Kapitel 47

261 18 2
                                    

Ich spürte, wie sich etwas in mir zusammen zog. Für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Wieso war es nur soweit gekommen? Alle die ich liebte, hatte ich verloren, und das, obwohl sie alle irgendwie noch da waren. Doch genau das war das Schlimme daran. Erst meine Mom, wie sie geistlich immer mehr zu Grunde ging, meine Bruder verlor ich an die Drogen, Dad ist tausende Kilometer entfernt zu Hause, Darek weiß wohlmöglich nicht mehr wer ich bin, Erik wird hier irgendwo von seinem Bruder festgehalten, genau wie Jason, nur das Jason sehr wahrscheinlich innerhalb der nächsten Stunden bis Tagen bei dem Ritual sein Leben verlieren würde. Alles für das es sich zu leben lohnte hatte ich verloren.

"Stell dir das mal vor! Alles was die Regierung uns angetan hat, können wir ihr heimzahlen, Elodie!", riss Magnus mich aus meinen Gedanken und bewahrte mich so davor gänzlich in Selbstmittleid zu versinken. Bei dem Klang meines Namens zuckte ich unwillkürlich leicht zusammen und blickte auf zu Magnus.

In seinen Augen spiegelte sich deutlich etwas wieder, dass ich nicht genau bestimmen konnte.

"Wir können sie dafür strafen, dass sie Rosalinda das angetan haben. Oder dafür, dass sie die wahre Natur der Vampire all die Jahre unterdrückt haben. Wir können dafür sorgen, dass sie ihre Macht verlieren und die Königsfamilie wieder an die Macht kommt", erzählte er begeistert und von sich selbst überzeugt.

Jetzt konnte ich erkennen, was in Magnus Augen zu sehen war. Es war Wahnsinn, der pure Wahnsinn. Er war verrückt nach seiner fixen Idee, sich an der Regierung zu rächen.

"Du bist verrückt!" Ohne das ich es hätte verhindern können, war es mir heraus gerutscht. Meine Augen weiteten sich vor Angst, da ich Magnus Reaktion fürchtete. 

Der Ausdruck in seinem Gedicht fiel zusammen und für einen kurzen Moment sah es so aus, als ob er mich schlagen wollte. Doch dann wandte er sich einfach von mir ab.

"Du willst dich also nicht bei dir Reigeung dafür rächen, was sie dir angetan hat?" Seine Stimme klang nun wieder beherrscht und so eisig kalt, dass mir ein unangenehmer Schauer über den Rücken lief.

"Nein", erwiderte ich knapp und rappelte mich wieder auf. Bloß keine Schwächen zeigen!, sagte ich ich mir innerlich.

"Das ändert natürlich alles", murmelte Magnus eher zu sich selber als zu mir, während er sich wieder zu mir umdrehte. Seine nun wieder kalten Augen musterten mich eindringlich, bevor er auf mich zu kam.

Mit erhobenen Kopf blickte ich ihm entgegen und widerstand dem Impuls ihm auszuweichen.  Im nächsten Moment passierten drei Dinge beinahe gleichzeitig. Magnus schob mich bestimmt zur Seite, wobei mich seine Berührung innerlich erstarren ließ. Dann öffnete er die Tür, jedoch war ich zu verwirrt um reagieren zu können. Und dann, als die Tür schon wieder ins Schloss fiel, erwachte ich aus meiner Starre und griff nach der Türklinke. Allerdings ließ sich die Tür erneut nicht öffnen.

Wieso war diese verdammte Tür erst angeschlossen, dann nicht und dann wieder?, fluchte ich innerlich und zog ein letztes mal verzweifelt an der Tür.

Suchend blickte ich mich in dem Raum um. Hier musste doch irgendetwas sein, dass mir hier raus helfen könnte. Doch in diesem Raum gab es nichts außer einem Sofa und einen leeren Schreibtisch. Nicht mal ein Fenster hatte der Raum. Ich ging um den Schreibtisch herum und öffnete die Schubladen nacheinander. Leer, allesamt waren sie leer.

"Mist, mist, mist!", fluchte ich leise und ballte meine Hände zu Fäusten. Irgendetwas musste ich doch unternehmen können. Niedergeschlagen ließ ich mich auf das Sofa fallen. Wenn ich nur wüsste, was für eine Rolle ich beim Ritual spielen würde... vielleicht könnte ich es ja dann verhindern.

BlutrauschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt