Unerwartet

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Mit einem frustrierten Fauchen knallte Saphir die Stirn auf die Seiten des Buchs, das sie gerade wälzte. Oder es wenigstes versuchte. Ihre Gedanken schweiften immer wieder ab, sie konnte sich einfach nicht konzentrieren. Sie musste immer wieder an ein bestimmtes Zimmer mit einem bestimmten Möbelstück denken und wurde fast verrückt dabei.
Minerva warf ihr einen Blick unter gehobenen Augenbrauen zu. „Miss Dumbledore, geht es Ihnen gut?"
Saphir machte sich nicht einmal die Mühe den Kopf zu heben. „Bin nur frustriert", stöhnte sie in das Pergament des alten Buchs. Plötzlich überzog eine Gänsehaut ihren Körper. Keine Sekunde später spürte sie, wie sich jemand über sie beugte. Ein herber Geruch stieg ihr in die Nase.
„Was frustriert Sie denn so, Miss Dumbledore?"
Ein lautes Poltern rief die Bibliothekarin auf die Bildfläche. Sie warf den Schülern böse Blicke zu. „Ssssscht!" machte sie, bevor sie wieder zwischen den Regalen verschwand. Saphir rappelte sich schnell vom Boden hoch. Ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust und wollte sich einfach nicht mehr beruhigen. Zum Glück waren ihre Haare heute offen.
Mit einer schnellen Bewegung riss sie das Buch über Phönixe an sich, schüttelte sich die Haare vors Gesicht und flüchtete regelrecht aus der Bibliothek. Überrascht sah Riddle ihr hinter her. Kein frecher Spruch, rein gar nichts. Sie war einfach abgehauen.
„Mr Riddle!"
Er drehte sich zu Miss McGonagall um, die ihn über den Rand ihrer rechteckigen Brille scharf musterte. Sie war eine kluge Gryffindor, die er für ihre Scharfsinnigkeit respektierte.
„Kennen Sie den Grund für Miss Dumbledores seltsames Verhalten? Sie kann sich seit gestern Nachmittag auf rein gar nichts konzentrieren."
Riddle zog die Augenbrauen hoch. „Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, Miss McGonagall, aber ich habe keine Ahnung." Seine Worte widersprachen seinem breiten Grinsen.
„Verstehe!" Ihre Augen richteten sich wieder auf das Buch, das vor ihr auf dem Tisch lag. „Sie ist eine Person, die Respekt verdient, Mr Riddle. Ich hoffe Sie bringen ihr diesen entgegen."
Riddle betrachtete das Mädchen eingehend. „Da haben Sie durchaus Recht, Miss McGonagall." Dann wandte er sich ebenfalls zum Gehen, um Miss Dumbledore hinterher zu jagen.

Saphir sah ständig über die Schulter, jederzeit zum Wegrennen bereit, falls Riddle ihr nachlief. Er kam nicht.
Mit einem geräuschvollen Seufzer ließ sie sich in einer kleinen Nische gegen die Wand sinken. Nicht wissend, ob sie erleichtert oder enttäuscht war.
Ihr Herz beruhigte sich wieder und nahm seinen normalen Rhythmus wieder auf. Die Frustration blieb jedoch.
Sie packte das Buch fester und fing an, es sich gegen die Stirn zu hauen. „Wa. Rum. Muss. So. Was. Mir. Pa. Sie. Ren?" Bei jeder Silbe knallte sie sich den Ledereinband gegen den Kopf und sank schließlich mit einem frustrierten Stöhnen an der Wand zu Boden.
„Was passiert Ihnen, Miss Dumbledore?"
Saphir riss die Augen auf und machte einen Satz zur Seite. Ihr Fluchtversuch wurde von Riddles Fuß gestoppt, den er vor ihrer Nase gegen die Wand stemmte. Sie sah mit zusammen gekniffenen Augen zu ihm hoch. Er grinste. Überraschend gut gelaunt. Hatte ihm jemand etwa Drogen gegeben? Was war den jetzt los? Dieses Grinsen war weder böse noch unecht. Es war eher... spitzbübisch! Spielerisch! Ehrlich! Er sah wirklich wie ein Junge von 17 Jahren aus, in diesem Moment.
Saphir rappelte sich auf und wandte sich in die andere Richtung. Seine Hand versperrte ihr den Weg. Sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Seine schwarzen Augen blitzten. Die Seele dahinter, wirkte fast schon unbeschadet. Noch war ein großer Teil seiner Seele übrig. Und diese leuchtete in diesem Moment überraschend hell.
Saphir merkte gar nicht, dass sie sich in ihrer Musterung immer weiter zu ihm hin lehnte. Als ihr bewusst wurde, dass sein Gesicht ihr komplettes Sichtfeld ausfüllt, zog sie so ruckartig den Kopf zurück, dass sie sich an der Wand hinter ihr anschlug. Sie fluchte verhalten und hielt sich die schmerzende Stelle. Riddles andere Hand landete auf der anderen Seite ihres Kopfes. Er hatte sie zwischen seinen Armen eingekesselt.
Ein nervöses Lachen kam über ihre Lippen. Sie rutschte erneut an der Wand entlang hinunter. Riddle ging mit ihr in die Knie und gab ihr keine Gelegenheit für eine Flucht. „Wieso haben Sie es denn so eilig, Miss Dumbledore?"
Saphir biss sich auf die Lippe. Ihre Augen suchten nach einem Fluchtweg. Mit einem breiten Grinsen lehnte Riddle sich immer weiter vor, bis Saphir ihm in die Augen sehen musste und ihre Nasenspitzen sich fast berührten.
„Gehen Sie mir etwa aus dem Weg, Miss Dumbledore? Sie haben heute Morgen im Gemeinschaftsraum nicht auf mich gewartet und sind trotzdem im Unterricht erschienen."
„Jeder fängt mal klein an", nuschelte Saphir und versuchte seinem Blick auszuweichen. Er ergriff ihr Kinn und drehte ihr Gesicht wieder zu sich her. „Kann es sein, meine liebe Miss Dumbledore, dass Sie mir verfallen sind?"
Ihre Augenbrauen hoben sich ungläubig. Das freche Glitzern kehrte in ihre Augen zurück und sie versuchte nicht mehr ihm auszuweichen. „Warum interessiert Sie das plötzlich so drängend, Mr Riddle?"
Sein Lächeln hatte etwas höchst zufriedenes. Er sah aus, wie eine Katze, die ihren Sahnetopf entdeckt hatte. „Vielleicht", schnurrte er und rieb seine Nase an ihre Wange, lauschte ihrem Herzschlag, der sich überschlug und stolperte. „Noch eine Bestrafung auf Sie wartet und ich mir etwas passendes für Sie habe einfallen lassen."
Saphir musste sich daran erinnern Luft zu holen. „Ach wirklich?" Ihre Stimme klang viel zu atemlos für ihren Geschmack. „Klären Sie mich auf!"
Riddle zog sich von ihrem Hals zurück, an dem er gerade geschnuppert hatte. Sie roch einfach himmlich. Ein bisschen nach Honig und Vanille. Sein Hunger auf sie war spätestens jetzt erwacht.
Mit einer eindeutigen Bewegung stieß er die Hüften vor und seine Befriedigung nahm zu, als er sie nach Luft schnappen hörte. Ihre Augen waren weit aufgerissen, die Wangen gerötet und die Lippen standen einen Spalt breit offen.
Riddle lehnte sich wieder zu ihr vor, ihre Nasenspitzen berührten sich, er kam ihr immer näher, bis ihre Lippen nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt waren. „Ich mach dich zu Meiner!" Dann presste er seine Lippen auf ihre. Diesmal verlor er keine Zeit. Er schlug die vorlaute Miss Dumbledore mit ihren eigenen Waffen. Mit Zunge, Zähnen und Lippen. Er biss, leckte, saugte und küsste und Saphir war froh schon auf dem Boden zu sitzen. Ihre Beine hätten sie nicht mehr getragen. Riddle lernte verdammt schnell.
Nach endlosen Minuten, die Saphir viel zu kurz erschienen, löste er sich von ihr und grinste wie ein Junge seines Alters auf sie hinab. Frech, zu jeder Schandtat bereit!
Saphirs Gehirn hatte sich nach der zweiten Sekunde bereits verabschiedet, was gar nicht ihre Art war. Doch jetzt kniete sie vor Tom Riddle auf dem Boden, mit Beinen aus Wackelpudding, verschleierten Augen und geschwollen Lippen. Ein kleiner Blutstropfen quoll aus einer Bisswunde in ihrer Oberlippe und perlte über die geröteten Lippen.
Riddle neigte sich vor und leckte ihn ab. Der Geschmack ihres Bluts war fast so gut, wie der ihrer Lippen. Aber nur fast.
Als er sich erneut zurückzog, kam ein verlorenes, fast verzweifeltes Maunzen aus ihrem Mund. Dieser Laut schien ihr Gehirn wieder einzuschalten.
Mit einer hastigen Bewegung schlug sie sich die Hände vor den Mund und senkte den Kopf so weit, dass er ihr Gesicht hinter den blauen Haaren nicht mehr erkennen konnte.
„Saphir!" schnurrte er verführerisch. Ihr Kopf sank noch tiefer hinab. Er lachte leise und streichelte einige blaue Strähnen zur Seite. Zog überrascht die Augenbrauen hoch. Ihr Gesicht war scharlachrot. Verwundert sah er sie an und nahm schließlich ihre heißen Wangen in seine kühlen Hände. „Saphir!" wiederholte er und dann richtete sie zögerlich die Augen auf ihn. Er lächelte schief. Saphirs Herz setzte bei diesem Lächeln doch tatsächlich einen Schlag aus und donnerte gleich darauf genauso schnell weiter wie zuvor, wenn nicht sogar noch schneller. Oh Gott, sie würde eindeutig an Herzversagen sterben und der Grund dafür saß direkt vor ihr.
Bevor ihr Kopf noch explodierte, von dem vielen Blut, das ihr in die Wangen schoss, streckte sie schnell die Arme aus, schlang sie um Riddle und zog sich an ihn heran, vergrub das Gesicht an seiner Brust. „Du bist ein Arsch, Riddle!" nuschelte sie in seinen Umhang und er lachte leise, bevor er sie mit seinen Armen umschlang. Beide schienen den selben Gedanken zu haben. Total unerwartet!

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