Kein Entkommen

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Saphir blinzelte. Helles Licht stach ihr in den Augen. Sie wollte die Hand heben, um ihre Augen ab zuschirmen, doch ihre Arme waren zu schwer. Ihr war schwindelig, schlecht. Kurz gesagt: Sie fühlte sich beschissen!
Sie hustete und ihr Körper krümmte sich zusammen. Eine kühle Hand landete auf ihrer Stirn. Madam Pomfrey beugte sich mit ernstem, leicht besorgtem Gesicht über sie. Saphir schaffte es, sich im Bett aufzurichten. Sie lag im Krankenflügel.
Verwirrt sah sie sich um. Blickte zu der Krankenschwester auf. „Was ist passiert?" Ihre Zunge war schwer, sie lallte leicht, ihre Zunge stolperte über die Wort. Der besorgte Ausdruck in Madam Pomfreys Augen nahm zu. „Ihr Körper hat versagt."
Verwirrt kniff Saphir die Augen zusammen. Ihr Blickfeld war verschwommen, sie schüttelte leicht den Kopf und versuchte sich auf die Frau vor sich zu konzentrieren. „Mein Körper hat versagt?" wiederholte sie leise und noch etwas stotternd. Die Bedeutung des Satzes sickerte langsam zu ihr durch. Ihre Augen wurden groß. Ihr Körper hatte versagt?!
„Ihr Herz hat für wenige Sekunden aus gesetzt und offenbar haben für diesen kurzen Zeitraum alle Organe in ihrem Körper den Dienst ein gestellt."
Jetzt war Saphir richtig schlecht.
Shit!
Die Zeit wurde ihrer langsam mächtig. Ihr Körper konnte der enormen Menge an Magie nicht mehr stand halten und sie war zusammen gebrochen. Offenbar musste sie für die Rückkehr in ihre Zeit für mehrer Minuten oder längere Sekunden tot sein. Die wenigen Sekunden reichten nicht aus. Die Zeit holte sie ein. Es gab kein Entkommen!
Saphir krallte die Finger erschreckend kraftlos in die Decke über ihrem Körper, der plötzlich viel zu schwach geworden war. Sie musste sich beeilen, wenn sie nicht sterben wollte. Ihr blieb nicht mehr viel Zeit. Die letzten zwei Monate hatten sie vollkommen vergessen lassen, wie ernst ihre Lage war. Mit einem gewissen Slytherin an ihrer Seite, der sie ständig abgelenkt hatte und einem Chor, der sie auf Trapp gehalten hatte, war das keine große Kunst. Vor allem war Saphir doch ein wenig verträumt und schob Probleme gerne mal von sich weg. Im besonderen die großen.
Madame Pomfrey drückte ihre Hand, um ihre Aufmerksamkeit zurück zu bekommen. Saphirs Stimme war tonlos, als sie der Zauberin eine Lüge auftischt. „Es ist eine chronische Krankheit, von der ich gehofft hatte, sie überwunden zu haben. Offenbar habe ich mich getäuscht. Es gibt keine Heilung! Mein Körper wird langsam versagen, die Organe werden den Dienst einstellen."
„Warum hat Professor Dumbledore mich nicht davon unterrichtet?" brauste die Krankenschwester auf.
„Weil er nichts davon weiß", murmelte Saphir nur. Madame Pomfrey verstummte erschrocken.
„Niemand außer mir weiß davon." Langsam hob Saphir den Kopf, erschrocken davon, wie schwer ihr eine solch einfache Bewegung fallen konnte. „Bitte, Madame Pomfrey, können Sie meinen Onkel holen? Ich muss mit ihm reden."
Die Dame schwieg für ein paar Sekunden, bevor sie mit einem tiefen Seufzer aus dem Raum rauschte. Saphir lehnte sich gegen das Bettende und schloss mit einem erschöpften Seufzer die Augen. Ihr Körper war bereits jetzt nichts weiter als ein Frack.
Sie legte sich eine Hand auf die Stirn. Erschrak über die Kälte ihrer Glieder und die Hitze ihrer Haut. Ihr Körper kämpfte. Kämpfte mit aller Macht gegen die Magie. Versuchte sich zur Wehr zu setzen. Gegen diesen Ansturm der Macht, die sich langsam in ihren Körper fraß.
Die Tür zum Krankenflügel ging auf. Saphir hob den Kopf und zuckte überrascht zusammen, als sie Riddle hereinrauschen sah. Sein Gesicht war finster, er strahlte die Macht und die Wut des dunklen Lords aus. In diesem Moment war sich Saphir sicher, dass dieser Riddle lieben als auch zum dunklesten Zauberer der Geschichte werden konnte. Wenn er die Liebe bereits kannte, dann würde er unbesiegbar sein. Nur sein Spott gegenüber der Liebe, würde ihn verletzbar gemacht haben. Für die starke Macht der Liebe, mit der Lily Potter ihren Sohn Harry Potter würde gerettet haben.
