Saphir wagte einen schnellen Blick um die Ecke. Die Luft war rein. Blitzschnell flitzte sie um die genannte Ecke und bremste augenblicklich ab. Riddle stand keine zwei Meter von ihr entfernt im Gang und grinste breit auf sie hinab. Irgendwie grinste und lachte der dunkle Lord in letzter Zeit ungewöhnlich oft. Vor allem in ihrer Gegenwart.
Saphir starrte Riddle an und fluchte laut. Er schnalzte missbilligend mit der Zunge und hob mahnend den Finger. „Na na, Miss Dumbledore. Sowas sagt man nicht."
Sie warf ihm einen bösen Blick zu. Mit einer eleganten Bewegung ihres Kopfes schwang sie ihre Haare über die Schulter und stolzierte mit hocherhobenem Kopf an Riddle vorbei. Ein bisschen Arroganz schadete niemandem und war ganz normal für einen Slytherin.
Riddle lachte leise und hielt mühelos mit ihr Schritt. „Werden Sie heute wieder bei den Gryffindors sitzen, Miss Dumbledore?"
„Ich glaube kaum, dass ich dazu in der Lage bin, Mr Riddle." Sie nickte zwischen die Lücke zwischen ihnen. „Ich bin davon überzeugt, dass Sie meine Hand nicht los lassen werden."
Riddle drückte ihre kühlen Finger mit seinen und verstärkte seinen Griff. Es machte ihm nichts aus, dass ihre Ringe ihm dabei in die Handfläche schnitten. „Sie sind eine wirklich intelligente, junge Frau."
Ihre Antwort war nur ein leises Knurren. Sie erreichten die Große Halle. Saphir hatte keine Interesse an einer großen Show und ließ sich nicht von Riddle zu einem kurzen Halt überreden. Was vielleicht sogar die unauffälligere Option gewesen wäre.
Jetzt zerrte sie Riddle regelrecht hinter sich her zum Slytherintisch, machte keine Anstalten irgendwo stehenzubleiben. Zog Riddle stur hinter sich her, umklammerte seine Hand und ließ sich schnell auf die Bank am Tisch fallen. Malfoy und die Lestrangebrüder warfen den beiden überraschte Blicke zu. Jeder Slytherin unterbrach sein Frühstück. Zum Glück war Samstag und die Halle war nicht ganz so voll.
„Ist uns etwas entgangen?" fragte Malfoy, der seinen Marmeladentoast komplett vergessen hatte. Saphir warf ihm einen Wehe-Du-Fragst-Noch-Einmal-Blick zu. Doch Riddle hielt nicht den Mund und nahm auch keine Rücksicht auf Saphirs Nerven. „Ich habe beschlossen Miss Dumbledore nach dem Abschluss zu heiraten."
Diesen einen Satz hatte fast die ganze Halle mitbekommen und wenn nicht, dann spätestens, als Saphir von der Bank gefallen war und Riddle so entsetzt ansah, als wäre ihm gerade vor aller Augen die Nase abgefallen. Riddle warf bei ihrer Reaktion den Kopf in den Nacken und lachte. Die ganze Halle war still und alle lauschten dem vollen Klang von Riddles Lachen. Auch Saphir brauchte eine Weile bis sie sich wieder gefangen hatte und kämpfte sich zurück auf die Bank. „Darüber reden wir noch einmal, Mr Riddle", knurrte sie und hatte alle Mühe nicht rot zu werden.
„Oh, das sehe ich genauso, Miss Dumbledore", schnurrte er ihr ins Ohr und sie zuckte heftig zusammen, als sein warmer Atem ihre Ohrmuschel streifte und sie eine Gänsehaut bekam. „Lass das!" zischte sie und schupste ihn leicht mit der Schulter von sich weg. Riddle war davon ziemlich unbeeindruckt und rutschte sogar noch ein Stück näher zu ihr. Saphir biss die Zähne zusammen. Wo zur Hölle war der dunkle Lord geblieben, der sie so unbedingt töten wollte? Der bereits getötet hatte und die Weltherrschaft an sich reißen möchte. Dieser Riddle war fast schon gruseliger als der böse Lord Voldemort. War die Liebe nicht das Gefühl, dass er am meisten verabscheute und verachtete?
