Kapitel VIERZEHN

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~ Auckland, Neuseeland / 22. Mai . Februar 2017 / 5.58 pm ~

„Es tut mir Leid- Ja, natürlich kann ich mir das vorstellen", ich presste die Hand auf den Mund, um keinen frustrierten Schrei auszustoßen. „Nein, Sir, ich bin keine Familienangehörige, aber- Hallo?" Er hatte aufgelegt. Ich nahm das Handy vom Ohr und drückte so fest auf den Touchscreen, dass ich beinahe den Bildschirm unter meinem Finger knacken hörte. 

„Miss Sanders?"

Ich schenkte dem spießigen Anzugträger mit dem Klemmbrett keine Aufmerksamkeit und drehte ihm den Rücken zu, während ich bereits die nächste Nummer wählte. Irgendwo mussten doch Informationen herzubekommen sein.

Diesmal wurde ich direkt in eine Warteschleife gesteckt. Unruhig kaute ich an meinen Fingernägeln und trat von einem Fuß auf den anderen. „Ich sollte die Nummer ihrer Familie haben. Wieso habe ich die Nummer ihrer Familie nicht?" 

Wir wohnten seit fast zwei Jahren in einer Wohnung und gingen uns so gut wie täglich auf die Nerven, aber ich hatte die Nummer ihrer Familie nicht. Wie konnte das sein? Ich durchkramte mein Gedächtnis. In der Küche klebte ein Zettel mit allen Notfallnummer. Wieso hatte ich Idiotin den nicht mal abfotografiert?

Aber waren ihre Eltern nicht Anwälte? Wie viele Anwälte konnte es mit dem Nachnamen Fielding schon in Manchester geben?

„Low, bleib stehen", Johan griff fest nach meinem Handgelenk, sodass ich ihm nicht entwischen konnte, wie bei den letzten drei Malen, die er mir hatte durchgehen lassen. Ich schüttelte beinahe mechanisch den Kopf. „Ich kann jetzt nicht, ich muss- Hello?" Mit konzentriert gerunzelter Stirn wandte ich mich ab und versuchte der mechanischen Stimme zu folgen, die mir irgendetwas erklären wollte.

„Willow, du musst jetzt auf die Bühne", versuchte Johan es ein weiteres Mal, aber ich hörte ihm gar nicht zu. Auf gar keinen Fall würde ich da raus gehen, bevor jemand mir erklärt hatte, dass alles in Ordnung war. Ich würde so lange alle Telefonleitungen blockieren, bis man irgendwelche Informationen rausrückte, darauf konnten die sich verlassen. 

„In England ist es mitten in der Nacht. Du wirst frühestens in ein paar Stunden jemanden erreichen können", Johan schob sich wieder vor mich und schaute ernst auf mich hinunter. „Da draußen warten 84 Reporter nur noch auf dich, du kannst dich jetzt nicht einfach hier verschanzen. Hast du das verstanden?" 

„Irgendwer wird mir schon noch Auskunft geben", erwiderte ich stur und nahm das Handy vom Ohr, als ich schon wieder aus der Leitung gekickt wurde. Und was nun? Es gab niemanden, den ich noch nicht angerufen hatte. Polizei, Feuerwehr – selbst die Organisatoren der Arena hatten mich bereits abgewimmelt. 

„Willow-", Johan griff mit beiden Händen nach meinen Unterarmen. „Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um die Informationen zu besorgen, wenn du jetzt nur da raus gehst und deine Kollegen nicht weiter warten lässt. Okay?" Er hielt mich so lange fest, bis ich seinem Blick nicht mehr auswich und direkt in seine Augen sah. 

„Ich verspreche es dir. Wir werden es herauskriegen", betonte er so ernst, wie ich ihn nur selten bisher erlebt hatte. 

Ich schluckte schwer. Nickte stockend und erlaubte mir, dass erste mal seit zwei sehr langen Stunden, wieder einen Moment still zu stehen. „Jetzt atme tief durch", langsam machte er es mir vor. Ein, und wieder ausatmen. Ein und aus. Immer wieder.

Sehr langsam begann mein Herz wieder etwas an Tempo zu verlieren. Ich fuhr mir über den trockenen Mund, den Lippenstift hatte ich bereits wenige Minuten, nachdem er aufgetragen wurde, schon wieder abgetragen. Dann richtete ich den Hut auf meinem Kopf und strich die imaginäre Falte des blauen Spitzenkleides glatt.

Trust Me - n.h [beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt