich als gar nicht so einfach entpuppte.
Endlich saß Tim zitternd vor dem prasselnden Feuer.
Luis wunderte sich immer noch über den Kompass. Er drehte ihn um und ein überraschter Laut entfuhr ihm.
Tim sah ihn erwartungsvoll an.
"Der Kompass zeigt nicht nach Norden, sondern auf das Team, welches sich am nächsten bei uns befindet."
Sein Partner stöhnte leise.
"Toll, jetzt haben wir keine Ausrede mehr nicht nach den anderen zu suchen."
Luis runzelte die Stirn.
"Wieso nicht?"
Tim zuckte mit den kräftigen Schultern.
"Hat der nicht irgendwas davon gesagt, dass sie Monster auf uns hetzen wenn wir uns nicht gegenseitig abschlachten?"
Der Blick seines Partners verdunkelte sich.
"Ach so. Ja..."
Sie schwiegen und Tim rückte noch etwas näher an das Feuer heran.
"Scheiß Spiel.", fluchte Luis leise.
Tim nickte.
Doch in Gedanken wünschte er sich, dass Malin ganz weit von ihnen entfernt war.
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Der Geruch von Regen
Science Fiction"Valos" oder auch "Virtuell Avatar 01" genannt, ist ein neues Projekt, dass ein großer Schritt für die moderne Technologie werden soll. Doch bevor es auf den Markt kommt, wird es von 14 Testpersonen geprüft. Allerdings wird es für die kleine Gruppe...