*1* - »Wohnungssuche ... oder so«

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~ West Hollywood, Los Angeles / 14. Juli 2017 / 5.37pm ~

Nur wenige Sekunden, nachdem ich die Haustür hinter mir zugeschmissen hatte, wurde sie erneut geöffnet. Doch da war ich bereits einige Meter weiter, fast schon in der Küche, dessen Theke längs an dem großen Esstisch vorbeilief. Eine Terrassentür nach der anderen riss ich auf, bis ich schließlich mit beiden Armen am Rahmen gestützt in der letzten stehen blieb.

Zwei Herzschläge lang schaute ich auf die Longe-Möbel, registrierte das strahlende Blau des Pools im Schein der Spätnachmittagssonne. Dann wirbelte ich herum. „Du hast sie vergrault", klagte ich Niall an, der regungslos im Durchgang zum Wohnzimmer stand und mich beobachtete. „Wieso hast du sie schon wieder vergrault?"

Er schwieg. Immer noch.

„Diese Wohnung", ich trat einen Schritt nach vorne und stützte die Hände auf den Esstisch, der uns beide trennte. „Diese Wohnung war absolut perfekt. Gut gelegen, tolle Räume, nicht allzu teuer – und eine wirklich nette Studentin, die weder bei deinem, noch bei meinem Anblick zu sabbern begann oder total komisch wurde."

Ich hatte davor gezögert, Niall zu den WG-Besichtigungen mitzunehmen, weil ich befürchtet hatte, seine Anwesenheit würde die Entscheidung beeinflussen. Doch er hatte das unschlagbare Argument genannt, dass es wichtig war, meine zukünftigen Mitbewohner schon einmal an unseren gemeinsamen Anblick zu gewöhnen – immerhin hatte er vor, mich auch häufig besuchen zu kommen.

Nach dem ersten, zweiten und dritten Termin, bei denen wir nicht nur mit unangenehm aufdringlichen Angeboten eines Pärchens bedrängt und von einer ganzen Gruppe Fans überrollt wurden, sondern für die Untermiete auch als Promoter eines ehemaligen Werbemodels (Waschmaschinen-Werbung von vor vier Jahren) eingespannt werden sollten, war ich ganz froh über Nialls Gegenwart.

Doch nach der neunten Besichtigung war ich nicht mehr so doof, zu glauben, die Absagen würden wirklich nur aufgrund meiner Berühmtheit oder meines Jobs oder – beim heiligen Kaktus, einer „plötzlich" auftauchenden Schwester oder Freundin kommen.

„Wir waren uns einig, dass diese Situation hier nur vorrübergehend ist", versuchte ich es mit dem letzten Quäntchen Vernunft, dass ich noch irgendwo in meinem Körper auftreiben konnte. „Ich würde so lange hier wohnen, bis ich mir eine neue Wohnung besorgt habe, und fertig. So-"

„Wir waren uns nicht einig", widersprach Niall ruhig – es waren die ersten Worte, die er sprach, seit wir die Wohnung verlassen hatten. Wahrscheinlich hatte mein giftiger Blick ihn etwas abgeschreckt, als er im Treppenhaus nach meiner Hand greifen wollte.

„Wie bitte?"

„Wir waren uns nicht einig", wiederholte er die Worte noch einmal und trat einen Schritt näher. Ich runzelte die Stirn und nahm die Hände vom Tisch, um sie vor der Brust zu verschränken. „Du hast es gesagt und ich habe dir nicht schnell genug widersprochen. Aber ich habe nie gewollt, dass du dir eine neue WG suchst."

Gerne hätte ich ihm an dieser Stelle vorwerfen wollen, dass er mir einfach davon hätte erzählen können. Doch ich schwieg. Immerhin müsste ich blind gewesen sein, um nicht zu bemerken, wie wenig er sich mit dieser Idee anfreunden wollte.

Als wir vor knapp drei Wochen zurück nach LA gekommen waren, waren wir nur noch wenige Male in meine alte Wohnung zurückgekehrt. An einem Tag hatten wir mit Hilfe von Louis und Alice alle meine Sachen in Kisten gepackt und kurzerhand zu Nialls Haus nach Beverly Hills gebracht.

Als Dawns Eltern kamen, brachte ich nur kurz den Schlüssel vorbei und verschwand dann wieder, bevor vor Mr und Mrs Fielding weitere Tränen über meine Wange fließen konnten. Und zum letzten Mal, dass ich in Westwood war, da war es für ein kurzes Gespräch mit unserer Vermieterin, bei der sie mir noch einmal ihr Beileid bekundete, bevor wir uns gegenseitig ein schönes Leben wünschten und uns verabschiedeten.

Trust Me - n.h [beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt