Kapitel 31

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Ich schrie laut auf. Mit einem Ruck saß ich aufrecht und brauchte kurz, um mich zu orientieren. Ich war in Monikas Zimmer. Erik und sie standen neben den Bett und sahen mich erschrocken an. Die Erinnerung sickerte wie Gift in mein Gehirn. Ich hatte fast Jason umgebracht. Und nur in letzter Sekunde hatte ich mich beherrschen können. Mit einem Satz war ich auf den Beinen und stürmte aus dem Zimmer zur Bibliothek, in der Hoffnung Jason würde dort sein. Vor der Bibliothekstür atmete ich noch einmal tief durch und öffnete sie dann. Leise huschte ich durch die Reihen zu unserem Stammplatz in der Bibliothek. Und tatsächlich, dort saß Jason, in irgendein Buch vertieft. Ich beobachtete ihn einen Moment lang, dann ging ich auf ihn zu und tippte ihn an der Schulter an. Erschrocken fuhr er hoch, doch eh er irgendetwas sagen konnte, schloss ich meine Arme um ihn, woraufhin er seinen gesamten Körper an spannte. Tränen bahnten sich eine Weg über meine Wangen.

„Es tut mir so unendlich leid, was ich dir angetan habe!“, schluchzte ich. „Es tut mir so leid!“

„Was tut dir leid?“, fragte er verwirrt.

„Alles, aber vor allem, dass ich dich fast umgebracht hätte. Es... es war so schrecklich. Der Drang, das Monster in mir... Es tut mir so leid!“ Meine Stimme brach und immer mehr Tränen rollten meine Wangen hinunter. Kaum merklich entspannte Jason sich. Er schob mich sanft von sich weg, sah mir tief in die Augen.

„Hey, Kopf hoch! Ich leb ja noch. Ist doch nicht so schlimm.“ Dann drückte er mich wieder an sich. Ich vergrub mein Gesicht in seine Brust, was aber zur folge hatte, dass ich sein Herz schlagen hörte und den süßlichen Duft seines Blutes roch.

„Jason“, brachte ich mühevoll hervor.

Ich spürte seine Wärme, hörte das Blut rauschen. Und ich wusste, dass es köstlich schmeckte.

„Ich mach dir doch keine Vorwürfe. Wir vergessen das ganze einfach!“

Er verstand mich nicht.

***

~Eriks Sicht~

Erik beobachtete das Geschehen. Monika hatte recht, das ganze war nicht gerade ungefährlich was sie hier machen. Wer wusste schon, ob Elli mit den Erinnerungen klar kam? Dennoch war er überzeugt, dass er richtig handelte, außerdem vertraute Silvia ihm. Niemand außer ihm wusste, dass sie fort war. Selbst er wusste reichlich wenig. Weder wusste er wo sie war, noch was sie machte, noch wie lange sie weg sein würde. Das einzige, was er wusste, war, dass es wichtig war. Silvia hatte in den Jahren ihre Fähigkeit an nichts zu denken, wenn er in der Nähe war, perfektioniert.

Plötzlich wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als Elli sich mit einem Ruck aufsetzte. Monika fuhr erschrocken zurück. 'Das ist nicht normal! Sie sollte erschöpft sein und schlafen.', dachte sie und warf ihm einen kurzen bedeutungsvollen Blick zu. Doch er war mehr auf Ellis Gedanken konzentriert. 'Ich hatte fast Jason umgebracht' immer und immer wieder wiederholte sich der Gedanken in ihrem Kopf. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, ihr die Erinnerung vorzuenthalten? Noch während er dies dachte, sprang Elli plötzlich auf und rannte an ihm vorbei aus dem Raum. 'Ich muss Jason finden!'

"Wo ist sie hin?" Monika ließ sich erschöpft auf ihr Bett fallen. Scheinbar kostete ihr das ganze mehr Kraft, als sie zugeben wollte. Doch Erik fuhr sich nervös durch's Haar, während er zu begreifen versuchte, was gerade geschehen war und was es für die Zukunft bedeuten würde.

"Sie will zu Jason", brachte er deshalb nur hervor, und konnte immer noch nicht so recht verstehen, was gerade geschehen war.

"Worauf wartest du dann noch? Sie ist labil Erik! Sie braucht jetzt Hilfe, was würdest du denn denken, wenn du erfährst, dass du fast jemanden deiner Freunde umgebracht hättest?"

BlutrauschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt