Kapitel 9

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Während die anderen alle Unterricht hatten, verschwand ich wieder in mein Zimmer und las. Ich überlegte, ob ich vielleicht mit Jackie, Ben oder Derek in eine Klasse kommen würde, was für ein Stundenplan ich wohl haben würde und wie ich hier abschneiden würde. Nachdem ich den gleichen Satz zum zehnten Mal las, klappte ich mein Buch resigniert zu und kramte nach meinen iPod. Ich machte ihn an und räumte dann meine restlichen Sachen ein, da Jackie und ich vorhin keine Lust mehr gehabt hatten. Zum Schluss stellte ich ein Foto auf dem mein Bruder Jamie, Mom, Dad und ich glücklich zusehen waren. Es war kurz bevor mein ganzes Leben zusammengebrochen ist entstanden.

Ich musste an Derek denken, wie er beinahe schon selbstverständlich mich in den Arm genommen hatte. Er hatte nicht verlangt, dass ich ihm sagte, was mich so traurig gemacht hatte. Dafür war ich ihm dankbar. Aber auch seine ganze Art des Seins, wie er mit mir sprach, als ob er mit seinem Kumpel reden würde. Diese lockere Art. Ich beschloss Jackie nachher mal auf Derek anzusprechen, was sie von ihm hielt, vielleicht ein paar Hintergrundinformationen über ihn. Und auf Jason.

Nachdem ich eine Weile auf dem Bett gesessen habe und Löcher in die Luft gestarrt hatte, stand ich auf und ging nach unten in den Aufenthaltsraum. Neben Sitzgelegenheiten befanden sich in diesem Raum auch noch ein großes Regal mit klassischen Romanen wie Harry Potter oder Twilight, aber auch so was wie, Hanni und Nanni, ein Regal mit Gesellschaftsspiele und ein Tisch. Ich schnappte mir von Tisch einen Block und einen Stift, machte Musik an und machte es mir auf dem Sofa gemütlich. Ohne groß nachzudenken fing ich an zu zeichnen. Erst grobe Striche dann immer weiter ins Detail. Ich weiß nicht wie lange ich da auf dem Sofa saß und gezeichnet habe. Als ich jedoch eine Stimme neben mir hörte zuckte ich erschrocken zusammen.

„Was wird dass denn?“

Ich blickte zu der verächtlich klingenden Stimme auf. Über mir ragte ein Mädchen mit blonden langen Haaren. Sie war top gestylt von Kopf bis Fuß. Ihr ganzes Outfit war aufeinander abgestimmt.

„Eine Lilie...denk ich.“

Das Mädchen rümpfte hochnäsig die Nase.

„Denkst du? Ich finde es sieht aus wie ein misslungener Stern. Und überhaupt, wer bist du?“

Ich war kurz davor eine bissige Antwort, wie „Was geht dich das an.“ oder „Kann dir egal sein.“ zu geben, traute mich aber nicht. Irgendetwas in mir drin meinte, es wäre schlauer dieses Mädchen nicht zu verärgern.

„Elli“, sagte ich deswegen schlich und betrachtete wieder meine Zeichnung, in der Hoffnung das Mädchen würde wieder verschwinden. Aber leider hoffte ich vergebens.

„Nur um das klar zustellen. Du sitzt auf meinen Platz“, sagte das Mädchen mit giftiger Stimme.

„Das kann ich ja nicht wissen“, murmelte ich, meinen Blick nach wie vor auf meine Zeichnung gerichtet.

„Jetzt weißt du es aber, also husch husch.“

Jetzt hob ich doch meinen Blick, jedoch richtete sich ihr Blick in dem Moment auf etwas hinter meinem Rücken.

„Hey, Dani! Nessi! Hier drüben!“

Zwei Mädchen, nicht ganz so hübsch wie das blonde Mädchen kamen angedackelt. Das Mädchen richtete ihren Blick wieder auf mich.

„Hast du eigentlich vor, hier nochmal zu verschwinden?“, gaffte sie mich an und verschränkte fordernd ihre Arme vor der Brust.

„Tschuldigung“, murmelte ich und stand auf, um von diesem eingebildeten Mädchen wegzukommen.

Während ich ging bekam ich noch den Anfang des Gespräches zwischen dem blonden Mädchen und Nessi und Dani mit.

„Wer war das denn Vici?“

„Keine Ahnung. Sie scheint neu zu sein.“

„Worüber habt ihr beiden denn geredet?“

„Ach nur so über dies und das. Und das sie auf Meinem Platz saß.“

„Hast du ihr klar gemacht wer du bist?“

„Das wird sie schon noch früh genug bemerken.“

Dann war ich außer Hörweite. Und ich konnte mir jetzt schon denken wer wie war. Die Schulqueen, Schönheitskönigin, die Beliebtheitsqueen, die Oberzicke. Wobei letzteres wohl am ehesten zutraf. Was bedeutete, ich sollte ihr so gut wie möglich aus dem Weg gehen, und versuchen nicht ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken, denn das wäre mein Untergang. Ich könnte natürlich auch versuchen mich gegen diese Vici zu behaupten, aber ich wusste genau, dass mich der Mut sofort verlassen würde, wenn sie sich mit ihren beiden Busenfreundinnen Nessi und Dani vor mir aufbauen würde.

Ich betrachtete meine Zeichnung und fand, dass sie überhaupt nicht wie ein Stern aussah. Seufzend riss ich den Zettel aus dem Block und wollte ihn gerade zerknüllen und wegschmeißen, als mich eine Hand aufhielt.

„Zeig mal her. Soll das eine Lilie sein?“ Derek sah sich das Bild neugierig an.

„Ja, aber es ist nicht gut geworden.“

Ich wollte Derek das Bild aus der Hand nehmen, aber er drehte sich einfach weg, sodass ich nicht mehr an den Zettel kam.

„Sagt wer?“ Skeptisch musterte er erst mich und dann wieder die Zeichnung.

„Ich“ Wieder versuchte ich nach dem Zettel zu greifen, aber wieder drehte Derek sich weg.

„Ich finde es ist eine wunderschöne Zeichnung. Darf ich sie behalten, wenn du sie nicht willst?“

Ich zuckte mit den Schultern. Es war mir egal, ob er sie hatte, oder ob sie im Müll landete.

„Wenn du willst.“

Vorsichtig ließ Derek die Zeichnung in einem Schulbuch verschwinden, dass er in der anderen Hand hielt.

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