Nachtragend

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Saphir starrte auf den See hinaus. Auch wenn sie es in den letzten Stunden erfolgreich verdrängt hatte, war ihr Stolz angeschlagen. Immerhin hatte Riddle sie als Straßenhure bezeichnet. Das kratzte schon am Stolz. Sie war zwar in der Lage gewesen, Riddle in den See zu schmeißen, aber dieses Grinsen von gerade eben, es machte Saphir so wütend. Sie war sich zwar nicht sicher, was in seinem Kopf vor gegangen war, aber sie hatte so eine Ahnung.
Ihre Zähne knirschten, so fest presste sie sie zusammen, um ihrer Wut nicht laut Ausdruck zu verleihen. Sie brauchte dringend ein Ventil für ihren Ärger. Entweder sie machte irgendwas kaputt, indem sie solange darauf ein drosch, bis ihre Knöchel bluteten, oder sie tanzte. Aber dazu fehlte ihr die Musik. In dieser Zeit gab es noch keine Stereoanlagen. Und ein Klavier oder eine Gitarre zu verzaubern, danach stand ihr nicht der Sinn. Also musste sie etwas für die erste Option finden. Und sie hatte da auch schon so eine Idee.
Eilig wirbelte sie herum und marschierte zum Waldrand. Gleichzeitig schnipste sie mit dem Zauberstab. Wenige Sekunden später rauscht eine schwarze Ledermappe durch die Luft und Saphir streckte die Hand aus, fing das Leder aus der Luft auf. Es war verdammt schwer, den Inhalt der Mappe aufzutreiben.
Ohne zu zögern tauchte sie mit der Ledermappe im verbotenen Wald unter. Diesmal drang sie nicht all zu tief zwischen die Bäume vor. Stattdessen suchte sie sich eine Baumgruppe und legte ihren Pullover ab. Der kalte Wind, der zwischen den Bäumen wehte, streichelte ihre Haut und verursachte ihr eine Gänsehaut. Mit einer schnellen Bewegung öffnete Saphir die Mappe und befestigte die Riemen, die es zuvor zusammengehalten hatten, an ihrem Gürtel. Fein säuberlich geordnet, geschärft und sauber in Lederriemen, hingen in der Mappe Wurfmesser. Dolchartige Spitzen, mit Ringen am Ende der Griffe.
Fast schon andächtig zog sie eines der Messer aus der Lederschlaufe und drehte es zwischen den Fingern. Das schwarze Metall war rasiermesserscharf.
Ein bösartiges Lächeln formte sich auf ihren Lippen. Sie warf das Messer so schnell und kräftig, dass das Geräusch von zerrissener Luft zu hören war. Das Messer blieb in dem Baumstamm des äußeren Baum stecken, genau zwischen zwei Astlöchern.
„Geht also noch", murmelte sie leise und zückte weitere Messer. Es tat gut. Der ganze Frust, die Wut und auch die Angst, die immer im Hintergrund an ihr nagte. Das alles konnte sie vergessen, mit den Messern loslassen.
Die Art, wie sie die Messer warf, veränderte sich zunehmend, wurde schwerer, komplizierter. Saphir verfehlte nie ihr Ziel, auch nicht wenn sie sich an der scharfen Klinge die Fingerspitzen aufschnitt.
„Wer auch immer deinen Ärger auf sich gezogen hat, ich rate ihm allerwärmsten um sein Leben zu rennen."
Schwer atmend, aber mit einem schiefen Grinsen auf den Lippen richtete Saphir sich auf und sah über die Schulter. Ein Zentaur stand mit verschränkten Armen hinter ihr, breit grinsend.
„Equo, wie lange stehst du da schon?"
Bei ihrem ersten Ausflug in den Wald, waren sich die Beiden begegnet. Dummerweise hatte ihr Wettstreit, wer besser Bogen schießen konnte, die Spinne aufgeschreckt, weshalb Saphir durch den halben Wald rennen musste und ihr ein Ast die Nase blutig geschlagen hatte. Seitdem machten die beiden gemeinsam den Wald unsicher, wenn Saphir mal wieder den Unterricht schwänzte.
„Ungefähr seit du behauptet hast, dass es noch geht."
„Also eigentlich schon die ganze Zeit."
„So ungefähr."
Saphir musste lächeln und Equos Grinsen wurde noch breiter. „Und was ist los?"
„Ein Schlappschwanz von Mann hat mich als Straßenhure beleidigt, das hat meinen Stolz ziemlich hart verletzt."
„Dann sorge doch einfach dafür, dass er es nie wieder tun wird."
„Wenn ich mit ihm schlafe, wird das nicht helfen", knurrte Saphir pissig. Equo verdrehte die Augen. „Darauf wollte ich gar nicht hinaus. Seit wann fällt dir nichts mehr ein, wenn es um Schabernack geht?"
Saphir schnalzte gespielt nachdenklich mit der Zunge und hob den Zeigefinger. „Da hast du einen Punkt."
„Ich nenne dich nicht umsonst Kobold."
„Ich dachte, das liegt an meinen Haaren."
„Auch."
Sie grinsen sich an.
„Also gut, ich lass mir was Fieses einfallen."                                 
„Wer ist denn der arme Teufel?"
„Tom Riddle, Vertrauensschüler und Schülersprecher. Eine echte Schlange."
Equos Gesicht bekam bei der Erwähnung dieses Namens etwas Finsteres. „Tom Riddle, sagst du."
Saphir runzelte bei seiner ernsten Miene die Stirn. „Was hast du in den Sternen gelesen, Equo?"
Er zuckte leicht zusammen und betrachtete Saphir plötzlich mit einem scharfen, intensiven Blick. Saphir seufzte leise. „Du weißt, was mit mir und ihm nicht stimmt, nicht war?"
„Ich habe vor vielen Jahren von dir gelesen. Seit du vor mir standest habe ich es gewusst. Du bist Saphir Dawn..."
„Ja!" Sie schnitt ihm das Wort ab, machte eine schnelle Bewegung in Richtung Bäume. „Der Wald hat Ohren, Equo und das ist ein gefährliches Geheimnis, von dem niemand sonst weiß, du musst es mit deinem Leben beschützen!"
Equo nickte einmal, sein Schweif peitschte nervös durch die Luft.
„Ich weiß, was ich mache."
Themawechsel!
Equo grinste wieder. „Sag schon!"
Saphirs Lächeln bekommt etwas Teuflisches. „Ich treib ihn zur Weißglut!" In ihren Augen blitzte es kurz und erneut wehte ein kalter Wind zwischen den Bäumen.

Saphir war seit zwei Tagen unauffindbar. Sie war nicht im Schlafsaal, im Gemeinschaftsraum, der Großen Halle, im Unterricht oder der Bibliothek. Seit zwei Tagen war Riddle kurz vor dem Durchdrehen. Alles hatte am Montagmorgen angefangen.
Im Gemeinschaftsraum und auf dem Weg zum Frühstück hatten ihn alle komisch angesehen. Abraxas Malfoy hatte ihn schließlich darauf hin gewiesen, dass ihm jemand mit schwarzer Farbe ein männliches Geschlechtsorgan auf die Stirn gemalt hatte. Er erlitt einen inneren Tobsuchtsanfall. Verfluchte Saphir tausendfach, denn es war klar, dass sie der Übeltäter dieser Sache war. Wer sonst?
Sein Zorn stieg noch weiter, als er feststellen musste, dass er die Farbe nicht abwaschen konnte, sondern, dass sie mit der Zeit verblasste. Er hatte den ganzen Tag mit dieser Blamage herumlaufen müssen. Und das war nur der Anfang.
Juckpulver in seiner Uniform, sein Hemd hatte Löcher an den Stellen, wo seine Nippel waren, seine Schuhe klebten am Boden fest und seine Füße in den Schuhen, kurz gesagt, ein einziges Desaster. Sie machte ihn zum Narren, ohne überhaupt anwesend zu sein.
Seit gestern Abend hatte er auch noch rosa Haare. Sie hatte sein Shampoo verhext und nicht nur seins. Die Lestrangebrüder waren jetzt grünhaarig, Abraxas hatte so rote Haare wie ein Weasley, was für ihn eine unfassbare Beleidigung darstellte und der junge Black hatte nun einen gelben Schopf.
Das Getuschel der Schüler wollte gar nicht mehr aufhören. Kein Wunder, wenn die beliebtesten Slytherins plötzlich mit bunten Haaren zum Frühstück kamen. Es gab nur eine Sache, mit der sich Riddle beruhigen konnte. Dumbledore konnte nicht für immer verschwinden! Sie würde wieder auftauchen und dann würde er ihr Manieren bei bringen. Er würde sie foltern, bis sie um Gnade flehte, sie bestrafen, bis sie ihren eigenen Namen vergas und freiwillig seine Schuhe leckte.
Riddle wischte sich eine rosa Haarsträhne aus den Augen und musste ein rachsüchtiges, irre Lachen unterdrücken. Er würde sie zerstören! Und dann würde sie nie wieder von seiner Seite weichen können.

Times Gryffindor & Slytherins ErbeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt