Ankunft im Jahre 1944

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Saphir rieb sich über die Nasenwurzel.
Oh man! Wie war sie nur in diesen Schlamassel hinein geraten? Sie war extra nach Russland geflohen, um nicht in diesen Krieg hinein zu geraten. Ob Lord Voldemort lebte oder starb war ihr einerlei. Sie wollte von Anfang an nur ihre Ruhe und als Albus Dumbledore an ihre Tür geklopft hatte, um sie um Hilfe zu bitten, hatte sie ihm nur freundlich lächelnd den Mittelfinger gezeigt. Offenbar war es egal, was sie tat. Am Ende landete sie immer mitten drin.
Genervt starrte Saphir auf die Bürotür von Professor Dumbledore, dem Lehrer für Verwandlung im Jahre 1944.
Es war ihr ein Rätsel, wie sie in der Vergangenheit, und dann auch noch so weit, hatte landen können. Kein Zeitumkehrer schaffte diese große Distanz und sie besaß nicht einmal so ein Ding. Entweder hatte der allmächtige Gott ihr Schicksal beschlossen oder das mächtige Zaubererblut in ihren Adern war mal wieder an allem Schuld. Saphir tippte auf Nummer zwei.
Toll!
Ohne anzuklopfen, öffnete Saphir die Tür des Lehrerbüros und schob ihren Kopf ins Zimmer. Professor Dumbledore, knapp 50 Jahre jünger, saß hinter einem Schreibtisch und sah überrascht von einem Stapel Unterlagen über seine Halbmondbrille auf.
Ah, an der Brille hatte sich nichts geändert. Würde sich nichts ändern. Ach scheiß drauf!
„Miss, die Schule beginnt erst morgen Abend, was tun Sie denn schon hier?"
"Das frage ich mich auch!" blaffte Saphir ungehalten, schloss die Tür hinter sich und ließ sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch fallen. Buschige, braune Augenbrauen hoben sich fast bis zum Haaransatz.
„Ich rede nicht lange drum herum! Ich komme aus dem Jahre 1997 und bin durch ein bescheuertes Unglück hier gelandet, was ich weder witzig noch besonders toll finde und obwohl ich mit Situationen recht schnell zurecht komme, bin ich jetzt trotzdem auf ihre Hilfe angewiesen."
Dumbledore schwieg und musterte Saphir weiterhin mit gemischten Gefühlen. Misstrauen, Ungläubigkeit, Überraschung und noch etwas anderes, dass Saphir nicht zuordnen konnte.
„Habe ich das richtig verstanden? Sie behaupten aus der Zukunft zu stammen und erwarten von mir, dass ich das glaube?"
Saphir zuckte gereizt die Achseln. „Wenn Sie wollen, wiederhole ich dass alles nochmal während ich unter einem Wahrheitszauber stehe."
„Vernünftiger Vorschlag, meine Liebe."
Saphir verkniff sich jede Bemerkung bezüglich des letzten Teils des Satzes.

Fünfzehn Minuten später lehnte Professor Dumbledore sich komplett sprachlos in seinem Stuhl zurück und musterte das seltsame Mädchen, das vor ihm herumzappelte. Er hatte den Zauber richtig ausgesprochen und verwendet. Um diese Möglichkeit auszuschließen, hatte er den Zauber gleich mehrmals ausprobiert, bis die Dame vor ihm auf den Tisch geschlagen hatte, um ihn zum Aufhören zu bringen. Obwohl ihre Geschichte einfach nur unglaubwürdig klang, machte es doch irgendwie Sinn. Diese junge Frau war das seltsamste Wesen, das ihm je begegnet war und das lag nur zum Teil an ihrer Haarmähne, die in allen möglichen Blautönen schimmerte und vom Ansatz an immer dunkler wurde. Auch nicht ihre Augen, die in einem unnatürlichen Violett glühten, wie Flammen in der Dunkelheit. Oder ihre freche, anstandslose Art zu sprechen und das herausfordernde vor gereckte Kinn. Es war diese seltsame Aura von alter Macht, die um das Mädchen herum in der Luft hing und seine Sinne warnend aufschreien ließ. Diese Macht übertraf alles, was er je gespürt hatte. Selbst das undurchdringliche Sein einer seiner Schüler.
„Sie stammen also aus der Zukunft", fasste Dumbledore das Offensichtliche noch einmal in Worte. Eine volle Oberlippe schürzte sich und gab den Blick auf strahlend weiße Zähne frei. Die Schneidezähne stachen aus der sauberen Reihe hervor, indem sie länger und spitzer waren, als die anderen. Dumbledore blinzelte und richtete seine Augen wieder auf die seiner Gesprächspartnerin. „Was haben Sie jetzt vor, Miss...?"
„Saphir, und ich hatte gehofft, dass Sie mir bei dieser Frage weiter helfen können." Ihre Ausdrucksweise hatte sich innerhalb des Gespräches verbessert, aber sie schien jederzeit bereit wieder in die Sprache ihrer Zeit zurückzufallen. Dumbledore lehnte sich zurück und strich sich nachdenklich über seinen langen, kastanienbraunen Bart. „Wir könnten Sie hier in der Schule unterbringen, als Schülerin versteht sich, und sehen, ob uns vielleicht sogar eine bessere Lösung einfällt."
Saphir sah ganz und gar nicht begeistert aus. Sogar richtig mürrisch. Sie rieb sich über das Kinn. „Das könnten wir, aber ich bin bereits 19 und habe meinen Zeit auf der Schulbank abgesessen."
Der Professor musste schmunzeln. Offenbar mochte seine neue Freundin aus der Zukunft ihre Schulzeit nicht sonderlich.
„Wenn sie Ihren Abschluss bereits absolviert haben, werden Ihnen die Prüfungen sicher leicht von der Hand gehen."
Eine Augenbraue und ein Mundwinkel hoben sich in völligem Einklang. „Solange ich nicht unbedingt zu den Unterrichtsstunden erscheinen muss." Sie versuchte zu verhandeln.
Dumbledore streichelte weiter seinen Bart, während er nach einer Übereinkunft suchte. „Dann muss ich wohl die Lehrerschaft auf Ihre geistige Zerstreutheit hinweisen."
Das Schmunzeln verschwand und erneut trat dieser Ausdruck auf das Gesicht der Frau. Kompletter Widerwille.
„Na klasse, jetzt bin ich auch noch behindert", grummelte sie vor sich hin, dann hob sie ruckartig den Kopf und sah Dumbledore eindringlich an. „Also gut, aber lassen Sie es nicht so aussehen, als ob ich links nicht von rechts unterscheiden könnte und ich werde als Ihre Nichte in Hogwarts auftreten."
Dumbledore ließ sich das Angebot durch den Kopf gehen. Es klang ganz anständig.
„Also werde ich mit dem Schulleiter sprechen und die Lehrerschaft von ihrem geistigen Zustand unterrichten."
Erneut schoss eine Augenbraue hoch und Dumbledore hob beschwichtigend die Hände. „Kein Grund zur Sorge, meine liebe Saphir. Ich werde Sie nicht als eine Behinderte, wie Sie es nennen, darstellen. Nur etwas zerstreut und", er deutete auf Saphirs wackelnden Fuß und ihre trippelnden Finger, die auf der Holzfläche seines Schreibtisches Tango tanzten. „flatterhaft."
Sie musste lächeln. „Eine treffende Beschreibung, Professor. Flatterhaft! Eine schöne Beschreibung für mich."
Dumbledore erhob sich mit einem Lächeln und drückte Saphir die Schulter. „Da Sie als meine Nichte auftreten wollen, gehe ich davon aus, dass Sie von meinem Bruder wissen?!"
Schweigen.
„Ich weiß leider mehr, als gut für mich ist."
Diesmal schwieg Dumbledore andächtig und nickte schließlich. „Verstehe!" meinte er ruhig und drückte die schmale Schulter des Mädchens noch einmal, bevor er sich zum Gehen wandte, um mit Professor Dippet die Angelegenheit zu regeln. In der Tür hielt er allerdings noch einmal inne. „Wie lauter eigentlich Ihr echte Name?"
Die violetten Augen durchbohrten ihn. „Mein Name", meinte Saphir schließlich und legte andächtig einen Finger auf die Lippen. „Ist für Sie genauso gefährlich wie die Zukunft, die Sie nicht von mir kennenlernen dürfen."
Dumbledore nickte langsam mit gerunzelter Stirn und eilte aus dem Büro.
Mit einem Seufzer ließ Saphir sich zurück sinken und starrte an die Decke des Büros. „Ach Kacke man, ich hasse Schule!"

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