Randon bemerkte schnell, dass Lelaenia die ganze Situation nur schwer aushielt. Deshalb räusperte er sich auch. ,,Nun, Vater. Du ließest nach mir rufen...?", wechselte er das Thema in einem fragenden Ton. Sie war ihm unglaublich dankbar dafür, denn sie konnte nun unauffällig ausatmen. Der König wand sich zu seinem Sohn und nickte grimmig dreinschauend. ,,Was hast du dir gestern dabei gedacht, einfach eine Rebellin zu verteidigen! Solche Leute wie Kina Strain könnten die gesamte Operation in nullkommanichts vernichten!" Enttäuscht schüttelte er den Kopf und lief auf und ab. Lelaenia hatte das starke Gefühl, dass er sich dabei jedoch stark zurückhielt, da sie ebenfalls im Raum anwesend war.
,,Du kannst von Glück sprechen, dass niemand dies groß bemerkt hat, da alle zu beschäftigt mit ihrer Hinrichtung waren und selbst schrien.", fuhr er fort und die schwarzen Flammen in seinen Augen spiegelten seinen Zorn nur allzu gut wieder. Bemüht, keine Emotionen zu zeigen, versteifte sich Randon und nickte nur kaum merklich. Nur mit großer Mühe schaffte Lelaenia es, nicht nach dem Knauf ihres Schwertes zu greifen, um sich sicherer zu fühlen.
Dann jedoch seufzte der König erschöpft und runzelte die Stirn. ,,Zu so einem Verlust wäre es erst gar nicht gekommen, wenn es dieses Mädchen aus der Prophezeiung nicht gäbe.", brummte er daraufhin plötzlich. Lelaenia stockte. Sie spürte eine Schweißträne ihre Stirn hinunterfließen. ,,Oh, also wurde sie tatsächlich schon gesichtet? Ich dachte immer, dass das nur ein jämmerliches Märchen der Königin von Noxēn wäre.", fragte sie in einem überraschend kontrollierten Ton.
Kydraen nickte bedauernd. ,,Sie existiert auf jeden Fall. Wie sie aussieht, zu was sie in der Lage ist und was ihre Pläne sind, ist uns jedoch noch unbekannt. Aber eins steht fest: Sie ist eine Gefahr für uns alle. Denn sie lässt die Zraonen auf dumme Ideen kommen und motiviert sie sogar dazu. So ein Vorfall wie von Kina Strain wäre doch sonst nie passiert!", sagte er deutlich verärgert. Lelaenia spürte einen Stich in der Brust, als sie wieder daran dachte, dass sie Schuld an Kinas Tod war. Doch sie ließ sich nicht beirren und unterdrückte auch den Drang, sich verzweifelt an Randon zu klammern.
,,Und wie können wir sie aufhalten?", fragte Lelaenia weiter und ihre Stimme war nun etwas heiser. Der König blieb stehen und sah sie lächelnd an, wahrscheinlich begeistert von ihrer scheinartigen Überzeugung. ,,Mehrere Truppen suchen bereits nach ihr. Wir können leider kein Kopfgeld setzen, da sie noch nichts Großes verbrochen hat. Und wir wollen das Volk ja nicht auf falsche Gedanken bringen.", schilderte er ihr und trat dann ein Stück näher. ,,Aber weißt du, was so toll an dieser Sache ist, meine Liebste?", sagte er nun so leise, dass es beinahe einem Flüstern glich. Doch er brauchte auch nicht lauter zu reden. Seine schneidende, kratzige Stimme würde sie auch von einer großen Entfernung hören. Langsam schüttelte sie den Kopf und versuchte, ihre Todesangst hinunterzuschlucken. Der König legte fast schon seine Lippen an ihrem linken Ohr, als er ihr zu hauchte: ,,Ich denke, wir müssen sie nicht einmal suchen. Sie wird schon selbst den Weg hier her finden und sich zeigen. Ich denke, sie muss nur noch etwas ... provoziert werden, wenn du verstehst, was ich meine."
Seine Stimme kroch sich durch ihre Venen und seine Worte zogen ihr Herz auf brutaler Art heraus, um es mit der bloßen Hand zu zerquetschen. Er wusste es. Er wusste , dass sie das Mädchen war, welches er suchte. Es war vorbei.
,,Was meinst du, wenn ich fragen darf, Vater?", mischte sich Randon wieder ein und rettete sie erneut aus einer sehr heiklen Angelegenheit. Endlich wand sich Kydraen Blackfire von ihr ab.
Gerade als der König antworten wollte, wurde die schwere Tür hinter ihnen geöffnet und ein schwer atmender Dasmant stürzte hinein. ,,Eure Hoheit, etwas Schreckliches ist passiert!" Bestürzt sah er sie an. Der König versteifte sich, nickte dann jedoch und lief dem Krieger mit zügigen Schritten hinterher.
Lelaenia atmete laut aus und lockerte ihre Schultern. ,,Das ... war knapp. Aber was ist passiert?", fragte sie dann verwirrt. Randon sah sie ratlos an. ,,Komm mit!" Schnell liefen sie dem König hinterher. Lelaenia knallte fast gegen Randon, als dieser im langen Gang vor einem riesigen Fenster plötzlich stehen blieb. Randon zog scharf die Luft ein, weshalb Lelaenia plötzlich nicht mehr das Bedürfnis verspürte, aus dem Fenster zu schauen. Doch sie riss sich zusammen und stellte sich neben Randon.
Ihr stockte der Atem. Ein olivgrüner Drache lag mit aufgerissener Kehle am Fuß des Berges. Einige Dasmanten suchten nach irgendeinem Lebenszeichen, doch die meisten blieben im Hintergrund und starrten das Ereignis bedrückt oder wütend an.
Schlagartig dachte Lelaenia an den toten Penorus, den sie vor einigen Tagen gesehen hatte. Das war genauso schrecklich. ,,Wer war das?", hauchte sie bestürzt. Randon hatte einen Kloß im Hals. Er öffnete die bodenlangen Fenster, da der König nun unten angelangt war.Kydraen Blackfire strich mit gesenktem Kopf über die Schuppen des Drachen und schüttelte bedauernd den Kopf. Dann räusperte er sich.
,,Das ist ein Skandal! Ich verstehe nicht, wie bestialisch und brutal man sein kann. So etwas Schreckliches hätte nicht passieren dürfen. Der Reiter dieses Drachen soll mich bitte später aufsuchen. Ich würde ihm gerne persönlich mein Beileid aussprechen." Dank ihren langen, spitzen Ohren konnte Lelaenia jedes Wort hören. Es erstaunte sie und widerte sie gleichzeitig an, wie ehrlich er klang.,,Ich denke, es ist allen klar, wer zu so etwas fähig ist." Er legte eine Pause ein und sah einmal über die Runde. ,,Königin Nyxia." Alle starrten den König geschockt an und auch Lelaenia riss ihre Augen auf. ,,Sie hat sicher davon gehört, dass wir den Krieg planen. Seht doch, wie grausam die Nyreanen sind! Wir haben nicht einmal einem Nyreanen Schaden zugefügt und sie... sie tun so etwas! Versteht ihr nun, meine Brüder und Schwestern, dass wir niemals mit ihnen zusammenarbeiten können?" Die Dasmanten nickten wütend und hoben zustimmend die Fäuste. ,,Lang lebe Blackfire!", brüllten sie.
Verzweifelt sahen Randon und Lelaenia sich an. ,,Ich kann mir schlicht und einfach nicht vorstellen, dass Nyxia das war.", flüsterte Lelaenia zweifelnd. Randon nickte mit zusammengebissenen Zähnen. ,,Etwas geht hier gewaltig schief. Mein Vater hat sicher selbst den Drachen töten lassen, damit er einen weiteren 'Grund' hat, den Krieg mit Noxēn zu führen."
Lelaenia starrte die aufgebrachten Dasmanten angsterfüllt an. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie diesen Krieg noch aufhalten könnten, denn diese Dasmanten sahen so aus, als würden sie jeden Moment ihre Schwerter ziehen und ihre Drachen schnappen, um ganz Noxēn abzuschlachten.,,Ich denke, wir sollten lieber schnell verschwinden und weiterfliegen. Es wird schwierig, hier wegzukommen, wenn mein Vater zurückkommt und meine Magie wird nicht mehr lange anhalten." Er deutete auf die Flammen in ihren Augen. ,,Außerdem haben wir sowieso nur noch ein paar Stunden vor uns, bis wir unser Ziel erreichen. Und irgendetwas sagt mir, dass wir lieber schnell wieder zurückkehren sollten."
~
Glaubt ihr, der König hat eine Ahnung?
Und wer hat wohl den Drachen getötet?
Im nächsten Kapitel bekommt Lelaenia endlich ihre lang ersehnten Antworten. Wer ist wohl ihre Mutter?^^
DU LIEST GERADE
Twin Stars
FantasyPAUSIERT !!! Was wäre, wenn unsere Welt nicht die einzige ist und der Eingang zu einer anderen Welt auf einer einfachen Farm läge? Auf dem ersten Blick sieht vielleicht die neue Welt beinahe idyllisch aus, doch was passiert, wenn man bemerkt, dass d...