Kapitel 8

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Der dritte Tag ist bereits zur Hälfte vorüber. Bis jetzt habe ich weder etwas zuessen bekommen, noch etwas zu trinken. Ein paar mal kam jemand, um zu schauen ob ich noch leben, doch sonst kamen immer nur skeptische Blicke von den Menschen aus dem Dorf. Wenn das so weiter geht, dann werde ich den morgigen Tag vermutlich nicht überleben.

Dumpfe Hufschläge auf dem Boden lassen mich meine verquollenen Augen öffnen. Vielleicht passiert etwas spannendes, was ich vor meinem Tod noch erleben möchte. Ein Trupp Pferde mit Reitern kommt im Dorf zu stehen. Die Frauen und Kinder sind auf einmal weg, nur die Männer kommen aus den Zelten. Die Reiter sehen so ähnlich aus wie die Menschen aus dem Dorf und doch sind ihre Haare und Kleidungen anders. Der vorderste Mann des Reitertrupps steigt ab und zieht einen gefesselten Mann vom Pferd. Dann fängt er an mit dem Mann vom Dorf zu diskutieren. Nur die zwei reden in der unverständlichen Sprache, die anderen Männer stehen stumm dahinter oder sitzen wortlos auf den Pferderücken. Der Mann aus dem Dorf ruft etwas, voraufhin ein paar seiner Männer verschwinden. Der Reiter schaut sich um, als er mich entdeckt. Schlagartig erhöht sich mein Puls, als er auf mich zeigt. Werde ich jetzt zum nächsten Dorf gebracht, wo ich erneut gequält werde? Hat das nie ein Ende? Der Tod wäre eine große Erlösung für mich. Auch wenn ich Tante Anne gerne noch einmal gesehen hätte. Der Mann aus dem Dorf nickt, woraufhin der Reiter etwas zu seinen Leuten sagt. Zu gerne würde ich wissen, was gesprochen wird. Die Männer kommen auf mich zu. Ich sollte Angst haben, doch die habe ich nicht. Langsam fallen meine Augen zu. Das alles hat mich angestrengt. Ich zucke zusammen, als etwas nasses meine ausgetrockneten Lippen berührt. Gierig lecke ich mit meiner Zunge die wenigen Tropfen von meinen Lippen. Daraufhin fließt mehr Wasser durch meine Lippen. Immer wieder schlucke ich und mit jedem Schluck wird mein Mund feuchter, mein Verstand klarer, mein Körper lebendiger. Ich höre ein Ratschen, woraufhin meine Arme schmerzvoll auf den Felsen fallen. Doch ich bin zu glücklich um mir darüber Gedanken zu machen. Ob ich nun frei bin oder nicht, weiß ich nicht, doch wenn der Reiter mich umbringen wollen würde, hätte er das doch mit Sicherheit direkt getan und mir kein Wasser gegeben, oder? Eine Hand streicht über meine Stirn und ich öffne die Augen. Der Reiter hockt vor mir. Seine dunkelbraunen Augen strahlen irgendetwas freundliches wider. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Das liegt bestimmt an der Hitze. Warscheinlich habe ich auch Fieber. Ich versuche aufzustehen, doch meine Beine versagen kläglich. Mir wird schwindelig und ich setze mich wieder. Schwarze Punkte tanzen vor meinen Augen und egal wie sehr ich dagegen ankämpfe, es gelingt mir nicht wachzubleiben.

Als ich wieder zu mir komme liege ich in einem kleinem Haus. Eine Lederdecke liegt auf meinem dünnen Körper. Im Haus befindet sich eine Feuerstelle und jede Menge Sachen, die ich nicht zuordnen kann. Ich selber liege etwas erhöht auf einer Art Bett, welches mit Fellen ausgekleidet wurde. Das Haus scheint aus Lehm gebaut zu sein, ich frage mich was draußen ist. Doch die Sicht wird mir von langen Lederbahnen, welche vor dem Eingang und dem kleinen Fenster hängen, versperrt. Das Leder schiebt sich zur Seite und eine Frau kommt herein. Sie trägt ebenfalls Kleidung aus Leder, hat lange schwarze Haare und dunkle Haut. Ihr Haar und ihre Kleidung sind mit Fransen und Perlen geschmückt. Die Kleidung gefällt mir. Sie ist mit Sicherheit nicht so unbequem wie die Kleider, welche die Frauen immer tragen müssen. Die Frau hält mir eine Schale mit Wasser hin. Etwas verwundert, dass es keine Becher oder Flaschen gibt, nehme ich sie trotzdem an und trinke das kühle Wasser. Danach drückt die Frau mich zurück auf das Bett und befühlt meine Stirn. Sie sagt immer wieder Wörter, die ich nicht verstehe und als sie das merkt, dass sie keinen Kontakt aufnehmen kann verschwindet sie wieder.

Kurz darauf kommt sie mit einem älteren Mann wieder. Dieser trägt zwar die Kleidung der Einheimischen, doch man sieht ihm an, dass er nicht von hier stammt. Helle Haare fallen bis zum Kinn von seinem Kopf und seine vermutlich mal weiße Haut ist sonnengebräunt. Die Frau geht wieder und lässt mich mit dem Mann alleine. Freundlich lächelt er und setzt sich neben das Bett. Neugierig setze ich mich etwas auf. Er hebt seine rechte Hand und führt sie zu seiner Brust. ,,Mein Name ist Klekih-Petra. Verstehst du mich?", fragt er in englisch. Er hat einen leichten Akzent und doch verstehe ich ihn einwandfrei. Endlich jemand, der auch meine Sprache spricht. Mit einem Nicken beantworte ich seine gestellte Frage. Dann stehe ich auf und setze mich ebenfalls wie er auf den Boden. Ich möchte nicht, dass er zu mir hochsehen muss. Diese Art von Respekt wurde mir schon sehr früh beigebracht. ,,Wie ist dein Name?", fängt der alte Mann wieder an zu reden. Wie immer deute ich auf meinen Hals und schüttel den Kopf. ,,Du kannst nicht reden", stellt er fest und man hört das Bedauern heraus. Leicht nicke ich. Er zieht einen Stock aus dem Feuer, erstickt die Flamme und reicht ihn mir mit einer Sandschale. ,,Kannst du schreiben?" Wieder nicke ich und warte auf weitere Fragen. Tante Anne hat mir schreiben und lesen beigebracht, nachdem ich aufgehört habe zu reden. ,,Wie ist dein Name?" Mit ordentlichen Buchstaben schreibe ich Ruby in den Sand. ,,Ruby. Ein außergewöhnlicher Name. Darf ich fragen woher du kommst?" Ich wische meinen Namen weg und schreibe Brighton. ,,Ich hörte, es soll eine schöne Stadt sein. Bevor ich hier her kam wohnte ich in London. Gerne möchte ich mehr über sich erfahren, doch du solltest dich ausruhen. Morgen werde ich dir deine Fragen beantworten." Langsam kletter ich zurück in das Bett, während Klekih-Petra das Haus verlässt. Müde schließe ich meine Augen. Das waren zu viele Erlebnisse, zu viele Eindrücke in kurzer Zeit. Ich hoffe die Einheimischen lassen mich gehen, damit ich zurück nach Brighton kann.

Stolen from Britain, brought to AmericaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt