Kapitel 24

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Traurig sehe ich auf die kleine Stadt Silvertown, welche immer näher kommt. Hier trennen sich die Wege von William und mir. Ich wollte ihn unbedingt noch ein Stück begleiten. Winnetou ist ebenfalls mitgekommen und nun kümmert sich Tohon während seiner Abwesenheit um den Kapitän mit dem ausdrücklichem Befehl ihn am Leben zu lassen und regelmäßig etwas Wasser und ein wenig Brot zu geben, damit er noch lebt wenn wir zurück kommen. Es herrscht gedrückte Stimmung, welche hauptsächlich von den Gefangenen und mir ausgeht. Die Apachen sind wie immer neutral, doch ich weiß, dass sie sich innerlich freuen. Nur William zeigt seine Freude. Er sitzt glücklich auf seinem Mustang und freut sich auf England. Er hat mich noch mal versucht umzustimmen, sogar Winnetous Hilfe hat er hinzugezogen, doch ich bin stur geblieben. Ich werde hier bleiben, bei Winnetou und ihm meine tiefste Dankbarkeit erweisen. Denn das hat er mehr als verdient.

Sorgfältig steckt William den Brief für Tante Anne in seine Tasche. Er hat mir versprochen ihn zu überreichen und ihr alles zu erzählen. Die Gefangenen werde alle zusammen in das kleine Gefängnishaus von Silvertown gepfercht und müssen somit warten bis die Planwagen losfahren. Dies wird zwar erst in zwei Tagen sein, doch die Apachen wollen heute noch zurück reiten, um möglichst viel Strecke zu bewältigen. Nur kurz wird Mr. Carter alles erläutert und unsere Vorräte werden aufgefüllt. ,,Ruby." Winnetou tritt hinter mich. ,,Verabschiede dich. Wir wollen aufbrechen." Sehnsüchtig falle ich William in die Arme. ,,Versprich mir, dass du auf dich aufpasst. Vielleicht komme ich dich ja mal besuchen. Schick mir auf jeden Fall mal einen Brief." Ich nicke und vergrabe mein Gesicht in seinem Oberteil. Endlich habe ich ihn wieder und nun geht er schon. ,,Ich hab dich lieb, kleine Ruby", lächelt er und drückt mir zum Abschied einen Kuss auf die Stirn. Dann löst er seine Arme von mir. Voller Trauer steige ich auf Maka. William lächelt mir noch ein letztes Mal zu, bevor unsere Gruppe sich in Bewegung setzt. Als ich mich das nächste mal umdrehe sehe ich, wie William in Mr. Carters Haus eintritt. Es ist besser so. Es geht ihm gut. Er kann nicht hier bleiben. Hier würde er nicht glücklich werden. William gehört nach Brighton.

,,Du liebst ihn sehr. Warum hast du ihn gehen lassen? Ich hätte dich mit ihm gehen lassen." Ich sehe Winnetou an. Klar liebe ich William, aber nicht so, wie Winnetou denkt. Eine andere Art von Liebe. So wie man seine Familie liebt. Ich lasse den Kopf etwas hängen. ,,Du bist mir nichts schuldig. Ich möchte unbedingt, dass du frei bist." Wieso versteht er das denn nicht? Es wäre falsch einfach zu gehen. Schon jetzt plagt mich mein Gewissen, weil ich ihm niemals alles zurückgeben kann. Schon früh wurde mir beigebracht, mich angemessen zu bedanken. Und dies ist nun mein Dank für Winnetou. Auch wenn es bedeutet, mein Leben hier zu verbringen. Vielleicht soll es anders einfach nicht sein.

Der Rückweg verläuft Ereignislos und bereits am Abend des zweiten Tages kommen wir wieder im Lager an. Sofort vergewissert sich Winnetou, das der Kapitän noch lebt. Und das tut er. Er hat nur ein paar blaue Flecken mehr im Gesicht. Fast schon tut er mir leid. Niemand hat das verdient, nicht einmal der Kapitän. Doch so sind die Regeln der Apachen, so lautete das Urteil und dem muss ich mich fügen, wenn ich mir keine Feinde machen will. Und dies ist wirklich das letzte, was ich möchte. Ich steige von Maka ab und streiche ihm lobend über den Hals. Mal wieder hat er mich treu auf seinem Rücken gedultet und ist brav einen Schritt nach dem anderen gegangen, ohne mich abzuwerfen. Diese Tieren sind wahrhaftig erstaunlich.

Vorsichtig schütte ich etwas Suppe in eine Holzschale und reiche sie dann Winnetou. Dann befülle ich eine weitere und gebe sie Tohon. Danach ziehe ich mich im meine Ecke zurück und lausche dem Gespräch, dieser wundervollen Sprache, auch wenn ich immernoch nicht viel verstehe. Dem Gespräch kann ich kaum folgen, nur manchmal fallen Wörter welche ich kenne, zu denen ich allerdings keinen Zusammenhang finde. Das Gespräch scheint jedoch ernst zu sein, denn ich kann kein Lachen und scherzhafte Betonung hören. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass es Tohon ist und er sich sowieso nicht gut mit Winnetou versteht. Langsam werde ich müde, doch da ich noch nichts gegessen habe muss ich wohl oder übel warten, bis Tohon wieder geht.

Kaum ist er weg holt mich Winnetou mit einer kleinen Aufforderung zu sich. ,,Ess. Ich sehe wie hungrig du bist." Er gibt mir seine Schale, welche ich mir befülle und dann die noch warme Suppe in mich reinschaufel. ,,Wie hat dir das Land der Apachen gefallen?" Ich hebe meinen Kopf und fange mit leuchtenden Augen an zu lächeln. Dann mache ich die Handbewegung, welche für die Antwort passt. ,,Gerne würde ich dir den Rest des Landes zeigen. Es gibt viele schöne Orte, welche du noch nicht gesehen hast." Lächelnd nicke ich. ,,Dann ist es beschlossen. Morgen reiten wir durch das Land meiner Väter." Morgen schon? Es ist immer wieder erstaunlich wie viele Sachen Winnetou einfach beschließen kann.

Stolen from Britain, brought to AmericaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt