In den vergangen Jahren war etliches passiert. 1124 hatte Suger von Saint-Denis, der Geistliche und Berater meines ersten Königs, erreicht, dass die Fürsten Frankreichs dem König gegen einen Angriff der verbündeten Deutschen und Engländer halfen. Dabei waren Alianas und meine Hilfe grundlegend gewesen, seine machtpolitischen Verhandlungen voran zu treiben. Suger war in den Jahren zu einem ehrenvollen Freund geworden, dem wir vertrauen konnten – zumindest soweit er dachte, wir würden ihm uneingeschränkt dienen. Später im Jahre 1137, nach dem Beginn des Baus seiner Abteikirche, der sich zeitlich zu dem natürlichen Tod Ludwig VI. begab, hatte er gemeinsam mit dem heiligen Bernhard von Clairvaux, einem Zisterzienserordensmönch, für einem weiteren Kriegszug im Morgenland plädiert, der im Nachhinein als zweiter Kreuzzug bekannt sein sollte. Erst im 13. Jahrhundert wurde offiziell das Wort Kreuzzug genutzt. Dabei musste ein solcher einen gerechten Grund und ein ehrwürdiges Ziel haben und von kirchlicher Führung ausgerufen werden. Suger von Saint-Denis selbst hatte teilnehmen wollen, allerdings hinderte ihn sein Gesundheitszustand daran. Stattdessen zog König Ludwig VII., der zweite Sohn meines ersten Königs gen Osten und setzte Suger als Regenten ein, was diesem im Volk als »Vater des Vaterlandes« bekannt werden ließ. Auch Aliana und ich waren gemeinsam mit den Templern an dem Kreuzzug beteiligt. Leider war Ludwigs Sohn, der als »Ludwig der Junge« bekannt wurde, nicht solch ein Freund der Welt der Dunkelheit, wie sein Vater und Suger. Als Suger 1152 starb, gab es ein Zerwürfnis des Königs mit Gideon, und wir verließen die Welt des französischen Hofes. Allerdings hielten wir Kontakt zu der ehemaligen Ehefrau Ludwigs VII., von der er sich nach dem Tode Sugers trennte. Sie hatte ihm zwar Töchter aber keine Söhne geboren, Suger hatte eine Trennung versucht zu vermeiden. Eleonore von Aquitanien heiratete danach den neuen König von England, es entstanden neue Beziehungen, die mit dem Netz der Dunkelheit verwoben wurden.
Diese einstige Königin Frankreichs und danach Königin Englands war die wohl mächtigste sterbliche Frau des Mittelalters, die ich kennen lernte. Ihr Name Aliénor oder Éléonore d'Aquitanie bedeutete »Die andere Aenòr von Aquitanien« um sie von ihrer Mutter zu unterscheiden. Sie war Erbin des Herzogtum Aquitaniens und heiratete Ludwig VII. im selben Jahr, als ihr dieses Erbe zu fiel. Sie liebte ihre Freiheit, war der Kunst zugetan und begleitete ihren Ehemann sogar auf dem Kreuzzug. Ludwig verriet sie, indem er ihre Ehe wegen angeblicher zu enger Blutsverwandtschaft annullieren ließ. Aber Aliénor kommentierte dies lediglich mit den Worten: »Ich habe einen Mönch geheiratet, keinen Mann«. Die Heirat mit Heinrich Plantagenet vereinte Südwestfrankreich mit England, eine gewaltige Machtbasis für Heinrich, der 1154 als Heinrich II. zum König von England gekrönt wurde. Allerdings war auch ihre Ehe zu Heinrich nicht von Glück erfüllt. Sie unterstützte einen Teil ihrer gemeinsamen acht Kinder, darunter fünf Söhne, gegen ihren Vater, der sie daraufhin lange Jahre in Gefangenschaft hielt. Als Heinrich 1189 starb, herrschte sie fortan als Regentin über England, wann immer ihr berühmter Sohn abwesend war, denn die faszinierende Aliénor d'Aquitanie war die Mutter keines geringeren als des englischen Königs Erben: Richard Löwenherz.
Diese Königin zweier Länder hatte den späteren Hundertjährigen Krieg zwischen Frankreich und England durch den Übergang ihrer französischen Gebiete in Besitz des englischen Königtums in Gang gesetzt, und einen mächtigen König unserer dunklen Welt wohlgesinnt gestimmt. Noch heute denke ich ehrfürchtig an Aliénor d'Aquitanie und Richard Löwenherz, an deren Seite ich hatte schreiten dürfen, und denen wir halfen, Richard aus seiner Gefangenschaft zu befreien, als ihn verfeindete Kreuzfahrer auf seinem Rückweg überfielen. Richard aus dem Hause Plantagenet starb 1199 tödlich verwundet in Frankreich, seine Mutter war damals bereits nach reiflichen Überlegungen aller Beteiligten im Hause Skara Brae in der Bluttaufe eingekehrt. Richards Bruder Johann oder Jean folgte ihm auf den Thron. Dieser stürzte England weiter in eine Machtkrise hinein, und wir nahmen Abstand vom durch ihn entfremdeten englischen Thron. Danach wandelten wir durch die Höfe Europas zwischen den Thronen, waren keinem Königtum mehr unabdingbar zugeordnet. Doch waren unsere Bestrebungen stark mit den politischen Geschicken der menschlichen Welt verbunden. Zur der Zeit als ich mit Aliana durch Rumänien reiste, war das Haus Imhotep stark am Hofe der Habsburger in Wien vertreten und das Haus Baphomet in Portugal. Wir standen damit bei der politischen Elite des christlichen Europas, waren es nicht die Portugiesen, die bald einen neuen Kontinent besiedeln würden?
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