Jeder von Saphirs verwirrenden Gedanken wurde unterbrochen, als er vor ihrem Bett stehen blieb und mit dunklen Augen auf sie hinabsah. Ihre Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln, das leicht verrutschte, je dunkler die Aura um ihn wurde. Schließlich senkte Saphir als erstes den Blick und starrte stattdessen auf seine Hände, die er zu Fäusten geballt hatte. Seine Knöchel waren weiß, so fest drückte er seine Finger zusammen. Unter Aufbringung all ihrer Kräfte, streckte sie ihren schweren Arm aus und umfasste einer seiner Fäuste. Zupfte sanft an seinem Ärmel. Er trat einen Schritt näher an ihr Bett heran. Saphir hob seine verkrampfte Hand an ihre Lippen und küsste jeden Knöchel einzeln. Seine Finger lockerten sich ein Stück und sie bog sie auseinander. Spielte mit seinen langen, kühlen Fingern. Drückte sie an ihr heißes Gesicht. Doch wagte es nicht, ihn an zusehen.
„Ich werde sterben", murmelte sie in seine Handfläche. Er erstarrte. Bewegte sich nicht mehr.
„Mein Körper wird immer schwächer, bis er alles aufgibt. Dann wird mein Herz aushören zu schlagen."
Blitzschnell entriss er ihr seine Hand und packte ihr Kinn. Zwang sie dazu, ihn an zusehen. Ihr Gesicht verzog sich leicht. Früher hätte sie ihm dafür eine ordentliche Kopfnuss gegeben, jetzt konnte sie ihn einfach nur machen lassen. Konnte sich nicht mehr gegen ihn wehren.
„Hör auf zu reden, Dumbledore!" knurrte er und Saphir blinzelte heftig. Seine Augen waren schwarz wie die Nacht. Seine Seele hatte sich tief in ihn zurück gezogen.
Saphir presste die Lippen zusammen. Erst jetzt spürte sie, wie sehr sie bei ihm bleiben wollte. Sie wollte ihn nicht verlassen! Oder zurück lassen! Ihr Körper war schwach, ihre Schutzmauern niedergerissen.
Das war der einzige Grund, der Saphir einfiel, warum ihre Sicht immer stärker verschwamm und dann die ersten Tränen seit einer Ewigkeit über ihre Wangen rollten. Mit dieser Reaktionen hatte keiner der beiden gerechnet.
Riddle riss überrascht und fast schon erschrocken die Augen auf. Schillernde Tränen, die wie flüssiges Silber aussahen, perlten über ihre Wangen und tropften von ihrem Kinn. Mit beiden Händen umfasste er ihr Gesicht. Sie war so heiß! Zu heiß!
Vorsichtig und mit einem gewissen Grad an Faszination fing er die Tränen mit den Fingern auf. Feucht und heiß und wahrscheinlich würden sie salzig schmecken, wenn er sie sich auf der Zunge zergehen lassen würde. Er wollte diese Tränen schmecken. Die Tränen seiner Saphir.
Langsam beugte er sich zu ihr hinab und leckte ihr hauchzart über die nassen Wangen. Sie sah ihm in die Augen. Es schien ihr nichts auszumachen.
Also leckte er ihr so lange die Tränen von den Wangen, bis keine mehr kamen. Sie schniefte. Noch nie hatte er sie so schwach gesehen. Selbst wenn sie schlief strahlte sie Ruhe und Kraft aus, aber jetzt hing die Schwäche um sie herum in der Luft. Es passte nicht zu ihr. Alles an diesem Bild war einfach nur falsch!
Sie legte die Hände auf seine und schmiegte sich mit geschlossenen Augen in seine Handflächen. Riddle knirschte mit den Zähnen. Sein Zorn auf das Schicksal, Gott, die Welt, oder wer auch immer die Fäden von Saphirs Schicksal in der Hand hielt, wuchs immer weiter.
In einer schnellen Bewegung riss er sie an seine Brust und umschlang sie fest mit beiden Armen. Ihre Finger krallten sich am Rücken in seinen Umhang. Früher hätte sie ihn mit diesem Griff halbe ausgezogen, doch diesmal hatten ihre Finger schon Mühe den Stoff festzuhalten. So schwach!
Riddle vergrub die Nase in ihrem Nacken, sie erschauderte leicht, als sein Atem über ihre kalte Haut strich. In ihren betörenden Geruch nach Honig und Vanille hatte sich noch eine andere Note gemischt. Der Geruch nach Tod hing an ihr.
Er biss die Zähne zusammen, sein Griff verstärkte sich. Nein! Er würde nicht zu lassen, dass sie starb! Er würde sie retten! Niemand durfte über ihr Schicksal bestimmen. Niemand außer ihm!

Times Gryffindor & Slytherins ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt