Kapitel 22

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„Hey Elli da bist du ja! Ich hab dich schon überall gesucht! Du bist heute Vormittag einfach so verschwunden“, Jackie empfing uns beiden mit einem strahlenden Lächeln. Dann fiel ihr Blick erst auf Jason, dann auf meine Hand, die immer noch Jasons umklammerte. Skeptisch und verwirrt sah sie wieder zu mir auf.

„Was...?“, sie brach mitten in der Frage ab, da sie von Derek unsanft in die Rippen geboxt wurde. Dankbar lächelte ich Derek an und ließ mich neben ihm auf die Bank fallen, Jason neben mir. Ben sah Jason eindringlich an, doch der ließ sich nichts anmerken.

„Ihr habt im Unterricht gefehlt“, sagte Ben trocken.

Jason zuckte mit den Schultern. Ich starrte auf den Tisch. Den Duft und den Klang des Blutes meiner Freunde möglichst ignorierend. Es fiel mir nicht besonders schwer und trotzdem hatte ich zu kämpfen. Ich wusste nicht, wie ich das auf Dauer aushalten sollte. Ich würde nochmal mit Erik reden müssen.

„Elli? Elli!“

Verwirrt sah ich auf.

„Alles klar mit dir? Du wirkst so angespannt.“ Derek sah mich mit sorgenvollem Blick an.

„Ich... nein.“

Ich legte den Kopf auf meine Arme. Mich störte es in dem Moment nicht mehr, was die anderen dachten. Ich fühlte mich ausgelaugt. Die Blutgier zu unterdrücken kostete mir zu viel Energie. Auch wenn es mir nicht schwer viel, nahm es mir doch eine Menge Energie.

„So anstrengend?“Jason hatte sich zu mir runter gebeugt und mir ins Ohr geflüstert. Kaum merklich nickte ich. Ich war froh, dass die anderen mein Gesicht nicht sahen, denn meine Augen fingen anzubrennen und Tränen sammelten sich in ihnen.

„Soll ich Erik holen?“

Wieder nickte ich. Jason wollte aufstehen. Mein Kopf fuhr hoch und ich hielt ihn entgeistert fest.

„Spinnst du!“, zischte ich.

„Ich dachte...“, Jason brach ab.

„Kannst du ihn nicht … ähm rufen?“

Jason schüttelte den Kopf und beugte sich noch weiter zu mir vor. „Das kannst nur du. Es hängt mit deiner Gabe zusammen.“

„Gut dann ruf ich ihn.“

Erik!, schrie ich in Gedanken. Zu mehr reichte meine Kraft nicht. Mein Kopf sackte wieder auf den Tisch. Ich hatte Mühe zu verstehen, was die anderen sagte, das Rauschen des Blutes übertönte die Stimme fast zu sehr.

„Was hat sie Jason?“

„Sie ist... ähm vor hin ohnmächtig geworden und fühlt sich immer noch nicht ganz wohl. Aber sie wollte unbedingt zum essen.“

Ich bewunderte Jason für seinen klaren Geist. Jetzt auf die schnelle so eine Ausrede einfallen zulassen, das kann nicht jeder. Ich schon gar nicht.

„Hey, willst du dich nicht lieber hinlegen?“, Derek beugte sich sorgenvoll zu mir runter. Der Duft seines Blutes stieg mir in die Nase. Sein Puls dröhnte in meinen Ohren. Ich versuchte es zu unterdrücken. Den Drang zu unterdrücken, sein Blut zu trinken.

Nur Gutes, kein bisschen Böses, nicht mal ein Hauch, Jasons Worte hallten mir im Kopf. Nur Gutes, nichts Böses. Der Duft, der Puls, das Blut. Es war zu viel. Viel zu viel!

„Elli!“, Eriks Stimme riss mich aus meiner Art Trance. Erschrocken riss ich den Kopf hoch und dreht mich gleichzeitig zu Erik um, der mich entsetzt an sah. Ich rappelte mich, den Blick auf den Boden, auf, da ich mich nicht traute, den anderen in die Augen sehen. Verzweifelt stürzte ich mich auf Erik und vergrub mein Gesicht in seine Brust.

„Ich kann das nicht, Erik! Ich kann das nicht!“, schluchzte ich. Ich rief mir ins Gedächtnis, wie ich mal wieder kurz davor war, dem Blutrausch zu verfallen.

„Natürlich kannst du. Du musst es schaffen. Hier, ich hab dir was mitgebracht.“

Erik hielt mir einen Becher hin.

„Bist du sicher? Was wenn ich mich nicht mehr halten kann?“

„Kannst du. Ich glaube an dich. Und Jason auch.“

Ich nahm den Becher entgegen und sah mich zu meinen Freunden um. Die versuchten mich nicht zu beobachten, was hieß, sie warfen mir immer wieder mal verstohlene Blicke zu.

„Du hältst mich im Notfall doch auf, oder?“

Erik nickte. „Und jetzt trink.“

 

Ich setzten den Becher an den Mund und stürzte den Inhalt runter. Der Geschmack explodierte wieder auf meiner Zunge, doch ehe ich der Blutgier verfallen konnte, war der Becher schon wieder leer und ich war hellwach.

„Man hat das eine Megawirkung!“, staunte ich, woraufhin Erik lachte.

„Du solltest dir was einfallen lassen. Ich weiß nicht ob Jason dir das schon gesagt hat, aber wenn du in den Blutrausch verfällst, werden deine Augen rot. Ich denke mal, es wäre besser, wenn das niemand mitbekommt.“

Ich schluckte.

„Jetzt aber nicht mehr, oder?“

Erik schüttelte den Kopf, woraufhin ich erleichtert ausatmete.

„Kann ich dich was fragen Erik?“

„Klar.“

Unschlüssig biss ich mir auf meine Unterlippe. Jetzt wo mir die Möglichkeit bestand, die Frage zu stellen, die mich schon seit heute morgen quälte, wusste ich nicht, wie ich sie stellen sollen, was genau ich sagen sollte.

„Wieso passiert es jetzt so häufig? Ich meine, bevor ich hier war, bin ich nie der Blutgier verfallen“, hoffe ich zumindest, „und jetzt kann ich mich kaum zwei Stunden am Stück beherrschen.“ Meine Stimme brach und ich blickte niedergeschlagen zu Boden.

Erik hob vorsichtig mit der Hand mein Kinn, an sodass ich ihm in die Augen sehen musste.

„Aus einem ganz einfachen Grund, du hast dich erst hier verwandelt und mit der Verwandlung zum Vampir, ist erst der Blutrausch in dir zum Leben erweckt.“

Erik sah mich eindringlich an und ich nickte als Zeichen des Verstehens.

„Wenn du merkst, dass der Blutrausch wieder in dir hoch kommt, dann trink Kirschsaft. Den meisten hilft er, den Durst nach Blut zu stillen. Alkohol funktioniert zwar noch besser, aber der ist in der Schule nicht erlaubt. Wir können dir nicht ständig Blut geben, denn das würde nur dazu führen, dass du immer mehr abhängig davon wirst und leichter der Blutgier verfällst. Alles klar?“

Ich schluckte schwer und nickte wieder.

„Gut. Ich bin da hinten, falls du mich brauchst.“

Erik deutete auf einen Tisch in der Ecke und ging in die Richtung fort. Ich atmete tief durch und gesellte mich wieder zu den anderen. Mit jedem Atemzug fiel etwas Spannung von mir ab.

Jackie sah mich sorgenvoll an und ich zwang mich dazu, zu lächeln.

„Was hat er dir gegen?“, fragte sie, „Es scheint ja Wunder zu wirken.“

„Ja es wirkt Wunder. Er meinte es wäre Medizin und würde mir helfen. Tut es ja auch“, ich lächelte und setzte mich wieder.

Der Rest des Essen verlief problemlos. Ich wusste nicht genau, warum es mir nicht mehr so viel Energie kostete, den Blutrausch zu unterdrücken. Vielleicht weil ich jetzt wusste, das Erik und Jason an mich glaubte, vielleicht aber auch, weil ich jetzt an mich glaubte. Am Ende des Essen verkündete Jackie sie müsse noch etwas mit einer Freundin in der Bibliothek erledigen, stand auf und verschwand.

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sry ich hab total verpennt zu updaten :S tut mir leid, dafür jetzt die beiden Kapitel :)

BlutrauschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt