Saphir trippelte mit dem Fuß und hörte nur mit halben Ohr der Begrüßungsrede von Schulleiter Dippet zu. In Gedanken war sie wo anders und durchbohrte den armen, alten Hut, der für die Häuserverteilung zuständig war, mit scharfen Blicken. Bei ihrer letzten und einzigen Auswahl hatte er sie nach Gryffindor gesteckt, auch wenn sie auf ein anderes Ergebnis gehofft hatte. Saphir fand, dass sie eher zu dem Image der bösen Königin passte. Sie war nicht die mutige Heldin. Und schon gar keine Prinzessin. Diesmal war es Saphir jedoch schnurzpiep egal, wo sie landete, solange man sie in Ruhe ließ.
Sie zupfte an den zu langen Ärmeln ihres Schulumhangs herum und schüttelte sie über ihre langen, eleganten Finger. Die Schüler applaudierten. Offenbar hatte der alte Schulleiter seine Rede beendet und ließ sich nun zurück auf seinen Stuhl sinken. Er sah aus, als ob er bald ins Gras beißen würde.
Die Erstklässler wurden aufgerufen, von einer Lehrerin, die Saphir nicht kannte, also ließ sie ihren Blick über den Lehrertisch schweifen.
Ah, Professor Slughorn. Der füllige Lehrer war gut gelaunt und applaudierte fröhlich, wenn sein Haus um einen weiteren Schüler erweitert wurde. In der Zukunft würde er nach seiner Kündigung ein weiteres Mal in Hogwarts unterrichten, allerdings war Saphir da nicht mehr anwesend, was in ihr kein Bedauern hervor rief.
Nach und nach setzten die Neulinge sich strahlend zu ihren Häusern, bis auch der letzte auf seinem Hintern saß.
Oh man, jetzt war Saphir dran.
Professor Dippet stand ein weiteres Mal auf und Saphir machte sich kurz Sorgen, ob er nicht über seinem noch leeren Teller zusammen brechen würde. Aber nein, er schaffte es.
„Und jetzt, bevor wir unsere Zähne in das köstliche Festessen schlagen, haben wir noch einen Neuling. Begrüßen Sie bitte alle mit mir die Nichte unseres wertgeschätzten Professors: Saphir Dawn Dumbledore."
Das klang ja richtig cool!
Mit erhobenem Kopf und verschlossener Miene trat Saphir durch das Eingangstor und schritt zwischen den applaudierenden Tischen hindurch. Die Schüler brauchten eine Weile, um zu realisieren, was dieses Mädchen so seltsam machte. Haare in allen möglichen Blautönen.
„Sie wechselt für ihr letztes Schuljahr an unsere Schule und wird hier ihren Abschluss absolvieren."
Der Applaus der Schüler verklang und alle verfolgen gespannt und tuschelnd, da ihre Haare immer noch für Gespräche sorgten, wie sich Miss Dumbledore auf den Stuhl für die Auswahl sinken ließ und sich den alten Hut auf die blauen Haare setzte.
Stille!
„SLYTHERIN!"
Der Tisch unter den grünen Bannern begann zu klatschen. Zwar etwas verhalten, aber doch mit einem gewissen Grad an Begeisterung. Mit einer eleganten Bewegung gab Saphir den Hut zurück, ging auf den Tisch zu und ließ sich gelassen auf der Bank nieder.
So sollte es also sein.
Keine Hände, wie damals in Gryffindor, wurden ihr gereicht und Saphir hätte sie auch nicht geschüttelt. Sie war keine kleine, naive Erstklässerin mehr und im Gegensatz zu diesen Schülern war sie wirklich älter.
Einige Slytherins schielten immer wieder zu ihr und betrachteten ihre langen Locken.
„Lasst das Fest beginnen!" rief der alte Schulleiter überraschend kräftig und klatschte in die Hände. Den Trick kannte Saphir schon und deshalb war sie kein bisschen überrascht, wie die Erstklässler, denen die Münder offen standen. Ihr Mundwinkel zuckte leicht, doch sie hatte nicht sonderlich Hunger. Dazu war sie heute nicht körperlich aktiv genug gewesen.
Sie schob die Kartoffeln auf ihrem Teller hin und her, dabei wanderte ihr Blick über ihre jetzigen Mitschüler und blieb an einem Jungen hängen. Ihre Augen verengten sich ein Stück und ihr Kopf neigte sich leicht zur Seite. Schwarzes, volles Haar. Dunkle, scharfe Augen. Ein blasses, kantiges Gesicht und eine dunkle Aura der Macht.
Ach du Scheiße!
Tom Vorlost Riddle! Lord Voldemort!
Na super!
Erst dachte Saphir sie wäre raus und jetzt steckte sie drin bevor es überhaupt angefangen hatte.
Saphir wandte mit einem genervten Seufzer den Kopf ab und schob ihren Teller zur Seite. Stattdessen griff sie nach einem Vanillepudding, als jemand sie ansprach.
„Sie sind also die Nichte von Professor Dumbledore?!"
Alle, die es hörten, drehten sich zu dem Jungen um, der es gewagt hatte die blauhaarige Miss Dumbledore als erster anzusprechen. Saphir drehte den Kopf in die Richtung des Jungen. Ein listiger Blick traf den ihren und er lächelte falsch. Ihr Nacken knackte, als sie den Kopf schief legte und ihr Mundwinkel sich zu einem genauso falschen Lächeln hob. „Soll ich Ihnen ein weiteres Mal meinen Namen sagen, um Ihrem Gehirn auf die Sprünge zu helfen?" giftete Saphir süßlich und der Junge richtete sich ruckartig auf. Mit einem spöttischen Augenaufschlag wandte Saphir sich wieder ab. Plötzlich lachte der Junge und reichte der neuen Schülerin seine Hand. „Sie gefallen mir, Miss Dumbledore! Sie sind vielleicht mit Professor Dumbledore verwandt, aber eindeutig nicht wie er."
Saphir ließ den Jungen einen Weile zappeln , bevor sie mit einer eleganten Bewegung mit ihrer zierlichen Hand die seine schüttelte. „Mit wem habe ich denn die Ehre?" säuselte Saphir mit demselben giftigen Grinsen wie zuvor. Sein Lächeln blieb genauso falsch. „Lestrange! Alphard Lestrange!"
Na toll! Das war doch der Onkel von Bellatrix Lestrange, der Sirius Black Geld für seine Wegrennaktion gegeben hatte und deshalb zusammen mit seinem Neffen aus dem Stammbaum weg gesprengt wurde.
Saphirs Lächeln verrutschte etwas.
Sie wusste eindeutig zu viel über Dinge, von denen sie nichts wissen sollte.
„Na dann, Mr. Lestrange!" Sie hob ihr Glas und prostete dem jungen Lestrange zu. „Wie geht es ihrem Bruder?"
Die Überraschung war ihm deutlich anzusehen, als Saphir lässig auf den Jungen ihnen gegenüber zeigte.
„Sie scheinen sehr aufmerksam zu sein", meinte Alphard langsam und sah zu seinem großen Bruder, der zurück blickte. „Woher wussten sie von unserer Familienbeziehung?" wagte er schließlich zu fragen. Saphir nahm einen Schluck von ihrem Getränk, das zwar gut schmeckte ihr aber nicht bekannt war, und deutete ohne zu lächeln auf die Hände der Männer. „Sie tragen beide den selben Siegelring, meine Herren."
Die Brüder sahen auf ihre Finger hinab und nach einer langen Schweigepause begann der große Bruder zu lachen und reichte Saphir nun seinerseits die Hand. „Sie gefallen mir, Miss Dumbledore. Cygnus Lestrange!"
Sie schüttelte seine Hand und widmete ihre Aufmerksamkeit wieder dem Pudding. Die Zurechtlegung der Sätze im Kopf ging ihr auf die Nerven und machte sie hungrig.
Sie schob sich den ersten Löffel in den Mund und genoss den Geschmack in ihrem Mund.
„Ist ihre Haarfarbe natürlich?"
Saphir hob den Kopf und sah Cygnus an. Legte den Kopf schief. „Vielleicht", lächelte sie spöttisch. Plötzlich versteifte sie sich und biss auf den Löffel. Eine schlanke, blasse Hand schob sich in ihr Blickfeld und Saphir musste gar nicht aufsehen, um zu wissen, wer da vor ihr stand. Ihre linke Schulter zuckte leicht und knackte, als sie den Kopf drehte und in das lächelnde Gesicht von Tom Vorlost Riddle blickte. Ihre Augenbrauen zogen sich leicht zusammen und kein Lächeln, nicht einmal ein giftiges, zupfte an ihrem Mundwinkel.
„Willkommen in Hogwarts, Miss Dumbledore! Mein Name ist Tom Riddle und wenn Sie Probleme haben, können Sie jeder Zeit zu mir kommen."
Demonstrativ hob Saphir ihr Glas und führte es an ihre Lippen. Das freundliche Lächeln auf Riddles Gesicht verrutschte und er ließ seine Hand sinken.
„Soll ich zu Ihnen kommen, Mr. Riddle, weil Sie Vertrauensschüler sind oder ein so herzensguter Mensch?" Die falsche Weichheit entging niemanden und die Lestrangebrüder sahen Saphir entsetzt an. Riddle betrachtete Saphir weiterhin mit schief gelegtem Kopf und freundlichem Lächeln. Doch Saphir ließ sich nicht täuschen. In seinen Augen, hinter der freundlichen Fassade, glomm die Wut über ihre öffentliche Zurückweisung und sicher stellte er sich gerade vor, sie mit dem Todesfluch durch die Halle zu schleudern. „Sie scheinen eine sehr humorvolle Person zu sein."
Saphir warf den Kopf in den Nacken und lachte. Der halbe Tisch verfolgte bereits die Unterhaltung. Kichernd sah sie Riddle wieder an. „Wie nett von Ihnen, es so zu benennen. Unverschämt wäre eine passendere Bezeichnung gewesen, aber ein Gentleman, wie Ihr es seit, kann eine Dame natürlich nicht als unverschämt bezeichnen."
Schweigen!
Mit einem unverschämt spöttischen Grinsen schob sie sich einen weiteren Löffel Pudding in den Mund. Nach ein paar weiteren Minuten Stille zeigte Saphir mit dem Löffel auf den Vertrauensschüler. „Ach herrje, habe ich Sie sprachlos gemacht? Das tut mir wirklich leid!"
Riddle lächelte wieder und ließ sich auf die Bank neben Cygnus sinken. „Sie sind eine wirklich seltsame Person, Miss Dumbledore."
„Da weiß ich aber passendere Adjektive, die auf mich zutreffen", grinste Saphir und lehnte sich leicht vor. Es machte ihr tatsächlich Spaß, dieses Ping-Pong-Gespräch zu führen.
„Ach wirklich, Miss Dumbledore? Verraten Sie mir auch, wie Sie sich selber beschreiben würden?"
Das Grinsen, das auf Dumbledores Lippen erschien, erweckte in Riddle das Gefühl, etwas falsches gesagt zu haben.
„Aber natürlich, Mr. Riddle. Spöttisch, sarkastisch, giftig, unaufgeschlossen und flatterhaft", zählte sie an den Fingern ab. „Um nur ein paar der besten Eigenschaften aufzuzählen." Ihre sarkastisch freundliche Antwort brachte alle, die es gehört hatten, zum Schweigen. Riddle hatte Probleme sein Lächeln aufrecht zu halten. „Sie sind... sehr ehrlich."
Erneut brach Dumbledore in Gelächter auf. Dann stützte sie versöhnlich lächelnd das Kinn in die Hände. „Nennen Sie es, wie Sie wollen, Mr. Riddle. Es ist wirklich amüsant, Ihnen dabei zu zusehen, wie Sie versuchen freundlich zu bleiben."
Riddle biss die Zähne zusammen. Noch nie war ihm so eine unverschämte Person begegnet, wie diese lächelnde, blauhaarige Frau vor ihm!
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Times Gryffindor & Slytherins Erbe
FanfictionWir schreiben das Jahr 1944. Noch ist Lord Voldemort ein Junge namens Tom Vorlost Riddle. Doch bald wird er mit seinem Plan beginnen. Er schart bereits seine Todesser um sich und in seiner Seele hat sich die Dunkelheit eingenistet. Als dann in seine...