Saphir klaute Riddle sein frisch geschältes Ei vom Teller und verdrückte es in wenigen Sekunden. Zum einen weil sie keine Lust hatte sich selbst eins zu schälen und zum anderen weil sie ihn ein bisschen ärgern wollte, um seine Reaktion zu sehen. Er schüttelte seufzend den Kopf und wagte es doch tatsächlich ihr einen ihrer warmen Toasts mit weißem Honig vom Teller zu stehlen. Sie verkniff sich jedes Kommentar und verspeiste stattdessen schnell den anderen Toast, dass er ihr den nicht auch noch stibitzen konnte. Er war nicht wütend geworden, sondern hatte es ihr nur mit gleicher Münze heim gezahlt. War das alles Show? Ein Trick? Um sie ein zuwickeln und auf seine Seite zu ziehen? Was hatte er vor? Ganz sicher würde er sie nach dem Abschluss nicht heiraten! Das wäre total abwegig und passte überhaupt nicht in das Bild des bösen, Liebe verachtenden Lord Voldemorts. Irgendwas ging hier gerade gewaltig schief. Konnte sie wirklich auf Riddle vertrauen? Sie war eine gute Menschenkennerin, da konnte sie sich sicher sein. Aber in den letzten Tagen hatte sie nichts unehrliches an ihm entdecken können. Seine Seele, die bereits in drei Teile gespalten wurde, war plötzlich nicht mehr so düster und verletzt, wie sie zu Beginn gewirkt hatte. Sie war heller, leuchtete manchmal in seinen Augen auf. Es war fast so, als würde Saphirs Anwesenheit seine Seele langsam und Stück für Stück wieder heilen. Zwar fehlten zwei Teile, aber der unversehrte Teil seiner Seele, der noch in ihm lebte...
Saphir musste dringend mal ein ernstes Gespräch mit Dumbledore halten. Oder lieber doch nicht. Sie konnte Dumbledore noch nie wirklich leiden, auch wenn er ein brillanter Zauberer war. Aber solch ein Magier konnte genauso gut auch Psychiater werden. Die waren so schlau, dass sie einem irgendwie verworrene Tipps gaben und Fragen stellten, so lange bis man selbst auf die Antwort kam. Dumbledore wurde dafür vielleicht nicht bezahlt, dass er sich alles, was er wusste aus der Nase ziehen ließ, dafür ein Haufen anderer Arschlöcher umso mehr. Mit anderen Worten: Dumbledore war und würde es auch immer ein Klugscheißer und Besserwisser bleiben. Genauso wie Hermine Granger nur älter.
Saphir hatte nichts im Großen und Ganzen gegen diese Hexe, die zum Goldenen Trio von Hogwarts gehörte, aber sie war eine ewig nervende Besserwisserin. Die Zauberer brauchten kein Google, sie hatten Hermine. Nichts gegen diese beiden Zauberer. Sie waren voll in Ordnung. Wenn man sie aushalten konnte und Saphir hatte bekanntlich eine sehr kurze Lunte. Also musste sie sich wohl mit Liebe und den Auswirkungen dieses Gefühls selbst befassen.
Zusätzlich zu dem Versuch ein menschlicher Phönix zu werden. Ihre To-Do-Liste wurde irgenwie immer länger. Was kam als nächstes? Sex mit Riddle?
Schnell verwarf Saphir diesen Gedanken wieder, bevor sie auf schlechte Ideen kam, die sie nicht mehr rückgängig machen konnte. Vielleicht war Liebe ja dazu in der Lage eine zerrissene Seele wieder zusammen zu fügen. Eine kaputte Seele... Dafür gab es nämlich eigentlich kein bekanntes Heilmittel. Aber Liebe war ein starker, natürlicher Zauber, der sich nicht von einem Zauberstab bändigen ließ. Immerhin war die Liebe von Lily Potter so stark, dass ihr Opfer das Leben ihres Sohns gerettet hat. Wenn Liebe also den Tod abwenden konnte, warum konnte sie dann nicht auch in der Lage sein, eine Seele wieder zusammen zu setzten? Eigentlich war ja alles möglich, wenn man nur fest genug daran glaubte.
Plötzlich musste Saphir an die blöde Wand auf dem Bahnhof Kings Cross denken, durch die man durchrennen musste, um zum Hogwarts Express zu gelangen. Jedesmal wenn sie auf diese bescheuerte Wand zu gerannt war, musste sie sich immer wieder einreden, dass sie nicht dagegenrennen würde. Allein der Glaube, dass sie nicht gegen den Stein krachte, hatte die damals zu dieser Tat überreden können. Keiner, der einigermaßen bei Verstand war, rannte mit so viel Schwung auf eine Wand zu. Eine massive Steinmauer. Einmal dagegen und das Gehirn wäre Matsche.
Jedenfalls stellte Saphir sich das so vor. Sie hatte es bisher immer unbeschadet durch geschafft.
Ihre Gedanken wurden unterbrochen. Denn Riddle hielt ihre Hand fest, die sich vollkommen selbstverständlich zu seinem Teller verirrt hatte und ihm seinen besonders knusprigen Bacon zu stehlen.
„Hören Sie auf, mir mein Essen zu stehlen, Miss Dumbledore!"
Sie warf ihm ein spöttisches Grinsen zu und klaute ihm blitzschnell mit der anderen Hand den Schinken. Es blickte sie finster an. Fasziniert betrachtete sie seine Augen. Diese Dunkelheit in seinem Blick hatte nichts mit Mordlust zu tun, auch wenn das ihre erste Vermutung gewesen wäre. Allerdings durchlebte Riddle im Moment eine starke Veränderung, die der Pubertät Kongruenz machte.
„Vorsicht, Miss Dumbledore, oder mich muss Sie bestrafen!"
Okay, das klang jetzt so gar nicht nach einer sexuellen Anspielung!
Trotz ihres wilden Herzschlags setzte Saphir eine freche Miene auf. Lächelte spöttisch. „Ach wirklich, Mr Riddle? Lernen Sie nicht dazu? Wissen Sie etwa nicht, was das letzte Mal passiert ist, als Sie mich bestrafen wollten?"
„Wie könnte ich das vergessen?"
Der schurrende Unterton jagte Saphir eine Gänsehaut über den ganzen Körper.
Shit!
Das war definitiv eine sexuelle Anspielung.
Und als ob das nicht reichen würde, konnte Alphard Lestrange einfach nicht den Mund halten. Auch wenn er sich mit leicht geröteten Ohren über seinen Teller beugte, hörten Saphir und Riddle jedes Wort, das er sagte.
„Bei Merlin, sucht euch ein Zimmer!"
Alle starrten den jungen Lestrange fast schon entsetzt an. Doch dann konnte Saphir nicht mehr anders. Sie lachte und klopfte dem armen Kerl auf die Schulter. „Guter Rat, Mr Lestrange." Sie stand auf. „Kommen Sie, Mr Riddle, lassen Sie uns ein Zimmer suchen." Saphir lachte kopfschüttelnd und verließ die Halle. Alle Augen, die Saphir folgten, bis sie außer Sichtweite war, richteten sich jetzt schlagartig auf Riddle, der vollkommen baff am Tisch zurückgelassen wurde. Langsam erhob er sich, seine eine Hand ruhte leicht auf Alphards Schulter, der nicht wusste, was er in diese Berührung hinein interpretieren sollte. Dann sprintete er Miss Dumbledore hinterher.
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Times Gryffindor & Slytherins Erbe
FanfictionWir schreiben das Jahr 1944. Noch ist Lord Voldemort ein Junge namens Tom Vorlost Riddle. Doch bald wird er mit seinem Plan beginnen. Er schart bereits seine Todesser um sich und in seiner Seele hat sich die Dunkelheit eingenistet. Als dann in seine...