Kapitel EINS

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~ Westwood, Los Angeles / 22. Oktober 2016 / 8.15 am ~

Unruhig wälzte ich mich auf die andere Seite des Bettes, als das penetrante Klingeln meines Handys einfach nicht aufhören wollte. Keine Ahnung wie viel Uhr wir hatten. Ich wusste nur, dass es definitiv sehr viel zu früh war!

Wieso konnte man mich nicht einfach mal ausschlafen lassen? 

Blind, das Gesicht ins Laken gepresst, tastete ich nach meinem Kopfkissen, um es mir aufs Ohr zu pressen. Dann hörte das Klingeln auf. Aber bevor ich auch nur erleichtert Luft holen konnte, setzte es wieder von neuem ein. Meine Proteste wurden durch die Matratze gedämpft, ich war kurz davor dieses Ding aus dem Fenster zu schmeißen. 

Wieso hatte ich bloß nicht den Ton ausgemacht?

WILLOW!", die Stimme meiner Mitbewohnerin dröhnte beeindruckend laut durch die dünne Trennwand. Ich konnte selbst in meinem Bett die Vibration spüren, als sie von der anderen Seite mehrfach mit der flachen Hand dagegen schlug. „GEH VERDAMMT NOCHMAL AN DEIN VERFICKTES HANDY!"

Ich brummelte unruhig und warf mich zur Seite, ohne dabei zu beachten, dass das Bett an dieser Stelle zu Ende war. Mit einem unangenehm lauten Rumms kam mein Hintern auf dem Parkettboden auf. Autsch. 

Stöhnend und reichlich ungeschickt rappelte ich mich auf und langte über die Matratze, um an mein Handy zu gelangen. Es brauchte mehrere Versuche bis ich den grünen Knopf fand und es mir dann ans Ohr knallte. „Was is?", nuschelte ich undeutlich und verzog bei dem widerlichen Geschmack in meinem Mund das Gesicht. 

Mach dich fertig. Ich rufe in fünf Minuten nochmal an", dann legte Johan auch schon wieder auf und das bevor mein verschlafenes Hirn überhaupt erst verarbeiten konnte, wen wir da gerade am Hörer hatten. Sprachlos starrte ich auf das dunkle Display meines Handys und fuhr mir dann über die zotteligen Reste meines Schlafzopfes. 

„Schläft dieser Mann eigentlich nie?" Mit einer ruckartigen Bewegung öffnete ich meine Zimmertür und keuchte im nächsten Moment schmerzerfüllt auf, als sie gegen meinen kleinen Zeh knallte. Die Luft anhaltend, um jeden Laut zu ersticken bis ich vor Dawns Beschimpfungen in Sicherheit war, hüpfte ich auf einem Bein durch den Flur hinüber ins Bad. 

Während ich mir mit einer Hand den Mund mit der Zahnbürste schrubbte (diese verdammten Cocktails waren definitiv nicht alkoholfrei gewesen!), untersuchte ich mit der anderen meinen leicht geröteten Zeh. „Zumindest nicht gebrochen." Das würde sich anders anfühlen. Und der Schmerz klang auch langsam wieder ab. 

Ich hatte genug Zeit meine Haare behilfsmäßig mit einem Haargummi hochzubinden und in der Küche den Wasserkocher anzumachen, bis mein Handy erneut klingelte. „Es ist kurz nach Acht", begrüßte ich meinen PR-Manager in einem unwilligen Tonfall. „Ich hatte nur fünf Stunden Schlaf."

Du wirst mir noch dankbar sein, wenn du erfährst was ich gerade für dich gedreichselt habe", das Tippen der Tastatur erklang im Hintergrund. Ich konnte ihn beinahe vor mir sehen, wie er in seinem Arbeitszimmer saß, eingekesselt von Papierkram und hochmodernen Computerbildschirmen, und mit Headset am Ohr die Rettung der Welt koordinierte.
... oder meine Karriere – was aber aus seiner Sichtweise ohnehin auf dasselbe hinauslief.

„Abwarten", brummelte ich zurück und schnappte mir meine Kaffeetasse, ehe ich auf die schmale Küchentheke hüpfte und die Beine anzog. Gerade war ich eher in der Stimmung, ihn mit dem gutem Porzellan meiner Großmutter zu bewerfen und anschließend wie Rumpelstilzchen um seine Leiche herumzutanzen. 

Er konnte froh sein, dass weder er noch Omas Schatztruhe in meiner Nähe waren, denn es war definitiv viel zu früh, als dass meine freundliche und selbstlose Seite bereits erwacht war. Jetzt wäre konnte das höchste der Gefühle nur sein, trotzig mein Handy gegen den Kühlschrank zu werfen, aber da es bereits mein Ersatztelefon war, konnte ich es mir nicht leisten noch einmal ein neues kaufen zu müssen. 

Trust Me - n.h [beendet]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt