Kapitel 31

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Am Ende des zweiten Tages kommen wir endlich bei den Apachen an. Klekih-Petra und Häuptling Sakima erwarten uns bereits, einige neugierige Stamm Mitglieder sind ebenfalls dabei. Kaum stehen wir, springt Winnetou ab und hilft Tante Anne höflich vom Pferd. Wie immer mustert sie alles mit ihrem Blick. ,,Herzlich willkommen. Mein Name ist Klekih-Petra", begrüßt der alte Mann Tante Anne lächelnd und küsst vorbildlich ihre Hand. ,,Oh vielen Dank. Miss Conlon", stellt sie sich vor und deutet einen Knicks an. ,,Der Häuptling der Apachen begrüßt Rubys Familie vom ganzen Herzen", ertönt Sakimas Stimme. ,,Ich danke für die Einladung." ,,Kommt. Ich zeige Euch euren Schlafraum", meint Klekih-Petra sanft und nimmt den Koffer. Kurz sehe ich den beiden noch nach, bevor ich mich umdrehe, um Winnetou bei den Pferden zu helfen. ,,Du musst nicht helfen. Geh zu ihr, verbringe Zeit mit ihr." Ich schüttel den Kopf und nehme das Seil von Weekos Hals. Zum einen habe ich auch ein Pferd geritten und möchte es nun selbst versorgen, wie es sich gehört und zum anderen wird Tante Anne sich erstmal frisch machen wollen, wobei ich nun wirklich nicht stören möchte.

Nach dem Abendessen setze ich mich noch mit in Tante Annes Pueblo, welches sie während ihres Aufenthalt bewohnen wird. Winnetou hat mir angeboten für die Zeit bei ihr schlafen zu können, doch ich habe abgelehnt. Ich weiß, dass sowohl Tante Anne als auch ich manchmal etwas Freiraum brauchen und wir nicht die ganze Zeit beieinander hocken können. ,,Mir gefällt es hier ausgesprochen gut. Auch wenn das Leben gewöhnungsbedürftig ist, ich verstehe die ganzen Lügen über die Einheimischen nicht. Als wilde Bestien würde ich sie wirklich nicht bezeichnen." ,,Sie sind sehr nett", sage ich leise. Augenblicklich fängt Tante Anne an zu lächeln. ,,Es freut mich, dass du deine Stimme nicht verloren hast." Seufzend lehnt sie sich zurück. ,,Ich fürchte ich kann dich nicht dazu bringen wieder mit nach England zu kommen oder?" ,,Nein. Ich bin es ihm schuldig hier zu bleiben." ,,Wieso eigentlich? Du liebst ihn doch nicht etwa oder?" Hastig schüttel ich den Kopf. ,,Er hat mir zweimal das Leben gerettet. Würdest du anders handeln?" ,,Nein. Vermutlich nicht. Du tust das Richtige, Ruby. Aber ich vermisse dich. Doch immerhin weiß ich nun, dass es dir hier gut geht." ,,Mir fehlt nichts. Die Apachen behandeln mich wie einer von ihnen." ,,Und höflich sind sie auch. Ich muss schon sagen, der junge Mann hat ordentliche Manieren." Ich nicke und gähne einmal. ,,Ich sollte schlafen. Wir sehen uns morgen." ,,Ich wünsche dir eine gute Nacht, Ruby." Ich nicke einmal und gehe dann raus in die Dunkelheit. Ein paar Apachen sitzen noch uns Feuer und unterhalten sich.

Die nächsten Tage laufen gut. Ich erledige meine Arbeit, Tante Anne unterhält sich viel mit Klekih-Petra, da sie einiges über die Kultur der Apachen kennenlernen möchte und wenn ich nichts zu tun habe, zeige ich Tante Anne das Land. So wie sie oft redet scheint es so, als würde sie hier bleiben wollen, doch ich weiß, dass sie Brighton und ihren Hof sehr vermisst. Und vermutlich auch die gute englische Küche. Sie isst zwar höflich alles, was Winnetous Mutter für sie kocht, doch ich sehe es in ihren Augen. Niemand kennt Tante Anne besser als ich und niemand kennt mich besser als Tante Anne. Nunja Maka kennt mich auch ziemlich gut. Inmer wenn ich mit ihm unterwegs bin rede ich mit ihm. Er stellt keine Fragen, sondern hört mir einfach nur still zu. Und das liebe ich an diesen Tieren. Sie sind so eine treue Seele, lieben einen und geben einem Zuneigung, wenn man dies auch bei ihnen tut. Sie urteilen nicht über einen, ob man schön oder hässlich ist, lediglich wie der Mensch mit ihm umgeht, so Verhält sich das Tier letztendlich auch. Und ich liebe diese unendlich tiefe Verbindung zwischen Maka und mir. Auch wenn er eigentlich noch Winnetou gehört, ich bin die Einzige, die ihn reitet.

,,Ruby sieh mal." Stolz präsentiert mir Tante Anne ihre Näharbeit. Es ist eine kleine Stickerei, sie hat sich aus Leder ein Kissen genäht und stickt darauf nun einen Mustang. Lächelnd streiche ich über die saubere Arbeit. Bei mir sieht es nie so schön aus. Tante Anne bekommt es hin, dass die Stiche jedes mal perfekt miteinander harmonieren. Solch eine Feinarbeit liegt mir nicht und dazu habe ich nicht genügend Geduld.

Stolen from Britain, brought to AmericaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt