Eine große Panik brach aus. Niemand wusste so wirklich, wohin. Weglaufen war keine Option, da der rote Drache über ihnen alles anfackelte, was sich versuchte auch nur annährend zu entfernen. Man konnte von Glück sprechen, dass noch kein Zraon verletzt wurde.
,,Lelaenia. Wir müssen hier weg.", rief Noryn panisch und versuchte sie schon am Arm wegzuziehen. ,,Noryn, wir können nicht. Was wird aus den ganzen anderen Zraonen? Und außerdem wird er hier alles zerstören, wenn niemand was dagegen unternimmt.", sagte sie laut und sah ihn verzweifelt und beängstigt an. Noryn seufzte mindestens genauso verzweifelt. ,,Lelaenia, ich schätze das wirklich sehr, aber wir haben keine Chance gegen einen Drachen!" Doch Lelaenia hörte ihm schon nicht mehr zu und dachte an Mávros. Und tatsächlich erschien er kurze Zeit später und deutete ihr an, aufzusteigen. Auf die Lippe beißend sprang sie auf Mávros und zog ihr Schwert aus der Schwertscheide. ,,Lelaenia! Hör auf, du kannst doch gar nicht kämpfen!", schrie Noryn ihr hinterher, doch Lelaenia stieg schon in die Luft. Plötzlich wurde alles ruhig. Als sie auf Augenhöhe des Drachen war, sah sie den Dasmant, der ihn ritt. Dieser sah sie spöttisch an. ,,Ach, eine kleine Zraonin will gegen mich kämpfen?" Er lachte, sah sie herablassend an und schüttelte seinen Kopf, wobei seine roten Haare zur Seite flogen. Und jetzt erkannte Lelaenia auch die lodernden Flammen in seiner Iris.
,,Dieses Mädchen ist vollkommen verrückt geworden.", flüsterte Noryn entsetzt und sah nach oben. Auch alle anderen hatten aufgehört, hin und her zu rennen und starrten Lelaenia und den Dasmanten an.
,,Sag dem Drachen, er soll aufhören!", rief sie laut und hoffte, dass sie dieses Schwert nicht benützen würde, da sie nicht die geringste Ahnung hatte, wie man es denn benutzte. Der Dasmant fing an, laut zu lachen und lehnte sich provozierend an den Hals des Drachen, um ihr zu zeigen, dass er keine Bedrohung in ihr sah. ,,Und was wirst du tun, wenn ich es nicht tue?" Grinsend schüttelte er den Kopf erneut. ,,Jetzt geh mir aus dem Weg, kleines Miststück.", spuckte er und sah sie angewidert, aber stets belustigt, an. Er klopfte einmal den Drachen an, welcher erneut Feuer spie und die Bäume anfackelte. Kurz waren wieder Schreie unter ihnen zu hören.
Lelaenia hatte das Gefühl, noch nie zuvor so große Wut gespürt zu haben. Ihre Atmung verschnellerte sich und ihre Hände umschlossen das Schwert so fest, dass ihre Knöchel weiß wurden. ,,Näher.", formte sie mit ihren Lippen. Mávros konnte wohl ihre Absichten vorhersehen, denn ganz schnell näherte er sich dem Drachen. Bevor dieser sich umdrehen und Mávros ernsthaft verletzten konnte, sprang sie auf den Rücken des Drachen und landete nur knapp auf den Füßen. Sie vergaß ihre Angst und konzentrierte sich nur noch auf die Wut, die in ihrem ganzen Körper brannte.
Der Dasmant zog grinsend seine Augenbraue hoch und stand seufzend auf. Er gähnte gespielt und zog sein Schwert heraus. Dann schrie er ganz laut, sodass die anderen es auch hören konnten : ,,Der große König Kydraen Blackfire hat befohlen, jeden zu töten, der versucht, seine Pläne zu verhindern oder sich ihm zu widersetzen. Und da dies hier leider auch so ein jämmerlicher Fall ist, ist-" Lelaenia ließ ihn seinen Satz nicht vollenden und schwang ihr Schwert. Zwar konnte er sie rechtzeitig abwehren, aber er stolperte zurück, denn erwartet hatte er es nicht. Und bevor er es ganz realisieren konnte, schlug Lelaenia erneut zu. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Schwert sie etwas führte und ihr nachhalf. In diesem Moment war sie Königin Nyxia unglaublich dankbar für ihr merkwürdiges Geschenk.
Der Dasmant wurde nun wütend. Die Flammen in seinen Augen schienen nun viel schneller zu fackeln. Doch bevor er sein Schwert schwingen und Lelaenia damit durchbohren konnte, handelte sie schnell und schlug mit der flachen Seite auf sein Handgelenk, sodass das Schwert aus seiner Hand fiel und laut auf dem Boden aufprall. Jetzt, da er unbewaffnet war, sah er sie unzufrieden und genervt an, aber beim genaueren Hinsehen erkannte Lelaenia auch Angst. Er sah nun eine würdige Gegnerin in ihr.
Er legte eine Hand auf die riesigen Zacken am Rücken des Drachen. ,,Das reicht.", murmelte er und der Drache wurde ganz ruhig. ,,Ich soll eine Botschaft von König Kydraen höchstpersönlich überbringen: In exakt drei Tagen wird der König im Königsfeld vorzufinden sein, da er etwas von höchster Wichtigkeit verkünden will. Es besteht eine Anwesenheitspflicht für alle Zraonen des Landes. Zraonen, die sich weigern, zu kommen, werden umgehend hingerichtet.", sagte er laut an und sah Lelaenia dabei weiterhin wütend an. Daraufhin sprang sie wieder auf Mávros' Rücken und steckte ihr Schwert weg. ,,Ich werde dich ganz sicher nicht vergessen.", murmelte er mit zusammengebissenen Zähnen und gab dem Drachen ein Zeichen, wegzufliegen.
Lelaenias Haare wehten heftig bei den gigantischen Flügelschlägen, doch als der Drache sich entfernte, wurde es ganz ruhig. Bis alle anfingen, laut zu jubeln und zu applaudieren. Und da ihr gerade so viele zuschauten, versuchte sie nicht sich erschöpft an Mávros anzulehnen. ,,Danke.", flüsterte sie ihm aber noch zu, als sie landeten.
Die ganze Menge lächelte breit, klatschte und pfiff. ,,Das Mädchen aus der Prophezeiung! Sie ist es!", riefen einige laut, woraufhin nur noch lauter gejubelt wurde. Auch wenn Lelaenia noch etwas verwirrt war, musste sie lächeln. ,,Danke, aber-" Lelaenia wollte gerade sagen, dass das nicht ganz ihre Verdienste waren und ihr Schwert sie die meiste Zeit geführt hatte, doch da drängelte Noryn sich an der Menge vorbei und rannte zu ihr. ,,Bei Zrao, ich hatte solche Angst, dass der Drache dich am Ende grillen würde. Geht es dir gut? Konnte er dich verletzen?" Er zog sie in eine so feste Umarmung, dass sie Schwierigkeiten hatte, zu atmen. ,,Mir geht es gut, Noryn.", presste sie hervor, musste aber grinsen. Er ließ sie los und nahm ihr Gesicht in seinen Händen, um sie von allen Seiten betrachten zu können. Dann atmete er erleichtert aus. ,,Ich hoffe, dass dir bewusst ist, wie schlimm dies hätte ausgehen können." Lachend schüttelte er den Kopf.
,,Lelaenia! Lelaenia! Lelaenia!", riefen sie immer wieder, weshalb sie unsicher zu Noryn sah. ,,Woher kennen sie alle meinen Namen?", flüsterte sie misstrauisch. ,,Das Mädchen aus der Prophezeiung! Wir sind gerettet!", rief eine Frau ganz laut. ,,Die ganze Zeit wird über eine Prophezeiung gesprochen! Noryn, erzähl es mir jetzt endlich!", sagte sie auffordernd und etwas wütend. Noryn seufzte geschlagen und nickte. ,,Gut, aber nicht hier." Er trat einen Schritt zurück und wand sich an die Menge. ,,Kann uns jemand sagen, wer ihre Mutter sein könnte?", rief er laut.
Es wurde leise gemurmelt und alle sahen sie genau an. Doch nach und nach schüttelten alle ihre Köpfe und sahen sie mitleidig an. ,,Ist denn bekannt, was sie bei ihrer Geburt in ihren Händen gehalten hat?", fragte ein langer Mann mit violettem Haar, der ganz vorne stand. Bedauernd schüttelte Noryn den Kopf. ,,Gut, dann setzen wir unseren Weg nun lieber fort.", erklärte Noryn, woraufhin sie beide auf Mávros stiegen. ,,Wir danken dir vielmals.", rief das kleine Mädchen, mit dem sie zuvor noch getanzt hatte. Lelaenia schenkte ihr ein warmes Lächeln und schon flog Mávros los.
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Noryn fuhr sich durch die Haare und seufzte. ,,Vor etwa 17 Jahren, also etwa ein Jahr nachdem König Kydraen hierher kam, haben einige Zraonen Königin Nyxia in diesem Wald hier gesichtet. Es war klar, dass ihre Anwesenheit etwas Großes bedeuten müsste. Sie erklärte, dass eine Zraonin geboren wurde, die eine Chance haben würde, König Kydraens Pläne zu verhindern. Als man sie fragte, wer die Zraonin ist, sagte sie die Prophezeiung auf." Lelaenia sah ihn abwartend an und Noryn räusperte sich.
,,Im Winter geboren, im Sommer wird sie kommen.
Siebzehn Jahre wird sie zählen, und nur halbes Blut wird fließen.
Mit dem Namen der ersten Flammenkönigin und kiefergrünen Augen,
wird sie kämpfen und die letzte Hoffnung der Kinder der Bäume sein."Lelaenia sah ihn fassungslos an. ,,Du, Lelaenia, bist gemeint."
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Was denkt ihr? Wie wird Lelaenia jetzt reagieren? :)
Das nächste Kapitel kommt am Freitag.
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Twin Stars
FantasyPAUSIERT !!! Was wäre, wenn unsere Welt nicht die einzige ist und der Eingang zu einer anderen Welt auf einer einfachen Farm läge? Auf dem ersten Blick sieht vielleicht die neue Welt beinahe idyllisch aus, doch was passiert, wenn man bemerkt, dass d...