Kapitel 40

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Abgeschlossen? Warum war sie nicht da? Ich warf einen kurzen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass es sich nicht lohnen würde, hier auf sie zu warte. Also nach dem Unterricht. Frustriert stieß ich einen Seufzer aus und machte mich auf den Weg zu den Unterrichtsräumen.

Den gesamten Vormittag über saß ich wie auf Kohlen. Ständig glitt mein Blick zur Uhr und ich sehnte die Stunde herbei, die meine letzte sein würde. Die Zeit verging kriechend langsam und ich konnte mich auf nichts anderes konzertieren, als auf Derek, Sivlia, Jackie, Ben, Jason und Erik. Ständig kreisten sie in meinen Gedanken herum. Mehr als einmal wurde ich von einem Lehrer ermahnt, aufmerksam zu sein, aber es brachte nie etwas, denn keine zehn Sekunden später, grübelte ich schon wieder über Derek, Silvia oder sonst wen nach. Als es endlich zum Ende der letzten Stunde klingelte, sprang ich sofort von meinen Stuhl auf und stürmte als erste aus der Klasse. Erst vor Silvias Tür hielt ich an, um einmal tief durch zu atmen und mich wieder zu Luft kommen zu lassen. Gerade als ich an die Tür klopfen wollte, hörte ich eine laute Stimme von innen, die mich innehalten ließ. "Magnus ist wieder da!?" Die Stimme erkannte ich sofort wieder. Jason hatte es voller Entsetzen und Furcht ausgesprochen. Wer war Magnus? Ohne groß drüber zu nachzudenken, wurde ich eins mit der Luft und schirmte mich ab, denn falls jemand vorbei kam, sollte er nicht mitbekommen, wie ich mein Ohr nun gespannt an die Tür hielt und lauschte. Vielleicht fand ich hier die Erkläung für das seltsame Verhalten von Jason und Erik heute Morgen.

"Ich fürchte ja." Das war definitiv Silvia. "Als Elodie hier auftauchte, hatte ich Angst er würde zurück kehren, weshalb ich auch für ein paar Tage weg war, Erik. Und mein Verdacht hat sich verstärkt."

Was hatte ich damit zu tun? Oder gab es eine andere Elodie, die vor kurzen hier hergekommen war? Unwahrscheinlich. Fieberhaft suchte ich mein Gehirn nach dem Namen ab, aber ich konnte nichts finden.

"Dann auch noch das plötzliche Wiederauftauchen von meinem Bruder", ergänzte eine dritte Stimme, die wenn ich mich nicht täuschte, Erik gehörte. Wie gut, dass ich mich abgeschirmt hatte, ansonsten würde er jetzt bestimmt meine Gedanken lesen und ich wäre aufgeflogen.

Moment, Erik hatte einen Bruder? Der verschwunden war?

"Genau. Dazu kommt noch das mit Derek. Wie es aussieht versucht Magnus zu beenden, was er damals angefangen hat." Siliva klang besorgt und ein wenig ägnstlich, was in meinem Bauch ein mulmiges Gefühl entstehen ließ. Wer war dieser Magnus, dass selbst Silvia ihn fürchtete?

"Er wird ihm umbringen hab ich recht?" Diesmal sprach wieder Jason und seine Stimme war kalt und bitter. Eine kurze Pause entstand, in der jemand wütend auf etwas drauf schlug.

"Und er wird nicht der einzige bleiben", schloss Erik, auch er klang angespannt. "Wir müssen was unternehmen Silvia!"

"Ich weiß, ich weiß. Aber was? Ich hab mich damals dagegen entschieden euch auszubilden - aus gutem Grund. Wir haben keine Mittel! Und von außen brauchen wir auf keine Hilfe zu hoffen. Die glaube entweder Magnus ist tot, stehen hinter ihm, oder wollen mir nicht glauben, dass er es wieder versucht. Immer  kommen sie mit dem selben Argumenten. 'Ihm fehlt das Königsblut. Ohne das wird er nichts machen.' " Nun klang Silvia beinahe verzweifelt. Was war nur los?

"Du hast ihnen nichts von ihr gesagt?", stieß Erik entsetzt aus, "Es wäre deine Pflicht gewesen!"

"Erik, sie war total überfordert! Erinnere dich doch nur mal. Und wenn ich ihnen von ihr erzählt hätte, dann hätte sie keinen ruhigen Tag mehr. Ständig unter Beobachtung, ja darauf bedacht, dass sie niemanden etwas antun kann. Das ist kein Leben mehr. Denk nur daran, was aus ihrer Mutter geworden ist."  Gegen Ende wurde Silvias Stimme immer leiser. Begierig darauf mehr zu erfahren, presste ich mein Ohr regelrecht an die Tür, wodurch ich unbewusst, einen Schritt nach vorne machte, sodass meine Fuß gegen die Tür stieß. Augenblicklich wurde es muksmäuschenstill im inneren des Zimmers. 'Scheiße! Was mach ich hier?!', fuhr es mir durch den Kopf. Erschrocken stolperte ich zwei Schritte zurück, nahm meine Beine in die Hand und stürmte panisch davon, bevor mich noch jemand erwischte.

BlutrauschWo Geschichten leben. Entdecke jetzt